Ab Mitte Januar wird aus dem ehemaligen Kinderimpfzentrum am Brill eine Kinderambulanz. Der Senat hat am Dienstag den Plänen der Gesundheitsbehörde zugestimmt. Saisonale Erkrankungen wie Grippe und das RS-Virus sorgten auch in Bremen für überfüllte Kinderarztpraxen. "Wir erleben aktuell eine absolute Ausnahmesituation in der medizinischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen. Deswegen ist es angebracht, dass wir im Sinne des Bevölkerungsschutzes kurzfristig einspringen", sagt Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke). Klar sei aber auch, dass dies nur eine vorübergehende Unterstützung sein könne.
Wer kann sich an die neue Kinderambulanz wenden?
Nach derzeitigem Stand sollen die Ambulanz für bis 17-jährige Patientinnen und Patienten mit saisonalen Erkrankungen und Erkrankungen, die durch eine hausärztliche Basisversorgung adäquat behandelt werden könnten, zur Verfügung stehen. Als Beispiele werden genannt: akute Atemwegsinfekte, unklare Hautausschläge im Sinne von "Kinderkrankheiten" wie Windpocken, Masern oder die Hand-Fuß-Mund-Krankheit.
Können Eltern mit ihren kranken Kindern direkt in die Ambulanz gehen?
"Sofern Patientinnen und Patienten in ihrer eigenen Kinderarztpraxis keinen Termin bekommen oder keine kinderärztliche Versorgung besteht, können sie während der Öffnungszeiten wochentags zwischen 9 und 16 Uhr mit dem medizinischen Callcenter Kontakt aufnehmen. Dort findet eine telefonische ärztliche Beratung im Sinne einer ersten Anlauf- und Beratungsinstanz statt", teilt die Gesundheitsbehörde zum Ablauf mit. Die Telefonnummer des Callcenters soll im Januar bekannt gegeben werden. "Sollte sich im Gespräch die Notwendigkeit einer direkten Patientenvorstellung ergeben, so wird ein Termin am Brill vereinbart", heißt es. Je nach Gesprächsverlauf erfolge demnach nur eine Beratung, die Ausstellung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ("Kindkrank") oder eine Zuweisung an die Ambulanz am Brill sowie Sonderzuweisungen an eine stationäre Versorgung oder weitere Praxen.
Dem Konzept zufolge soll das Personal in der Ambulanz vom Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) sowie der Johanniter-Unfall-Hilfe gestellt werden. Dies seien unter anderem Ärztinnen und Ärzte, die bereits im Kinderimpfzentrum gegen Covid-19 geimpft haben, medizinische Fachangestellte sowie Verwaltungspersonal, so Behördensprecher Lukas Fuhrmann gegenüber dem WESER-KURIER.
Wie ist die aktuelle Lage in den Kinderarztpraxen in Bremen?
Anfang Dezember hatte die Behörde von Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) als Reaktion auf einen Brandbrief der Kinder- und Jugendärzte in Bremen zu einer Krisensitzung eingeladen. Gemeinsam mit Vertretern von Krankenkassen und KV wurde bei dem Treffen besprochen, wie eine Entlastung der Kinder- und Jugendärzte aussehen könnte. Ergebnis war die notfallmäßige Einrichtung einer zusätzlichen Kinderarztpraxis. "Die Lage ist extrem angespannt. Die Kinderärzte haben bei dem Treffen berichtet, dass sie am Tag bis zu 140 Patientenkontakte haben", betont Fuhrmann. Dazu kämen in allen Praxen krankheitsbedingte Personalausfälle.
Von wem wird die Ambulanz betrieben?
"Als Behörde können wir nicht einfach entscheiden, eine Praxis zu eröffnen", sagt der Sprecher. "Dafür braucht es eine Ermächtigung, die vom Zulassungsausschuss der Kassenärztlichen Vereinigung und der Krankenkassen erteilt werden muss." Der Ausschuss hatte bereits am Montagabend zugestimmt. Antragstellerin für die Ermächtigung war das Gesundheitsamt, das damit laut dem Sprecher Betreiber der temporären Ambulanz ist.
Was kostet die Einrichtung der Kinderambulanz?
Die Gesamtkosten für einen dreimonatigen Betrieb belaufen sich laut Fuhrmann auf etwas weniger als 500.000 Euro. Etwa ein Viertel der Summe könnte nach Angaben des Sprechers von den Krankenkassen kommen. Mit Verweis auf die Notsituation habe die Behörde außerdem wegen Zuschüssen beim Bundesgesundheitsministerium angefragt – mit negativem Ergebnis. Der Senat habe an diesem Dienstag zugesagt, die restliche Finanzierung mitzutragen, so Gesundheitssenatorin Bernhard.