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Demonstration gegen rechts "Bremen ist stabil, Bremen ist wundervoll"

Die Bremer Demonstration gegen rechts zieht am Sonnabendnachmittag Tausende an. Die Veranstalter sprechen von 50.000 Teilnehmern, die Polizei von 35.000. Die Organisatoren setzen überraschende Schwerpunkte.
08.02.2025, 19:00 Uhr
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Von Ralf Michel

Ganz vorne, direkt vor der Bühne, stehen zwei Jungs, Michel und Eike, elf und zwölf Jahre alt. "Wer schweigt, stimmt zu" steht auf dem Plakat, das sie in die Höhe halten. Damit stehen sie nicht allein. Mehr als 50.000 Menschen sind am Sonnabendnachmittag auf den Bremer Domshof gekommen, um an dem "Protest gegen rechts" teilzunehmen, zu dem rund 15 Initiativen aufgerufen hatten.

Die Zahl 50.000 stammt von den Veranstaltern, die Polizei schätzt die Teilnehmerzahl auf "in der Spitze über 35.000". In jedem Fall aber ist es mächtig voll auf dem Domshof und nebenan auf dem Marktplatz, wohin die Redebeiträge per Lautsprecher live übertragen werden. Eines zumindest steht fest: Mit der Entscheidung, wegen des erwarteten Andrangs vom ursprünglichen geplanten Marktplatz auf den Domshof umzuziehen, lagen die Organisatoren richtig.

Wer sich gegen 14.30 Uhr in Richtung Domshof auf den Weg macht, kann auf den mitgebrachten Plakaten unschwer die eigentlichen Adressaten der Veranstaltung ausmachen: "AfD – zu Risiken und Nebenwirkungen frag Oma", ist da zu lesen, "AfD geht gar nicht" oder auch "Eene Meene Meck, die AfD muss weg."

Wenig überraschend nach den parlamentarischen Ereignissen der vergangenen Wochen, bekommen auch die CDU und vor allem ihr Kanzlerkandidat ihr Fett weg und das nicht zu knapp: "Fritze Merz fischt frische Faschos, frische Faschos fischt Fritze Merz", steht auf einem Plakat, "Herz statt Merz" und "God is watching you, CDU" auf zwei anderen. Oder auch kurz und knapp: "Pfui CDU!"

Gemeinsam gegen Faschismus

Später auf der Bühne wird vergleichsweise wenig von der AfD geredet und gar nicht von der CDU. Was nicht von ungefähr kommt. Die Veranstalter wollten bewusst verbindende Werte und den Zusammenhalt in Bremen in den Mittelpunkt stellen, erklärt eine der Organisatorinnen. Denn den Kampf gegen Faschismus und für Menschenrechte und Demokratie, den könne man nur gemeinsam gewinnen.

Und so wird dann, statt die AfD zu schelten, lieber gemeinsam skandiert, wofür Bremen steht: "für Solidarität, für Menschenrechte, für Demokratie". Was aus 35.000 bis 50.000 Kehlen geschmettert, genau das Zeichen gewesen sein dürfte, das die Veranstalter an diesem Nachmittag setzen wollten.

Einer der Redner der Stadtteilgewerkschaft "Solidarisch in Gröpelingen" brachte es wie folgt auf den Punkt: Es reiche nicht, nur gegen die AfD Stellung zu beziehen. Angesichts von einem Fünftel der Menschen, die in Deutschland von Armut bedroht seien, angesichts einer maroden Infrastruktur, eines zusammenbrechenden Gesundheitssystems, Wohnungsnot und vielen anderen Problemen mehr, sei es notwendig, das politische und wirtschaftliche System grundlegend zu hinterfragen. Die wirkliche Alternative käme von unten und von links. Wem das dann doch ein wenig zu klassenkämpferisch klang, der konnte sich an dieser Stelle an ein weiteres Statement der Organisatoren zu Beginn der Demo erinnern: Man erhebe heute keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Und jeder werde heute sicher auch Beiträge hören, mit denen er nicht so ganz einverstanden wäre.

Auch wenn der ausgerufene Kampf gegen den Faschismus sich wie ein roter Faden durch den Nachmittag zog, so waren die zahlreichen Redebeiträge thematisch doch breit aufgestellt. Gute eineinhalb Stunden lang ging es um finanzielle Kürzungen im Sozial- und Gesundheitsbereich, um fehlenden Wohnraum in Bremen, um das Bildungssystem, fehlende Kindergartenplätze, Inklusion, die Situation queerer Menschen und um Klima- und Umweltschutz.

Die Situation in Bremen

Und es ging ausdrücklich auch um Bremen: "Wir brauchen einen radikalen und kompromisslosen Einsatz für die Menschenrechte", forderte eine Rednerin des Flüchtlingsrates. Und zielte damit ausdrücklich auf die Lebenssituation der Menschen in den Bremer Flüchtlingsunterkünften.

Musikalisch kämpferisch endete die Demonstration gegen 17.30 Uhr mit einem Lied, das schon seit 50 Jahren wie geschaffen für solche Anlässe ist: "Wehrt euch, leistet Widerstand." Das Schlusswort hatten die Veranstalter: "Bremen ist stabil, Bremen ist wundervoll."

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Unterstützung aus dem Senat

Am späten Sonnabendnachmittag meldete sich Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) in einer Pressemitteilung zu Wort. Er dankte den Demonstranten. "Es tut gut, dass sich so viele Menschen für die Zukunft unserer Demokratie starkmachen." Finanzsenator Björn Fecker (Grüne) bezeichnete die Protestaktion als wichtig angesichts sich verschärfender Auseinandersetzungen um das Asylrecht. "Der Rechtsextremismus ist eine reale Gefahr für unsere Demokratie. Wir alle dürfen unser Land nicht denen überlassen, deren politische Agenda die Spaltung unserer Gesellschaft, das Ausgrenzen, Hass und Hetze ist."

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