Die Wirtschaft ist das Kompetenzfeld, das die CDU immer für sich reklamiert hat. Auf ihrem Landesparteitag in der Grohner Constructor University bemühten sich die Bremer Christdemokraten am Mittwochabend, diesen Markenkern aufzupolieren. Sie beschlossen einen Leitantrag mit neun Forderungen an eine zukunftsgerichtete Wirtschaftspolitik für Bremen und Bremerhaven. Auch die eingeladene Prominenz sollte den Anspruch auf ökonomischen Sachverstand unterstreichen: Hildegard Müller, Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie und ehemalige Staatsministerin im Bundeskanzleramt unter Angela Merkel, beschrieb den wirtschaftspolitischen Handlungsbedarf, wie er sich aus ihrer Sicht darstellt.
Müller sah in ihrem Redebeitrag Deutschland "an einem Wendepunkt". Die Automobilindustrie befinde sich in einem Transformationsprozess hin zu Klimanneutralität und Digitalisierung, werde aber durch Standortprobleme ausgebremst. Müller nannte unter anderem hohe Energiekosten, vor allem aber überbordende Bürokratie, national wie auf EU-Ebene. Beispiel: das autonome Fahren. Auf diesem Feld sei die deutsche Autoindustrie "mindestens so gut wie die internationale Konkurrenz". Regulativ bestünden aber für die Zulassung entsprechender Fahrzeuge noch einige Hindernisse, die ausgeräumt werden müssten. "Wir müssen sagen: Wir bringen die Nutzung auf die Straße", forderte die Verbandspräsidentin. Müllers Credo: "Der Staat muss loslassen, muss entbürokratisieren."
Diese Forderung taucht auch im Leitantrag der Landes-CDU auf, der von den 150 Delegierten abgesegnet wurde. Mehr Tempo bei staatlichen Dienstleistungen für Betriebe wird dort angemahnt. "Die Geschwindigkeit der Bearbeitung von Bauanträgen, Flächenanfragen von Unternehmen, Genehmigungen und Visaanträgen entscheidet mit über wirtschaftlichen Erfolg und Zukunftsaussichten", stellen die Christdemokraten fest, sehen auf diesem Feld in Bremen allerdings große Defizite. In Bremen würden auf bestehende gesetzliche Vorgaben des Bundes sogar noch zusätzliche Landesvorschriften draufgesattelt. Weitere Punkte des Leitantrages sind der Ausbau der Energieinfrastruktur, mehr Attraktivität für auswärtige Fachkräfte, ein verbesserter Transfer von Forschungsergebnissen am Wissenschaftsstandort Bremen in praktische industrielle Anwendungen und eine Reserve an vermarktungsreifen Gewerbegrundstücken von mindestens 100 Hektar.
Die Vorsitzende der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Wiebke Winter, ging mit dem Senat scharf ins Gericht. Die Bremer Wirtschaft ächze unter dem "System Bovenschulte", das die Betriebe mit zusätzlicher Bürokratie überziehe. Komplettversagen warf Winter Rot-Grün-Rot in der Bildungspolitik vor. Jedes dritte Kind verlasse inzwischen die Grundschule mit unzureichenden Deutschkenntnissen. Viele Schülerinnen und Schüler würden dadurch ihrer Zukunftschancen beraubt. Winter forderte: "Bremen darf nicht länger die Hauptstadt sozialdemokratischen Bildungsversagens sein."