Der E-Scooter-Verleiher Voi und dessen Bremer Kooperationspartner müssen dem seit seiner Geburt blinden Bremer Klaus Bopp, der über zwei umgekippte Roller gestürzt war und sich schwer verletzt hatte, keinen Schadensersatz leisten. Das geht aus dem an diesem Donnerstag veröffentlichten schriftlichen Urteil des Landgerichts Bremen hervor. Diese Entscheidung war, wie berichtet, bereits im Februar bei einem Gütetermin vor der sechsten Zivilkammer des Landgerichts angekündigt worden: Die Klage auf Zahlung von 20.000 Euro wurde abgewiesen.
Wie bereits mündlich dargelegt, fußt auch die schriftliche Begründung auf folgenden Punkten: Durch die Art und Weise, wie die Roller an der Unfallstelle aufgestellt waren, seien Verkehrssicherungspflichten nicht verletzt worden. Nur das, nicht aber "das allgemeine Gefahrenpotenzial von E-Scootern" sei maßgeblich für die Prüfung gewesen. Bei der Abwägung müssten zwar "einerseits Interessen von Menschen mit Behinderung berücksichtigt werden". Die dem Verleihbetreiber durch die Stadt erteilte Sondernutzungserlaubnis billige andererseits, Roller so aufzustellen wie geschehen – im rechten Winkel zur Häuserfassade.
Weiter heißt es zur Urteilsbegründung, dass an Hauswänden auch mit "vergleichbaren Hindernissen" wie Fahrrädern, Baugerüsten oder Aufstellern von Restaurants und Geschäften zu rechnen sei. Selbst gesetzt den Fall, dass eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht anzunehmen sei, "wäre ein Anspruch wegen Mitverschuldens zu kürzen", weil Klaus Bopp, der mit einem sogenannten Langstock unterwegs zur Arbeit war, den Roller erkannt habe und sein Gehtempo hätte anpassen müssen, um dem Hindernis noch ausweichen zu können.
Der 53-jährige Kläger und seine Rechtsvertreter erwägen, gegen das Urteil in Berufung zu gehen, wie Rechtsanwalt Michael Richter dem WESER-KURIER bestätigte. Dabei gehe es auch um die Prozesskosten. Die Frist betrage einen Monat. Nächste Instanz wäre das Oberlandesgericht Bremen. Der Blinden- und Sehbehindertenverein Bremen hatte im Februar angekündigt, weiterhin eine Verbandsklage vor dem Verwaltungsgericht Bremen zu prüfen. Dabei geht es um die Rechtmäßigkeit eben jener Sondernutzungserlaubnis, die Grundlage des Roller-Verleihbetriebs in Bremen ist und auf die sich das Landgerichtsurteil bezieht.