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Kliniken in Bremen Patienten müssen in Notaufnahmen übernachten

Die akute Infektionswelle, Personalausfälle und immer mehr Patienten seit Jahren setzen den in den Bremer Kliniken und Notaufnahmen zu. Wie die aktuelle Lage ist und wie eine neue Kampagne helfen soll.
19.12.2022, 05:00 Uhr
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Patienten müssen in Notaufnahmen übernachten
Von Sabine Doll

Krankenhäuser geraten angesichts der Infektionswellen und des Personalmangels immer stärker unter Druck. "So etwas habe ich noch nicht erlebt", beschreibt Martin Langenbeck, Chefarzt der Zentralen Notaufnahme im Rotes Kreuz Krankenhaus (RKK) in Bremen, die aktuelle Lage. Bundesweit ist die Lage in den Kliniken und den Notaufnahmen angespannt. Die Berliner Charité teilte in der vergangenen Woche mit, dass bis zum Jahresende alle verschiebbaren Operationen abgesagt würden. Auch in Kliniken in Bremen und Niedersachsen müssen Eingriffe verschoben werden.

Bei Säuglingen und Kindern kursiert derzeit das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV). Dazu kommen andere Atemwegserkrankungen, Grippe-Fälle und Corona-Infektionen, die auch bei Pflegekräften und ärztlichem Personal zu Ausfällen führen. "Diese Gemengelage führt auch dazu, dass in Ausnahmesituationen Patienten über Nacht in der Notaufnahme bleiben müssen, weil wegen Personalmangels weniger Betten zur Verfügung stehen", betont der Bremer Arzt. Verlegungen in andere Kliniken seien in der Regel nicht möglich, weil sich dort das gleiche Bild zeige. "Die Stationen und die Notaufnahmen sind voll", so Langenbeck.

Eine "extrem angespannte Lage" meldet auch Bremens Klinikverbund Gesundheit Nord (Geno) für seine vier Häuser. Die personellen Kapazitäten in der Pflege seien ohnehin knapp. Weil viele Beschäftigte krank seien und daher weniger Betten betrieben würden, könnten Patienten aus den Notaufnahmen zeitweise nicht auf den Stationen aufgenommen werden oder müssten lange warten, bis ein Bett frei sei. "Es kommt deshalb vor, dass Patienten die Nacht in einem Bett in der Notaufnahme verbringen müssen", bestätigt auch die Geno-Sprecherin.

Zugleich sei das Patientenaufkommen in den Notaufnahmen in den vergangenen Jahren immer weiter gestiegen. Dies liege nicht nur daran, dass viele Schwerverletzte eingeliefert würden, sondern auch viele Menschen mit leichteren Verletzungen oder Erkrankungen kämen. "Das liegt vermutlich einerseits an den knappen Ressourcen im Bereich der Hausärzte.", so Matiszick. Andererseits seien viele Menschen offenbar nicht ausreichend informiert, wozu Notaufnahmen da seien.

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Das Klinikum Mitte betreibt Bremens größte Notaufnahme: Vom 1. November bis Ende vergangener Woche seien insgesamt 7506 Patienten in die Zentrale Notaufnahme an der St. Jürgen-Straße versorgt worden. 1818 Patienten seien auf Zuweisung durch den Rettungsdienst gekommen, 240 von ihnen seien in Lebensgefahr gewesen. Der größte Anteil entfalle auf Menschen, die in Eigenregie die Notaufnahme aufgesucht hätten.

"Die Lage hat sich über lange Zeit weiter verschärft", betont Matiszick. Diese Entwicklung treffe nun mit der Infektionswelle, Personalausfällen sowie einem generellen Fachkräftemangel zusammen. "Und die Pandemie ist keineswegs vorbei, im Gegenteil." In den Geno-Kliniken würden aktuell etwa 200 Menschen mit Corona versorgt. "Das sind so viele wie noch nie seit Beginn der Pandemie."

An diesem Montag startet die Gesundheitsbehörde mit allen Kliniken im Land Bremen und der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) eine Informationskampagne mit dem Titel "#notaufnahmeinnot – hier werden Leben gerettet". Auf Flyern, einer Internetseite (gesundheit.bremen.de/notaufnahmen) und in sozialen Medien wird in einer Art Ampelsystem beschrieben, wo Menschen in Bremen bei gesundheitlichen Problemen Hilfe finden.

Die Anlaufstellen reichen von der Hausarztpraxis über den Apotheken-Notdienst, den Patientenservice 116 117 der KV, den ärztlichen Bereitschaftsdienst bis hin zum 112-Notruf und den Notaufnahmen. Für jede Anlaufstelle gibt es eine kurze Beschreibung: "Ich brauche schnell Beratung und Unterstützung bei einem gesundheitlichen Problem und bin mir unsicher, an wen ich mich wenden soll", ist etwa zum Patientenservice der KV zu lesen, der an allen sieben Tagen der Woche rund um die Uhr unter der zentralen Rufnummer 116 117 erreichbar ist.

"Anlass für den Wegweiser ist, dass viele Menschen direkt in die Notaufnahmen kommen, obwohl sie dort falsch sind. Das setzt die Kliniken seit vielen Jahren zunehmend unter Druck – auch unabhängig von der aktuellen Situation", sagt Lukas Fuhrmann, Sprecher von Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke). Die Gründe seien unterschiedlich: Manche hätten keinen Hausarzt, andere wüssten nicht um die Anlaufstellen, einige würden gezielt in die Notaufnahmen kommen, um Wartezeiten etwa auf Untersuchungstermine bei Fachärzten zu vermeiden. "Mit der mehrsprachigen Kampagne wollen wir über die Alternativen informieren, verbunden mit der Botschaft: In den Notaufnahmen werden Leben gerettet."

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