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Bandgeschichten: Muddy-Betreiber Heiko Grebesich bietet lokalen Bands eine Konzertbühne "Ohne Idealismus geht es nicht"

Muddy-Wirt Heiko Grebesich organisiert in seiner Kneipe am Vegesacker Bahnhof etwa zwölf Konzerte pro Jahr. Dabei bietet er lokalen Bands ein Bühnenforum, holt aber auch immer wieder bekannte und renommierte Künstler in sein Haus. Aus kommerzieller Sicht ist er natürlich auf gut gefüllte Veranstaltungen angewiesen; noch mehr handelt er jedoch aus Idealismus.
04.06.2012, 05:00 Uhr
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Von Christian Pfeiff

Muddy-Wirt Heiko Grebesich organisiert in seiner Kneipe am Vegesacker Bahnhof etwa zwölf Konzerte pro Jahr. Dabei bietet er lokalen Bands ein Bühnenforum, holt aber auch immer wieder bekannte und renommierte Künstler in sein Haus. Aus kommerzieller Sicht ist er natürlich auf gut gefüllte Veranstaltungen angewiesen; noch mehr handelt er jedoch aus Idealismus.

Bremen-Nord. Ob in Kirchen, Kulturhäusern oder Kneipen: Eine Vielzahl von Konzertveranstaltungen nahezu aller erdenklicher Musikrichtungen prägen das kulturelle Erscheinungsbild des Bremer Nordens. Während staatlich geförderte Einrichtungen die Kosten bei geringer Besucherresonanz zumindest teilweise abfedern können, sind Konzertveranstaltungen in Lokalitäten wie dem Fährhaus, dem Pinökel, dem Schwaneweder Bistro Journal, dem Eventbunker C178 oder dem Muddy, die sich überwiegend dem Rock- und Popsektor verschrieben haben, im Regelfall auf finanzielle Rentabilität angewiesen.

Dennoch steht der kommerzielle Gedanke bei lokalen Veranstaltern zumeist im Hintergrund, wie Muddy-Betreiber Heiko Grebesich im Interview versichert: "Viele Konzerte führt man einfach aus dem simplen Grund durch, dass es einem selbst Spaß bereitet." Er verortet seine Position als nordbremer Konzertveranstalter im Spannungsfeld zwischen eigenem Idealismus, der Erfüllung von Publikumswünschen und dem Anspruch, Vertretern der lokalen Musikszene ein Bühnenforum zu gewähren.

Der Konzertbetrieb vor Ort gehört für Grebesich einfach dazu, auch wenn der Umfang in den vergangenen Jahren deutlich reduziert worden sei: "Ich habe 1994 angefangen, im Muddy zu arbeiten; damals noch als Aushilfe unter meiner Vorgängerin Martina Eicken. Zu der Zeit gab es noch wöchentlich Konzertveranstaltungen, die beständig gute Besucherzahlen aufweisen konnten. Schließlich gab es in der Region noch kaum vergleichbare Einrichtungen; weder die Worpsweder Music Hall noch das Bremer Meisenfrei, dafür aber eine sehr starke lokale Musikszene", wirft Grebesich einen Blick zurück.

Der Konzertbetrieb vor Ort ist bereits 1997 erstmals zurückgefahren worden: "Nachdem das Publikum für Rockkonzerte infolge einer gewachsenen Mitbewerberanzahl und neuer musikalischer Trends wie beispielsweise Techno deutlich unsteter wurde, haben wir die Konzertveranstaltungen auf einen 14-tägigen bis monatlichen Rhythmus reduziert."

Dies hinderte Grebesich jedoch nicht daran, das Muddy im Jahre 2002 als Betreiber zu übernehmen, nachdem er zwei Jahre zuvor bereits das "Band-Booking", also das Engagieren der Bands, übernommen hatte. Zu dieser Zeit wurden alle Bahnhofsrämlichkeiten, die zuvor Eigentum der Deutschen Bahn AG gewesen waren, privatisiert. Diese Situation konfrontierte den frischgebackenen Gastwirt in der Kneipe am Bahnhof Vegesack mit neuen Auflagen: "Die Privatisierung machte vor der Neueröffnung zahlreiche Investitionen notwendig, beispielsweise in Lärmschutzmaßnahmen."

Die Konzertveranstaltungen haben sich mittlerweile auf etwa ein Dutzend pro Jahr reduziert, was zugleich eine engmaschigere Künstlerauswahl bedeutet: "Es gibt natürlich die jährlichen Konzerte lokaler Künstler mit Traditionscharakter, beispielsweise mit den ‚Rustlers‘ oder den ‚Bangbags‘, die einfach dazugehören. Für mich selbst sind es Höhepunkte, wenn renommierte Musiker wie John Hayes oder Hannes Bauer in meinem Laden spielen. Da bleiben pro Jahr vielleicht vier bis fünf variable Konzertplätze, die ich unter mehr als 150 Bandbewerbungen aufteilen muss."

Auch wenn persönlicher Idealismus eine treibende Kraft der lokalen Konzertveranstalter darstellt, ist der Faktor Geld nicht von der Hand zu weisen: Wenige Konzertbesucher bedeuten ein Minus in der Betriebskasse. Dies läge indes selten an den Gagenforderungen der Künstler, von denen viele "auf Eintritt" spielten, so Grebesich, sondern vielmehr an Gebührenforderungen von Verbänden und Institutionen wie dem Finanzamt, der Künstlersozialkasse und nicht zuletzt der Gema.

Deren viel diskutierter Tarifreform, die im kommenden Jahr in Kraft treten soll (wir berichteten), sieht Grebesich hingegen zunächst gelassen entgegen: "Ich lasse das erst mal auf mich zukommen. Ich glaube nicht, dass diese Reform das Aus für lokale Konzertveranstaltungen bedeutet. Wenn die Gebühren sich im Vergleich zum aktuellen Status Quo noch einmal drastisch erhöhen sollten, kann es natürlich sein, dass das eine oder andere Konzert in Zukunft vielleicht nicht mehr stattfinden kann."

Konzertbetrieb geht weiter

Der Markt ist übersättigt, die Gebührenforderungen steigen – Livemusik im Rock- und Popsektor ist auf lokaler Ebene weitaus weniger einträglich, als noch vor fünfzehn Jahren. Das führte in Bremen-Nord dazu, dass zumindest die Zahl der kommerziellen Veranstaltungen sank. Das wiederum wirkte sich nicht eben förderlich auf die Größe der lokalen Bandszene aus.

An eine komplette Einstellung des Konzertbetriebs denkt Grebesich dennoch nicht: "Dafür macht es zu viel Spaß." Zudem entpuppten sich die meisten Musiker als überaus freundliche und umgängliche Zeitgenossen: "In den zehn Jahren, in denen ich den Laden hier betreibe, habe ich erst eine allürenbehaftete Band erlebt."

Momentan herrscht im Muddy Konzertpause, ab September soll wieder Livemusik ertönen. Das Programm finden Interessierte auf der Internetseite www.muddy.de. Telefonisch erreichbar ist die Gaststätte unter 0421/667646.

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