Für 2023 vermeldet die Polizei 113.717 Einsätze, die Innenbehörde spricht von einem "historischen Höchststand". Anlass für die CDU, dieses Thema – nebst der Halde unbearbeiteter Fälle und der Zahl der Überstunden – in die Bürgerschaft zu bringen. Überschrift der Aktuellen Stunde am Mittwoch: "Der Senat Bovenschulte lässt Bremer Polizei sehenden Auges kollabieren". Der provokante Titel führte zum erwartbaren Schlagabtausch. Die Positionen im Überblick:
Wiebke Winter (CDU): Hinter jeder der 19.922 unbearbeiteten Akten stünden Menschen, die sich ungerecht behandelt fühlten und schnelle Hilfe von der Polizei erwarten. Doch in Bremen könne das dauern, obwohl die Polizei "alles" gebe, wie auch deren 315.000 Überstunden dokumentierten. Dadurch schwinde das Vertrauen in den Rechtsstaat. "Stellen sie endlich mehr Personal ein, machen sie den Beruf attraktiver, mehr Tempo bei der Digitalisierung und sorgen sie durch die Reformierung des Polizeigesetzes für mehr Wertschätzung für die Polizei."
Kevin Lenkeit (SPD): Die rot-grün-rote Koalition setze bei den Einstellungen neuer Polizisten "historische Maßstäbe". Seit 2019 bilde sie Jahr für Jahr mehr neue Polizisten aus als der letzte CDU-Innensenator Thomas Röwekamp in den gesamten vier Jahren seiner Amtszeit (2003 – 2007). Die innenpolitische Bilanz der CDU sei desaströs, stattdessen betreibe sie eine "faktenfreie Skandalisierung". "Schämen sie sich, von einem vorsätzlichen Kollaps zu sprechen, und hören sie mit ihrem Schmierentheater auf."
Jan Timke (Bündnis Deutschland): Bei der aktuellen Entwicklung handele es sich nicht nur um Einflüsse von außen, sondern auch um hausgemachte Probleme. Beispiel Hauptbahnhof: "Da hat der Senat monatelang weggeschaut." Ein Großteil der heutigen Probleme wäre Bremen erspart geblieben, hätte der Innensenator schneller reagiert. Auch die Bearbeitungshalde werde seit Jahren nicht abgebaut. Es dränge sich der Verdacht auf, "dass Kriminalität hier längst nicht mehr bekämpft, sondern nur verwaltet wird".
Michael Labetzke (Grüne): Der Senat habe die Situation im Blick und reagiere, wo nötig. Es geschehe eine Menge und das wisse die Opposition auch, bleibe aber trotzdem auf dem "populistischen Highway". Mit reißerischen Überschriften wie der vor dem Kollaps, in den der Senat bei der Sicherheitspolitik sehenden Auges steuere, mache die CDU den Menschen Angst. "Diese Angst ist der Nährboden für Faschismus." Verantwortungslos und brandgefährlich sei dieses Verhalten.
Marcel Schröder (FDP): "Der Senat hat die Entwicklung nicht in den Griff bekommen, die Bremer Innenstadt ist ein Angstraum." Die Polizei sei am Limit, das habe nicht zuletzt deren jüngste Personalversammlung gezeigt. Die Belastungsanzeigen gingen durch die Decke, es gebe zahlreiche Kündigungen. Und selbstverständlich müsse dies mit klaren Worten angesprochen werden. Nicht deswegen hätten die Menschen Angst, sondern wegen der Sicherheitslage in Bremen.
Klaus-Rainer Rupp (Linke): Probleme wie die Aktenhalde oder die Überstunden würden zurecht angesprochen. Aber die Polizei stehe nicht vor dem Kollaps oder sei handlungsunfähig. Und es stimme auch nicht, dass nichts getan werde. Der Etat der Innenbehörde steige seit Jahren und ebenfalls seit Jahren werde in einem Umfang wie nie zuvor ausgebildet. Statt Katastrophen zu konstruieren und Ängste zu schüren, sollte die Opposition die Ursachen der Probleme genauer analysieren und dann konkrete Vorschläge zu deren Behebung machen.
Innensenator Ulrich Mäurer (SPD): Da wo es notwendig war, wie zum Beispiel am Hauptbahnhof, beim Kampf gegen Drogenkriminalität oder auch bei der Bearbeitung von Kindesmissbrauchsfällen habe man das Personal massiv verstärkt. Mit Erfolg: "Wir hatten noch nie so viele Haftbefehle und Verurteilungen wie in den letzten beiden Jahren." Der Schlüssel zum Erfolg bleibe die Personalentwicklung. Hier aber tue sich kontinuierlich etwas: "Seit Jahren erlebe ich, dass ich am Ende des Jahres mehr Personal habe als am Anfang."
- Sehen Sie auch unser Video: Wie die Bremer Polizei im Viertel gegen Drogen-Dealer vorgeht