Die Ohren des fünfjährigen belgischen Schäferhundes Buddy sind gespitzt. Sein dunkelblonder, schimmernder Schwanz wedelt wild, die lange pinkfarbene Zunge ragt weit aus seinem Mund. Mit seiner schwarzen Nase schnüffelt der auf Drogen spezialisierte Spürhund an der Ecke Fehrfeld und Vor dem Steintor im Bremer Viertel zwischen stinkenden Mülltonnen, bunt bemalten Stromkästen und teils in die Jahre gekommenen Fahrrädern. Er sucht an einem Freitagabend nach Stoff, den die Dealer in Verstecken – sogenannte Bunker – ablagern, damit sie selbst nicht zu viel am Mann tragen.
Plötzlich stoppt Buddy, an der Leine von Polizeioberkommissarin Janine B., links neben einem braun bemalten Stromkasten. Stürmisch hält er seine Schnauze an ein rostiges Metallgitter vor einem Kellerfenster, steigt auf den Sims vor der Vergitterung. Er signalisiert durch starkes Wedeln des Schwanzes und wilden Kopfbewegungen, dass dort ein „Bunker“ liegt. „Das ist eine Anzeige“, ruft Frauchen ihrem Hundeführer-Kollegen Dennis G. (Nachnamen sind der Redaktion bekannt) genau sieben Minuten nach Buddys Dienstbeginn zu. „Jawoll, da liegt eine Socke. Das ist ja super, hast du etwas gefunden“, lobt Janine B. Buddy, der als Belohnung ein Gummispielzeug bekommt.

Mit seiner schwarzen Schnauze riecht Buddy, ein belgischer Malinois, an jeder Ecke in den belebten Straßen des Viertels.
Nun kontrolliert Dennis G. mit blauen Einweghandschuhen die Stelle. Er packt vorsichtig die schwarze Socke, eingeklemmt zwischen zwei Metallstreben, aus. Sie ist gefüllt mit sechs Tütchen grünem Marihuana zu je einem Gramm, einer Tüte mit zehn dreieckigen, pinkfarbenen Ecstasy-Tabletten und einer Tüte mit zehn ovalen goldfarbenen Pillen. „Das ist ein guter Fund“, beurteilt der Polizeioberkommissar die Beute. Auch er ist mit seinem Hund Hudson – einem fünfjährigen holländischen Schäferhund – im Einsatz. Und es wird nicht der letzte Erfolg des Polizeihunde-Duos bleiben.
Zwar sind die Drogendelikte laut Bremer Polizeikriminalstatistik insgesamt rückläufig – von 4827 Fällen im Coronajahr 2021 auf 3851 Fälle im Jahr 2022. Dennoch nimmt der Handel zu: 442 Festnahmen im Zuge von Drogenhandel konnte die Polizei 2022 erzielen. Ein signifikanter Anstieg zu 345 Festsetzungen 2021. „Vor allem die Vielfalt der Drogen wird größer“, sagt Dennis G.. Meistens haben die Hunde Marihuana, also weiche Drogen, gefunden. „Nun finden wir viel mehr Ecstasy-Tabletten, Kokain und Speed. Das ist schon auffällig, dass die Drogen immer härter werden.“

An der Leine von Dienstführer Dennis G. sucht Hudson an Geländern und Mauern nach Stoff.
Hechelnd schnüffelt das tierische Polizei-Duo an jeder erdenklichen Ecke im Fehrfeld. Doch so langsam treten erste Ermüdungserscheinungen auf. Denn obwohl die Dunkelheit naht, herrschen an diesem Freitagabend noch 26 Grad Celsius – eine Herausforderung für das tierische Duo. „Es ist schon eine große Anstrengung für die beiden. Die Hunde bekommen bei der Suche einen fiebrigen Zustand, der Bauch wird auch oft rot.“

Hudson, der Hund von Polizeioberkommissar Dennis G., schnüffelt an einer Mülltonne im Fehrfeld nach einem möglichen Versteck.
Dennoch konzentrieren sich Buddy und Hudson an diesem warmen Abend genau auf das, was sie zu tun haben. „Wir haben sie so konditioniert, dass die Hunde wissen, dass sie eine Belohnung bekommen, wenn sie etwas finden“, sagt Janine B.. „Deshalb haben sie auch so viel Lust darauf, sie wollen arbeiten, das merken wir.“ Sechs verschiedene Substanzen kann das Duo erschnüffeln – Marihuana, Kokain, Speed, Ecstasy, Crack und Heroin. Eingesetzt werden Buddy und Hudson auch bei Hausdurchsuchungen und bei großen Einsätzen wie dem Erschnüffeln von Drogen an Schiffscontainern in Bremerhaven.
Nach dem Sonnenuntergang steht für Buddy und Hudson der zweite Teil ihres Dienstes zwischen Fehrfeld und dem Ziegenmarkt an. Auch diesmal sind die Dealer an den Straßenecken präsent, um Drogen zu verkaufen. Jetzt schlägt die Stunde von Hudson, dem schwarz-braun gefleckten Spürhund von Dennis G.. Anders als im ersten Durchgang findet er nun an selber Stelle fast schon im Minutentakt „Bunker“.
Etwa sechs Minuten nach seinem Dienstbeginn in der Nachtschicht wedelt sein Schwanz das erste Mal wild von links nach rechts, als er an einer schwarzen, mit Stickern beklebten Mülltonne schnüffelt. Er stellt sich auf, um am offenstehenden Deckel der Tonne zu riechen. Am Griff der Tonne befindet sich wieder eine schwarze Socke, gefüllt mit genau einem Dutzend Tütchen Gras.

