Die Feuerwehr Bremen setzt einen Notruf ab: Angesichts steigender Einsatzzahlen im Rettungsdienst werden händeringend Notfallsanitäter gesucht. Von 28 ausgeschriebenen Stellen konnten seit dem Frühjahr gerade einmal zehn besetzt werden. Der Markt ist hart umkämpft: Mit der Feuerwehr konkurrieren auch Rettungsdienste um die Fachkräfte. Deshalb will die Stadt Bremen jetzt neue Wege in der Ausbildung von Notfallsanitätern bei der Feuerwehr gehen.
„Die Situation ist tatsächlich sehr angespannt. Die Feuerwehren wollen nun versuchen, in naher Zukunft schon Schulabgänger für den Beruf zu interessieren und eine Ausbildung zum Notfallsanitäter an einer eigenen Schule durchzuführen“, sagt Innensenator Ulrich Mäurer (SPD). Dafür soll eine Einheit beim Fortbildungsinstitut für den stadtbremischen Rettungsdienst aufgebaut werden. Voraussichtlicher Ausbildungsbeginn ist laut der Sprecherin des Senators, Rose Gerdts-Schiffler, im August 2020.
Die Feuerwehr Bremen hat bereits bei der Besetzung der 28 Stellen einen neuen Weg eingeschlagen: „Erstmals suchen wir direkt Notfallsanitäter im Angestelltenverhältnis, bislang wurden diesen Stellen immer mit Feuerwehrbeamten besetzt“, sagt Michael Richartz, Leiter der Feuerwehr- und Rettungsleitstelle. Diese Kapazitäten reichten aber nicht aus, und die Notfallsanitäter würden schnellstmöglich benötigt.
Allein 2018 seien 150.000 Notrufe bei der Feuerwehr eingegangen, 80 000 Mal rückte laut Richartz der Rettungsdienst aus. „Die Zahlen steigen kontinuierlich, zehn Jahre zuvor waren es noch 49.000 Fahrten im Rettungsdienst.“ Aus diesem Grund sollte längst ein zweiter Rettungswagen in der Feuerwache 2 an der Bennigsenstraße im Einsatz sein, weil dort der Bedarf besonders groß sei. Dafür fehle aber das notwendige Personal. Die Folge: „Die Einsätze stehen trotzdem an, und sie können auch bedient werden. Allerdings geht das zulasten der Besatzung, die Überstunden leisten muss“, betont Richartz.
Auch Nachwuchs für den Löschdienst gesucht
Mäurer setzt auf weitere Anreize für künftige Bewerber: „Nach fünf Jahren als Notfallsanitäter im öffentlichen Dienst könnten sie bei entsprechender Eignung die verkürzte Ausbildung zum Feuerwehrmann oder zur Feuerwehrfrau beginnen“, sagt der Innensenator. Womöglich könnte mit diesem Weg eine weitere Lücke geschlossen werden. Denn: Die Feuerwehr sucht auch Nachwuchs für den Löschdienst.
Laut Leitstellenleiter Richartz sollen im Frühjahr 15 Feuerwehrleute eingestellt werden. „Die Leute rennen uns aber nicht mehr die Bude ein.“ Schichtdienst, gefährliche Einsätze, eine hohe Schlagzahl an Einsätzen gerade im städtischen Bereich und besondere Bewerbungsvoraussetzungen wie ein Sporttest machten den Job für viele nicht gerade attraktiv: „Bei dem Eignungstest können wir die Latte aber nicht senken, es geht um Sicherheit“, so Richartz.
Der Bedarf an Notfallsanitätern ist nicht nur bei der Feuerwehr hoch: Auch Rettungsdienste wie das Deutsche Rote Kreuz (DRK) sind auf der Suche. „46 Prozent des Bremer Rettungsdienstes werden von uns gefahren – bei steigenden Einsatzzahlen“, sagt Lübbo Roewer, Sprecher des DRK-Kreisverbands. 2018 seien dies 30.335 Einsätze gewesen. Das DRK in Bremen betreibt laut Roewer sechs Rettungswachen mit 15 Fahrzeugen. Im vergangenen Jahr legten die Rettungswagen insgesamt 323.826 Kilometer zurück. „Aktuell können sieben von 130 Planstellen nicht besetzt werden. Das hört sich nicht nach viel an. Für den Alltag bedeutet es: Unter Umständen können Wagen nicht rund um die Uhr besetzt werden, wenn Leute fehlen.“
Eine große Herausforderung sei zudem die Umstellung des Berufsbildes auf Notfallsanitäter vor einigen Jahren. Die neue Ausbildung dauere drei Jahre, danach steige der Nachwuchs in den praktischen Rettungsdienst ein. Roewer: „Zuvor waren es zwei Jahre, wobei das letzte Jahr bereits ein praktisches Jahr war. Das geht uns jetzt im Alltag verloren und verschärft die Situation.“ Das DRK setze verstärkt auf Werbung und auf attraktive Arbeitsbedingungen vor Ort. „Beim DRK gibt es viele andere Bereiche, in die man vom Rettungsdienst wechseln kann, wenn dieser nicht mehr passt", so Roewer. Grundsätzlich sei der Beruf auch von Fluktuation geprägt: Wer etwa Medizin studieren und nebenbei als ausgebildete Fachkraft im Rettungsdienst weiter arbeiten wolle, gehe in eine entsprechende Universitätsstadt. „Das kommt recht häufig vor und macht die Lage angesichts des bundesweiten Bewerbermangels nicht einfacher“, sagt der DRK-Sprecher.