Rund 41 Prozent der vollständig Geimpften mit Wohn- oder Arbeitsort in Bremen haben laut Robert Koch-Institut bislang (Stand 4. Januar) die dritte Spritze gegen das Coronavirus erhalten. Was das Boostern angeht, liegt Bremen im Bundesvergleich am Ende des oberen Drittels – Spitzenreiter ist mit 46,4 Prozent das Saarland, Schlusslicht mit 30,7 Prozent Sachsen. Dass auch nach der Auffrischungsimpfung mittel- und langfristig weitere Impfungen nötig sein werden, ist angesichts von Omikron und möglicher weiterer Varianten wahrscheinlich. In Israel bekommen seit einigen Tagen über 60-Jährige, medizinische Fachkräfte und Immungeschwächte die vierte Dosis.
Gibt es schon Erkenntnisse aus Israel?
Laut ersten Ergebnissen einer Studie aus Tel Aviv erhöht die vierte Impfung die Zahl der Antikörper gegen die neue Variante Omikron innerhalb von einer Woche um das Fünffache. Eingesetzt wurde der Biontech-Impfstoff. Laut den Forschern lässt sich durch die gestiegene Antikörperzahl nicht automatisch auf einen höheren Schutz vor Infektion oder Erkrankung schließen. An diesem Dienstag hieß es, mehr als 20.000 Personen hätten die vierte Impfung bekommen, rund 100.000 einen Termin vereinbart.
Wie bereitet sich Deutschland auf eine vierte Impfung vor?
Die Kommunen fordern die Reaktivierungen von regionalen Impfzentren. Eine konkrete nationale Strategie gibt es noch nicht. Die Konferenz der Gesundheitsminister habe über das Thema diskutiert, sagte Lukas Fuhrmann, Sprecher des Bremer Gesundheitsressorts. Nach Einschätzung von Virologen wie Christian Drosten könnte über eine zweite Boosterimpfung hinaus in diesem Jahr womöglich auch noch eine fünfte Immunisierung anstehen – wegen neuer Varianten oder weil der Immunschutz nachlässt. Die Pharmakonzerne Pfizer und Moderna entwickeln an die Omikron-Variante angepasste Impfstoffe.
Wie ist der Stand in Bremen?
„An diesem Mittwoch besprechen wir uns in einer Lagerunde mit der Gesundheitssenatorin“, sagt Christoph Fox, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Bremen (KV). Dabei könnte auch die zweite Boosterimpfung auf der Agenda stehen. Laut Lukas Fuhrmann arbeitet das Gesundheitsressort an einem Jahreskonzept für die Impf-Infrastruktur und die Personalplanung. Für das Zentrum am Brill läuft die Genehmigung vorerst bis Ende Januar. „Die KV Bremen und die überwiegende Mehrheit unserer Mitglieder haben sich immer wieder für ein gemeinsames Vorgehen ausgesprochen“, sagt Fox. Also: ein Nebeneinander von Impfzentren oder -stellen, die von den Ländern beziehungsweise Kommunen betrieben werden, und Arztpraxen. Auch Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) hält für regelmäßige Auffrischungsimpfungen Impfstellen in den Quartieren für „grundsätzlich sinnvoll“. Hans-Michael Mühlenfeld, Vorsitzender des Bremer Hausärzteverbands, verweist auf die Bedeutung seiner Kollegen für die Impfkampagne: „Sie spielen eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, die Sorgen der Menschen ernst zu nehmen und möglicherweise noch Skeptische zu überzeugen.“
Was gilt bei Booster-Impfungen für Jugendliche?
In den USA hat die Arzneimittelbehörde FDA die Booster-Impfung für Zwölf- bis 15-Jährige bereits zugelassen, die Ständige Impfkommission in Deutschland noch nicht. Das Bundesgesundheitsministerium hatte Ende Dezember erklärt, für Fälle von Impfschäden die haftungsrechtliche Verantwortung zu übernehmen. In Bremen soll es nach Angaben des Gesundheitsressorts in den kommenden Tagen eine Registrierungsliste für Booster-Impfungen für Jugendliche geben. Die Drittimpfung bekommen Zwölf- bis 17-Jährige jetzt schon – auf ausdrücklichen Wunsch der Eltern.
Raten Experten zu einer dritten Impfung für Jugendliche?
Es gebe Interesse an einer Auffrischungsimpfung bei unter 18-Jährigen, sagt Stefan Trapp, Vorsitzender des Verbands der Bremer Kinder-und Jugendärzte. „Wir haben jeden Tag Nachfragen per Telefon und E-Mail.“ Bislang ist die Datenlage laut dem Huchtinger Kinderarzt noch dünn – auch, was mögliche Nebenwirkungen angehe. Hingegen wisse man, dass Infektionen bei Jugendlichen eher leicht verliefen und sie nach zwei Impfungen meist einen hohen Antikörperspiegel besäßen. „Insofern halte ich es im Moment für wichtiger, vulnerable Erwachsene zu impfen.“ Sobald ein an Omikron angepassten Impfstoff erhältlich sei, müsse man die Lage neu bewerten.