Das Bremer Stahlwerk des Arcelor-Mittal-Konzerns arbeitet derzeit nicht profitabel, sondern hat in den vergangenen beiden Jahren ein Defizit eingefahren. Das haben Vertreter der Bürgerschaftsfraktionen am Donnerstag bei einem Gespräch mit der Werksleitung erfahren. Der Impuls zu dem Austausch über die Zukunft des Werks war von Unternehmensseite ausgegangen, nachdem Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) die Konzernseite zuletzt heftig attackiert hatte. Wie berichtet, hatte Bovenschulte angekündigt, "die Stahlbosse nicht aus der Verantwortung" entlassen zu wollen. Hintergrund war die Ankündigung der Arcelor-Spitze, bis auf Weiteres nicht in großem Maßstab in die klimagerechte Umrüstung des Bremer Werks investieren zu wollen.
Was aber heißt bis auf Weiteres? Wann wird es Klarheit darüber geben, wie es mittel- und langfristig mit der Bremer Hütte weitergeht? Klare Festlegungen hätten die Firmenvertreter vermieden, berichteten mehrere Teilnehmer im Gespräch mit dem WESER-KURIER gleichlautend. Tendenziell werde es aber wohl innerhalb der kommenden sechs bis zehn Monate eine Aussage des Konzerns geben, ob zumindest der Bau eines sogenannten Elektrolichtbogenofens auf der Bremer Hütte noch realistisch ist oder nicht. Eine solche Anlage schmilzt Schrott und Eisen zu flüssigem Stahl. Um diese Entscheidung über eine Milliardeninvestition von politischer Seite positiv zu beeinflussen, brauche es eher verlässliche langfristige Rahmenbedingungen (Strompreise, Umgang mit chinesischen Billigimporten) als staatliche Subventionen, wie sie vom Bund und vom Land Bremen zugesagt worden waren. Hier sei vor allem die Europäische Union gefragt.
Bovenschulte warnt vor Verlust industrieller Arbeitsplätze
An der Gesprächsrunde am frühen Donnerstagabend nahmen die Fraktionsvorsitzenden von SPD, CDU und FDP sowie die wirtschaftspolitischen Sprecher von Grünen und Linken in der Bürgerschaft teil. SPD-Fraktionschef Mustafa Güngör sagte im Anschluss, das Unternehmen habe nach seinem Eindruck zur Versachlichung der Debatte beitragen wollen. "Auch aus unserer Sicht ist der Dialog wichtig", so Güngör.
Unterdessen hat der Bürgermeister erneut vor dem Verlust industrieller Arbeitsplätze gewarnt. Auf dem Sommerempfang der Arbeitnehmerkammer erneuerte Bovenschulte seine Forderung nach einem nationalen Stahlgipfel. "Wenn ein Konzern wie Arcelor-Mittal trotz Milliardenförderung den Umbau des Bremer Stahlwerkes auf Eis legt, dann ist das ein Alarmsignal", sagte der Rathauschef. Die Entscheidung des Unternehmens, den Dekarbonisierungspfad in Bremen auszusetzen, sei nicht nur industriepolitisch bedenklich, sondern gefährde auch Stellen und industrielle Kompetenz.