Die verstärkte Polizeipräsenz am Bremer Hauptbahnhof ist inzwischen offenbar weithin spürbar – selbst in Horn-Lehe. Berichten aus dem Stadtteil zufolge steigt dort die Zahl der Obdachlosen erkennbar an. Immer häufiger nächtigten hier Menschen ohne feste Bleibe, berichtet Catharina Hanke (SPD), Sprecherin des Fachausschusses Zukunft und Stadtentwicklung. Im Automatenraum der Sparkasse etwa, der auf Anregung aus dem Beirat nachts extra nicht mehr verschlossen werde. Auch das Gelände der Horner Kirche diene vermehrt als Schlafstätte für Obdachlose, erzählt Hanke. Heikel sei daran, dass es unter ihnen einige mit offensichtlichen psychischen Problemen gebe. Nächtliche Ruhestörung und Pöbeleien seien mitunter die Folge.
„Das Problem ist, dass sich offenbar niemand wirklich für diese Menschen zuständig fühlt“, sagt Hanke. In den herkömmlichen Unterkünften für Obdachlose hätten sie aufgrund ihres Verhaltens oftmals nämlich Hausverbot. „Dabei kann man es ja aber nicht bewenden lassen“, sagt sie. „Wo sollen diese Menschen denn im Winter hin?“ Es brauche daher dringend eine Unterkunft mit entsprechend qualifiziertem Personal, betont Hanke.
Das findet auch Heike Wegener. Die Pastorin der Evangelischen Kirchengemeinde Horn sieht in Bremen gravierende Versorgungslücken für Obdachlose mit psychischen Erkrankungen. Es sei daher dringend geboten, gemeinsam mit der Behörde konstruktiv nach Lösungen zu suchen, sagt sie.
Genau das plant man jetzt im Ortsamt Horn-Lehe – und zwar angesichts des nahenden Winters möglichst bald. Nachdem auch hier Hinweise zu auffällig agierenden Obdachlosen aus dem Stadtteil eingegangen seien, habe sie zunächst an diversen Stellen angefragt, wer in diesen Fällen zuständig sei, berichtet Ortsamtsmitarbeiterin Jessica Jagusch. Am Ende habe die Erkenntnis gestanden, dass es im Bremer Nordosten offenbar keinen konkreten Ansprechpartner gebe. „In Tenever beispielsweise gibt es ein Quartiersmanagement, an das man sich in solchen Fällen wenden kann“, sagt sie. „So etwas fehlt uns in Horn-Lehe.“
Jagusch und Hanke haben deshalb jetzt einen Runden Tisch zum Thema geplant, zu dem auch Behördenvertreter eingeladen werden sollen. „So wie es aussieht, bekommen wir noch im Oktober einen Termin hin“, erzählt Hanke. Auch im Beirat wolle sie das Thema so bald wie möglich ansprechen.
Harald Schröder begrüßt die Initiative, in Horn-Lehe einen Runden Tisch zu gründen. Der Diakon ist aufsuchender Seelsorger beim Verein für Innere Mission. Sein Schwerpunkt ist das Bahnhofsquartier. Ein Zusammenhang mit den dort verschärften Kontrollen und den zunehmenden Zahlen von Obdachlosen in anderen Stadtteilen liegt für ihn auf der Hand. „Diese Beobachtungen machen wir nicht nur in Horn-Lehe“, sagt Schröder. Und wen wundere das - „irgendwo müssen sie ja hin.“
Problem im Sozialressort erkannt
Wie sich auf Nachfrage des STADTTEIL-KURIERS herausgestellt hat, ist das Problem mangelnder Unterkünfte für psychisch kranke Obdachlose inzwischen im Sozialressort erkannt worden. Laut Schröders Vorgesetzten Bertold Reetz könnte sich diesbezüglich schon bald etwas tun. „Die Innere Mission plant gemeinsam mit der Behörde eine Einrichtung mit 29 Plätzen in einem ehemaligen Flüchtlingsheim“, erzählt er. Für Reetz wäre das ein Meilenstein. „Darauf habe ich 30 Jahre lang hingearbeitet“, sagt er.
Im Sozialressort nachgefragt, bestätigt Sprecher Bernd Schneider, dass es aktuell schwierig sei, für psychisch kranke Obdachlose eine Unterkunft in Bremen zu finden. Die nun geplante Einrichtung werde daher voraussichtlich noch in diesem Jahr ihren Betrieb aufnehmen. Wo genau sie ihren Standort haben wird, will Schneider allerdings noch nicht verraten. Nur so viel: „Sie wird nicht in Horn liegen.“
Bezüglich der unlängst angedachten Räumung des Areals rund um den Güterbahnhof würde Bertold Reetz ebenfalls gerne mit der Behörde kooperieren. „Wir haben dem Innensenator vorgeschlagen, die Obdachlosen, die dort wohnen, zu dulden“, sagt er. „Wir würden dann mit Streetworkern vor Ort aktiv werden und gemeinsam mit den Bewohnern eine Platzordnung festlegen“, lautet sein Vorschlag. Der Platz sei für die Obdachlosen alternativlos, betont Reetz.