Eine Umfrage der Handelskammer unter Mitgliedsbetrieben gibt der aktuellen Debatte über den Umgang mit dem ruhenden Verkehr neue Nahrung. Wie berichtet, haben Innen- und Verkehrsbehörde Rechtsmittel gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts eingelegt, das von der Stadtgemeinde ein Einschreiten gegen das aufgesetzte Parken auf Gehwegen fordert. Das Oberverwaltungsgericht wird nun eine Entscheidung zu treffen haben. Bis dahin kann es in den Straßen, in denen die Verkehrsbehörde zwischenzeitlich nichts Gegenteiliges anordnet, beim aufgesetzten Parken bleiben.
Die Handelskammer hatte im Oktober vergangenen Jahres 75 Betriebe aus Handel, Gastgewerbe, Handwerk und Dienstleistungssektor befragt, die in Wohnquartieren ansässig sind. Dabei ging es um die mögliche Betroffenheit der Unternehmen durch Einschränkungen der Parkmöglichkeiten in ihrem Umfeld. An entsprechenden Plänen wird in der Verkehrsbehörde schon länger gearbeitet.
Ein Maßnahmenkatalog zum „Ordnen des Parkens“ sieht unter anderem vor, dass das Abstellen von Kfz gerade in den innenstadtnahen Stadtteilen tendenziell nur noch auf entsprechend gekennzeichneten Flächen gestattet sein soll. Auch das sogenannte Bewohnerparken, für das Berechtigungsausweise erworben werden müssen, soll ausgebaut werden. In der Folge würden Tausende derzeit noch geduldete, aber straßenverkehrsrechtlich illegale Abstellmöglichkeiten wegfallen.
Die von der Handwerkskammer befragten Betriebe sehen das recht kritisch. "Frequenzverluste durch ausbleibende Kundschaft, die auf die Anfahrt mit dem Pkw angewiesen ist, sowie der mittelfristige Verlust von Mitarbeitenden sind die Hauptsorgen der Betriebe", vermeldete die Handelskammer am Mittwoch. Man unterstütze deshalb die Entscheidung von Innen- und Verkehrsbehörde, eine obergerichtliche Klärung des aufgesetzten Parkens herbeizuführen. "Wir halten es für richtig, hier mit Augenmaß vorzugehen", so Hauptgeschäftsführer Matthias Fonger.
Die Initiative "Mobilitätsfrieden", die sich gegen die Beseitigung von immer mehr Parkraum wendet, setzt unterdessen ihre PR-Offensive fort. Klaus Kellner ist einer der Aktivisten. Er hat 10.000 Flyer drucken lassen, von denen ein Teil bereits im Viertel verteilt worden ist. Der Rest soll in Kürze in Findorff, Walle und in der Neustadt hinter die Scheibenwischer geparkter Fahrzeuge geklemmt werden. In ihrer Info-Kampagne wendet sich die Initiative gegen das, was sie als "Parkplatz-Klau" empfindet. Für viele Menschen sei Pkw-Besitz "kein überflüssiger Luxus, sondern aus diversen Gründen eine teure und erforderliche Investition". Bezahlbare Alternativen zum Parken am Straßenrand wie etwa Quartiersstellplätze und -garagen gebe es bisher kaum. "Statt Autobesitzer zu kriminalisieren und kalt enteignen zu wollen", so Klaus Kellner, müsse ein Konzept entwickelt werden, "das den Mobilitätsfrieden für Autofahrer, Fußgänger und Radfahrer sozial ausgewogen herstellt".