Bremen. Die Stadt soll sich unverzüglich ein Vorkaufsrecht für das Findorffer Gestra-Gelände sichern, damit das Grundstück im Sinne einer Bereicherung des Stadtteils entwickelt werden kann: Dies geht aus dem von Vertretern aller drei Regierungsfraktionen unterzeichneten Antrag hervor, der formal bei der Bürgerschaft eingereicht wurde. „Wir rechnen mit einer zügigen Beschlussfassung, weil wir in der Sache politisch alle an einem Strang ziehen“, erklärt dazu Bithja Menzel, Sprecherin für Bau und Stadtentwicklung der Bürgerschaftsfraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Im Frühjahr dieses Jahres hatte der Geräte- und Armaturenhersteller Gestra angekündigt, seinen Produktionsstandort mit rund 400 Beschäftigten aus Findorff nach Bremen-Grohn zu verlegen. „Damit bietet sich die Chance, ein neues Quartier im Herzen von Findorff zu entwickeln“, heißt es in der gemeinsamen Beschlussvorlage der Fraktionen von SPD, Grünen und Linken. Das strategisch günstig gelegene Areal mache es „zu einem attraktiven Standort für unterschiedliche Nutzungen“. Als mögliche Entwicklungsoption stellen sich die Antragsteller ein modernes Wohnviertel mit Wohnungen für unterschiedliche Zielgruppen vor, „das die steigende Nachfrage auch nach preisgebundenem Wohnraum in Bremen bedient“. Darüber hinaus habe das rund zwei Hektar große Grundstück Potenzial für die Ansiedlung von Gewerbe- und Dienstleistungsunternehmen gemäß dem Bremer Leitbild der „Neuen Orte der Produktiven Stadt“, und biete sich als Standort für Schule, Kindertagesbetreuung und eine Quartiersgarage an. Notwendig für eine lebenswerte Gestaltung seien zudem die Schaffung von Grünflächen, öffentlichen Plätzen, zur kulturellen Nutzung sowie eine Verbindung zwischen Hemm- und Münchener Straße.
Im Jahr 1902 hatte der Ingenieur und Erfinder Gustav Friedrich Gerdts sein Unternehmen für die Rationalisierung der Dampf- und Energiewirtschaft gegründet. Das Findorffer Grundstück, auf dem die Firma seit den 1920er-Jahren ansässig ist, gehörte zum früheren Auswandererlager Friedrich Missler/Norddeutscher Lloyd, erbaut 1907 und im Volksmund als „Misslerhallen“ bekannt. Bereits vor 13 Jahren hatte das High-Tech-Unternehmen konkrete Pläne für den Auszug aus dem von Wohnbebauung begrenzten Areal. In Vorbereitung eines neuen Bebauungsplans wurde 2010 ein städtebaulicher Wettbewerb durchgeführt. Nachdem die Umzugspläne in den Technologiepark verworfen wurden, ruhte auch das Planungsverfahren. Die damaligen Pläne für einen „offenen, sozial und funktional gemischten Stadtbaustein” blieben grundsätzlich bestehen, schließt die aktuelle Beschlussvorlage. Sie müssten indes auf veränderte Bedarfe, etwa in den Bereichen Wohnraum, Klimaanpassung und verkehrliche Entlastung der umliegenden Straßen überarbeitet werden.