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Bremer Haushalt 2024 Senat plant 1,3 Milliarden Euro neue Schulden

Der Bremer Senat plant für 2024 neue Schulden in Milliardenhöhe. Mit den Krediten sollen unter anderem die geplanten Gesellschaften für Schulbau und Stadtentwicklung mit Kapital ausgestattet werden.
15.04.2024, 19:04 Uhr
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Senat plant 1,3 Milliarden Euro neue Schulden
Von Jürgen Theiner

Der Schuldenberg des kleinsten Bundeslandes wird 2024 voraussichtlich deutlich wachsen – trotz Schuldenbremse. Der Senat plant, auf die bestehenden Verbindlichkeiten in Höhe von 22,8 Milliarden Euro weitere 1,3 Milliarden draufzupacken. Nach Informationen des WESER-KURIER befasst sich die Landesregierung an diesem Dienstag mit dem Finanzpaket.

Vor zwei Wochen hatte der Senat bereits einen Haushaltsentwurf für 2024/25 vorgelegt. Finanzsenator Björn Fecker (Grüne) plant im Land in den beiden Jahren mit Ausgaben von 5,6 beziehungsweise 5,8 Milliarden Euro, in der Stadt von 3,6 und 3,8 Milliarden Euro. Zugleich kündigte Fecker an, dass dies noch nicht alles sei, denn es gebe weitere Mittelbedarfe, die über Schulden finanziert werden müssten. Hintergrund: Eigentlich ist es Bremen durch das Grundgesetz und die Landesverfassung untersagt, Kredite für den Haushaltausgleich aufzunehmen. Diese sogenannte Schuldenbremse sieht Ausnahmen bei "außergewöhnlichen Notlagen" vor. Davon hat Bremen seit der Corona-Krise in jedem Jahr Gebrauch gemacht. Ein entsprechendes Votum der Bürgerschaft ist in solchen Fällen Voraussetzung.

Das von Fecker jetzt nachgereichte Paket enthält mehrere Elemente, die per Notlagenbeschluss abgedeckt werden sollen. Dies sind die wichtigsten Bestandteile:

BSAG und Geno:

Der städtische Klinikverbund Gesundheit Nord und die Bremer Straßenbahn AG gehören beide zu 100 Prozent der Stadtgemeinde Bremen. Allein der Verkehrsbetrieb braucht rund 75 Millionen Euro, denn er ist nach wie vor tief in den roten Zahlen unterwegs. Bei der Geno sind es einschließlich Investitionen in die Pandemie-Widerstandsfähigkeit 86 Millionen Euro.

Soziales/Gebäudesanierung:

Vor allem die Ausgaben für Flüchtlinge – sowohl aus der Ukraine als auch aus anderen Herkunftsländern – belasten den Sozialhaushalt. Dort geht es um fast 150 Millionen Euro. Weitere 80 Millionen Euro will Bremen in die Modernisierung von Gebäuden stecken, die der öffentlichen Daseinsvorsorge dienen. Dazu zählen unter anderem der Hochschulbereich und erneut die Kliniken, allerdings auch die der freien Träger wie etwa Diako und St.-Joseph-Stift.

Stahlwerke:

Mit 308 Millionen Euro gehören die Subventionen für die Umrüstung der Stahlwerke und weitere Wasserstofftechnik-Projekte zu den größten Brocken. Dazu existiert auch eine Verständigung mit der CDU-Opposition. In der Landesverfassung soll ein kreditgespeistes Sondervermögen verankert werden, aus dem diese Projekte zur klimaneutralen Transformation der bremischen Wirtschaft gefördert werden.

Schulbau/Stadtentwicklung:

Jeweils dreistellige Millionenbeträge sollen für zwei weitere Vorhaben aufgewendet werden. Zum einen geht es darum, eine sogenannte Schulbaugesellschaft ins Leben zu rufen. Sie soll unbürokratischer und schneller als der normale Verwaltungsapparat arbeiten und den Bau von Schulen und Kindertagesstätten beschleunigen. Dieser Gesellschaft muss zunächst aus dem Haushalt ausreichendes Kapital zugeführt werden – deshalb die zusätzlichen Kredite. Das Gleiche gilt für die geplante Stadtentwicklungsgesellschaft. Sie soll es Bremen erheblich einfacher machen, strategisch relevante Immobilien in der Innenstadt und den Quartieren zu kaufen sowie Grundstücke zu entwickeln. Auch hier gibt es einen hohen Kapitalbedarf. Nach Einschätzung der Finanzbehörde ist es mit der Schuldenbremse vereinbar, beide Gesellschaften über Kredite mit Kapital auszustatten, weil dadurch Werte in gleicher Höhe geschaffen werden.

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Für den Finanzbedarf von Schulbau- und Stadtentwicklungsgesellschaft sind insgesamt rund 600 Millionen Euro veranschlagt. Alles andere wird in einem 715-Millionen-Euro-Paket gebündelt, sodass sich insgesamt ein Volumen von etwa 1,3 Milliarden Euro neuer Schulden für 2024 ergibt. Der erforderliche Notlagenbeschluss der Bürgerschaft soll inhaltlich mit einer Vielzahl von Krisen begründet werden, die einander überlagern. Stichworte sind die Nachwirkungen der Corona-Krise, Auswirkungen des Ukraine-Kriegs, Energiekrise und Klimanotstand.

Aus dem rot-grün-roten Regierungslager gab es am Montag im Vorfeld der Senatssitzung noch keine Stimmen zu den Plänen von Finanzsenator Fecker. Die Opposition meldete sich dafür umso entschiedener zu Wort. CDU-Fraktionschef Frank Imhoff sprach von einem "haushaltspolitischen Offenbarungseid". Das wahre Ausmaß der Bremer Finanzmisere werde jetzt sichtbar. "Statt die Neuverschuldung immer weiter hochzuschrauben, müssen wir vielmehr grundsätzlich und ehrlich über die Ausgaben in Bremen sprechen und welche Projekte wir uns noch leisten können", so Imhoff. Der Senat müsse sich einigen, "wie das Haushaltsloch durch Einsparungen minimiert werden kann". Aus Sicht des FDP-Fraktionsvorsitzenden Thore Schäck geht es der Koalition darum, "neue Notlagentöpfe zu bilden, um rot-grün-rote Prestigeprojekte zu finanzieren". Das sei "an Verantwortungslosigkeit nicht überbieten".

Die Bürgerschaft wird am Donnerstag mit der Beratung des Haushaltsentwurfs beginnen, wie ihn der Senat vor zwei Wochen vorgelegt hat. Bei dieser ersten Lesung geht es formal noch nicht um die ergänzenden Milliardenkredite – auch wenn sie in der parlamentarischen Aussprache sicher eine wichtige Rolle spielen werden. Der enge Zeitplan sieht vor, dass der Senat am 28. Mai einen Beschluss zu den Notlagenkrediten fasst und sich in der folgenden Woche die Deputationen und Fachausschüsse der Bürgerschaft inhaltlich damit auseinandersetzen. Anschließend gehen Haushaltsentwurf 2024 und Notlagenkredite als Gesamtpaket in die parlamentarischen Beratungen. Angestrebt wird ein Bürgerschaftsbeschluss vor der Sommerpause, sodass Bremen ab Ende Juni wieder einen regulären Haushalt hätte.

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