In einer schwarzen Socke verbergen sich mehrere Tüten mit Marihuana.
Zwanzig Meter weiter vorne an der Ecke des Fehrfelds steht eine kleinere Mülltonne, die von Papp- und Plastikschachteln überquillt. Ein gebrauchter Kaffee-to-Go-Becher mit Plastikdeckel ragt leicht aus der rechten Seite der offenen Tonne heraus. Und auch hier schlägt Hudson Alarm. Neun Tüten Marihuana zu je knapp einem Gramm, eine Tüte mit drei goldfarbenen Ecstasy-Pillen und eine Tüte mit zehn in Papier eingewickelten Kokain-Päckchen – in der Drogen- und Partyszene auch bekannt als „Bomben“ – befinden sich im Pappbecher.

Die Beute aus dem ersten Fund: Sechs Tüten Marihuana und zwei Tüten gefüllt mit bunten Ecstasy-Pillen.
In einem Poller klemmt die nächste Tüte – diesmal mit zwei Tütchen Marihuana. „Das hätten wir ohne die Hunde hier niemals gefunden“, sagt Dennis G.. „Aber es ist schon erstaunlich, dass hier jetzt so viel versteckt ist, obwohl wir vorhin genau an der selben Stelle gesucht haben.“
Buddy darf die letzte Runde des Abends bestreiten. Zusammen mit einem Schutzpolizisten laufen Frauchen Janine B. und ihr Hund in Richtung Ziegenmarkt, vorbei an Partyvolk, Obdachlosen und Restaurantbesuchern. Doch nicht nur die Dunkelheit macht die Suche schwieriger, auch die Stimmung im Viertel hat sich verändert. „Was macht dieser Hund?“, fragt ein Dealer in einem Basketball-Oberteil immer wieder aggressiv. „Er macht seinen Job und du hast mich nicht zu stören“, erwidert Janine B. selbstbewusst und bestimmt.
Am Ziegenmarkt angekommen, wabert der Geruch von Marihuana in der Luft, auf den Bänken sitzen einige Männer, die Joints rauchen. „Da darf er nicht ran“, sagt Janine B.: „Die Hunde sind nur auf Gegenstände spezialisiert, Menschen sind tabu.“ Und warum schreitet der Schutzpolizist nicht ein? „Aus Eigenschutz“, antwortet er. Es seien zu viele Personen, die Gefahr einer Eskalation sei zu groß.

"Fein gemacht!": Als Lob nimmt die Polizeioberkommissarin ihren Hund Buddy in die Hand.
Weiter in der Helenenstraße: Durch das öffentliche Pissoir am Eingang des Rotlichtviertels stinkt es dort nach altem Urin. Buddy wirkt im grellen Schein der Neonlichter aufgewühlt, der Gestank ist zu viel für den Schäferhund. „Da kommt auch er an seine Grenzen“, erklärt die Polizeioberkommissarin. Unter dem grauen Betonfuß eines Strommastes findet er allerdings doch noch etwas: Eine Papiertüte, die mit insgesamt sieben Gramm Gras und zehn goldfarbenen Ecstasy-Tabletten gefüllt ist. Der letzte Fund des Abends.
Für die Hunde geht es nun in den wohlverdienten Feierabend, für Dennis G. und Janine B. steht noch das Wiegen der erbeuteten Drogen auf dem Programm, auch ein Bericht muss noch geschrieben werden. Vorsichtig packen die Polizeioberkommissare die illegale Ware auf die Waage: insgesamt 33, teils hoch dosierte Pillen Ecstasy, 39,2 Gramm Marihuana und 3,1 Gramm Kokain. Alles zusammen mit einem Straßenverkaufswert von knapp 1000 Euro. „Ein Erfolg“, resümiert Dennis G. den Einsatz. Auch wenn er genau weiß, dass sich im Viertel noch deutlich mehr Verstecke befinden. „Aber jeden Tag können wir das leider nicht machen“. Auch wenn Buddy und Hudson sicherlich gerne würden.