Mit gedämpften Erwartungen blickt Claudia Bollmann auf den zweiten Kita-Gipfel am 7. und 8. März. Seit dem ersten Kita-Gipfel vor einem Jahr sei der Zustand in den Kitas „eher schlimmer als besser“ geworden, sagt die 35-Jährige. Ihre Erfahrung als Mutter zweier Kita-Kinder, eines fünfjährigen Sohnes und einer zweijährigen Tochter: "Der Notdienst ist komplett Alltag geworden." Dem Programm des Kita-Gipfels mangelt es aus ihrer Sicht am „großen Wumms“. Es komme auf Soforthilfe an, nicht nur auf mittel- oder langfristige Perspektiven, so die Sprecherin der Elterninitiative „Kitastrophe“.
Zum Abschluss des Auftaktgipfels im Februar 2023 hatten Bildungssenatorin Sascha Aulepp (SPD) und der Bremer DGB-Chef Ernesto Harder das Ziel ausgegeben, 450 Millionen Euro in den Bau neuer Kitas zu investieren. „Wir brauchen jetzt zusätzliche 5000 Kita-Plätze in der Stadtgemeinde Bremen, die sehr schnell geschaffen werden müssen“, hieß es vor Jahresfrist in der Abschlusserklärung. Ein Kita-Pakt aller Akteure und demokratischen Parteien sollte die Dringlichkeit unterstreichen. Vorgesehen war ein zweiter Kita-Gipfel im Herbst 2023.
Nun findet die Neuauflage mit einiger Zeitverzögerung statt – und auch ohne den Partner von damals. „Wir nehmen am diesjährigen Kitagipfel zwar teil und rufen auch unsere ehrenamtlichen Mitglieder in den Kitas und Betrieben dazu auf“, sagt Harder. "Jedoch haben wir beim ersten Kita-Gipfel einen Kita-Pakt gefordert, für den wir in der aktuellen Haushaltsdebatte keine Grundlage sehen.“ Daher habe sich der DGB entschlossen, nicht erneut als Veranstalter aufzutreten.
Stattdessen fungiert nur noch die Uni Bremen als Kooperationspartner. Zum ausgebliebenen Kita-Pakt sagt Patricia Brandt, Sprecherin der Bildungsbehörde, ein übergreifender Konsens sei noch nicht gefunden, weder in Bremen noch sonst wo in Deutschland. Deshalb sei es notwendig, den begonnenen Diskurs über den weiteren Weg wie verabredet fortzusetzen. Seit dem ersten Kita-Gipfel seien 700 Kinder zusätzlich in Betreuung gekommen. Weitere 3000 Plätze seien beschlossen und würden „so schnell wie möglich umgesetzt“.
Bildungsbehörde war Uni als Ort für Kita-Gipfel wichtig
Die Verzögerung begründet die Bildungsbehörde mit „erheblichen Vorbereitungen“. Gründlichkeit und Ergebnisorientierung gehe vor Schnelligkeit. Wichtig sei der Behörde auch die Uni als Veranstaltungsort gewesen. Um die nötigen Räume für das zweitägige Programm zu bekommen, habe man in die vorlesungs- und prüfungsfreie Zeit ab Ende Februar ausweichen müssen.
Am zweiten Kita-Gipfel beteiligen sich laut Bildungsbehörde Eltern, Träger, Wissenschaftler, Verwaltungsmitarbeiter, Vertreter von Gewerkschaften und Politik sowie Akteure der frühen Bildung. Die gemeinsame Fragestellung in diversen Fachvorträgen und Workshops: „Welche Wege führen aus der aktuellen Lage? Welche Perspektiven können und sollen entwickelt werden?“
Für frühkindliche Bildung gebe es kein Patentrezept, teilt die Bildungsbehörde mit. „Um das zu schaffen, braucht es kreative Lösungen, die die unterschiedlichen Interessen berücksichtigen.“ Konkret soll es um die Gewinnung von Fachkräften, den Ausbau von Kindertagesstätten und Elternmitbestimmung gehen. Ein Workshop befasst sich mit der Digitalisierung in den Kitas, ein weiterer mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf aus der Perspektive von Beschäftigten und Unternehmen.
Als wichtiges Thema des Kita-Gipfels nennt die Bildungsbehörde die Qualitätsentwicklung unter schwierigen Rahmenbedingungen. Dazu wird der Fachkräfteverband Saar sein Modell „B & B“ (Bildungszeit und Betreuungszeit) vorstellen. Dieses Programm sieht vor, Fachkräfte dadurch zu entlasten, dass sie nur noch in den Kernzeiten eingesetzt werden. In den Randzeiten sollen nicht ausgebildete Kräfte die Betreuung übernehmen. Senatorin Aulepp kann sich dieses Modell nach eigener Angabe auch für Bremen vorstellen.
Auf die Ergebnisse sei man gespannt, so Elternvertreterin Bollmann, deren Initiative ebenfalls zugegen sein wird. "Wir haben erreicht, dass wir einen Input im Rahmen der Elternworkshops geben können.“ Allerdings rechnet sie nicht mit handfesten Resultaten.
Was der Mutter besonders missfällt: Sie hat den Eindruck, dass die prekäre Situation viel zu oft aus einem sehr akademischen Blickwinkel betrachtet wird. „Dabei geht es nicht immer nur um Zahlen und Ausbildungsgänge. Es geht um kleine Menschen, denen man nicht gerecht wird.“
Am ersten Kita-Gipfel hatten rund 500 Personen teilgenommen. Auch jetzt ruft die Bildungssenatorin wieder alle Akteure auf, sich an der Veranstaltung zu beteiligen. „Ich wünsche mir, dass sich möglichst viele Eltern, Kita-Beschäftigte und Träger zum Kita-Gipfel anmelden“, sagt Aulepp.
Den Anmeldungsverlauf beurteilt die Bildungsbehörde positiv. Aktuell gebe es schon weit über 200 Anmeldungen, mehr als zum gleichen Zeitpunkt beim ersten Kita-Gipfel. „Wir rechnen mit mindestens gleich großer Resonanz“, sagt Ressortsprecherin Brandt. Als ungünstig beurteilt „Kitastrophen“-Sprecherin Bollmann indessen, dass die Veranstaltung am Donnerstag und Freitag stattfindet, dafür habe sie als Berufstätige sich Urlaub nehmen müssen. Dennoch appelliert sie an die Eltern, am Kita-Gipfel teilzunehmen. „Viele Eltern meckern immer nur und haben dann doch keine Zeit.“