Ostertor. Lesben und Schwule werden heute noch im Alltag diskriminiert und müssen nicht selten berufliche Nachteile befürchten, wenn sie sich zu erkennen geben. Auf offene Türen und Ohren stoßen sie im "Rat&Tat"-Zentrum an der Theodor-Körner-Straße 1. Die wichtige Anlauf- und Beratungsstelle besteht seit 30 Jahren.
"Wir kämpfen gegen die Diskriminierung, für Toleranz und Akzeptanz", sagt Reiner Neumann vom Vorstand des Trägervereins. "Es gibt auch heute immer noch relativ starke Berührungsängste. Schwul ist nach wie vor das meistgebrauchte Schimpfwort auf Schulhöfen." Deshalb hält er die Schulbesuche der Berater zu den Themenblöcken HIV und Aids oder schwul-lesbische Lebensweisen für eine wichtige Aufgabe.
Der Schwerpunkt der Arbeit des "Rat&Tat"-Zentrums liege weiter darauf, Schwule und Lesben zu unterstützen, sagt Neumann. Zum Beispiel durch ein umfangreiches, professionelles Beratungsangebot zu allen Lebenslagen und Lebensbereichen. "Auch das ,Coming Out’-Problem gibt es nach wie vor", sagt Neumann. Es gehört meist viel Mut dazu, sich offen zur gleichgechlechtlichen Liebe zu bekennen.
Die kompetente Beratung stellen drei hauptamtliche Vollzeitkräfte sicher. Außerdem bietet das "Rat&Tat"-Zentrum Raum für Selbsthilfegruppen.
Rund 200 Männer und Frauen engagieren sich pro Jahr ehrenamtlich bei "Rat & Tat". Dessen Café Kweer sei eine Errungenschaft, sagt der Vorsitzende des Trägervereins. Es sei von Anfang ein offener, zwangloser Treff für alle gewesen. "Bei uns muss man nicht klingeln, um hereingelassen zu werden."
Die absolute Gleichstellung von Lesben und Schwulen mit Heterosexuellen ist das Ziel des Vereins. "Im Prinzip, uns irgendwann überflüssig zu machen", sagt Reiner Neumann. Dies wird nach seiner Einschätzung in absehbarer Zukunft nicht eintreten, weil sich die gesetzlichen Grundlagen ändern müssten. Die eingetragene Lebenspartnerschaft gebe es inzwischen zwar, aber noch bestünden rechtliche Unterschiede zur Ehe, zum Beispiel im Steuerrecht, die aufgehoben werden müssen.
Entstanden ist das "Rat&Tat"-Zentrum in den 1970er-Jahren. Neumann ist seit 1995 Vorstandsmitglied des Trägervereins. Es habe seinerzeit zwei aktive Gruppen von schwulen Männern in Bremen gegeben, erinnert er sich: die Homosexuelle Initiative Bremen (HIB) und die Schwule Aktion Bremen (Schwab). Der"Homolulu"-Kongress in Frankfurt sei ihr Anstoß gewesen, ein Konzept für das Zentrum für Schwule und Lesben zu entwickeln.
"Bremen ist ein gutes Pflaster, was die Umsetzung durch die Politik angeht", findet Neumann. 2001 habe Bremen als erstes Bundesland ein Gesetz gegen Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Liebe erlassen. Und der Senat sichere der "Rat&Tat"-Beratungsstelle die Fehlbedarfsförderung zu. Das deckt laut Neumann etwa drei Viertel der Kosten. "Das restliche Viertel erwirtschaften wir durch Spenden und Partys."
Unter dem Motto "Bremen total" feiert das "Rat&Tat"-Zentrum seinen 30. Geburtstag am Sonnabend, 11. August, ab 22 Uhr am Café Sand. Der Eintritt kostet zehn Euro. Für acht Euro plus 1,40 Euro Gebühr gibt es Karten im Vorverkauf online unter www.ratundtat-bremen.de.