In Bremen steigen die Sozialausgaben weiterhin an, sie nehmen einen immer größeren Teil der Haushalte von Land und Stadt ein. Das geht aus einem Bericht hervor, den die Sozialbehörde im Haushalts- und Finanzausschuss der Bürgerschaft vorgelegt hat. Das Zahlenmaterial ist nicht leicht zu durchdringen, auch weil sich über die Jahre die Verrechnungen zwischen den Sozialetats von Land und Stadt verändert haben. Die Tendenz ist jedoch eindeutig: Das Wachstum war in den vergangenen zwanzig Jahren zumeist überproportional im Vergleich zu den anderen Ausgaben. Das Sozialbudget vervierfachte sich nahezu seit 2003, während sich die Höhe der Gesamtausgaben kaum verdoppelte.
Was versteht man unter Sozialausgaben?
Der Begriff fast eine ganze Palette von Leistungen zusammen. Größte Blöcke im Bremer Haushalt sind die Kosten für Unterkunft / Heizung bei Bürgergeldanspruch, Hilfen zur Erziehung samt Heimunterbringung und ambulanten Hilfen, außerdem die Hilfen für Asylbewerber und Flüchtlinge sowie Unterhaltsvorschüsse und Hilfen zur Pflege. "Es handelt sich fast durchweg um Leistungen, auf die ein Rechtsanspruch besteht", sagt der Sprecher der Sozialbehörde, Bernd Schneider. Bremens Möglichkeiten, auf die Entwicklung dieser Kosten einzuwirken, seien deshalb "sehr, sehr begrenzt". Nur ein einstelliger Prozentsatz des Sozialhaushaltes entfalle auf freiwillige Leistungen wie das sogenannte Stadtticket der BSAG, das Sozialleistungsbezieher beantragen können.
Wie haben sich die Ausgaben entwickelt?
Nach Darstellung der Sozialbehörde belief sich der Sozialetat von Land und Stadt Bremen im Jahr 2003 auf insgesamt etwa 520 Millionen Euro. Im Jahr 2010 lag der Betrag bei knapp unter 900 Millionen Euro. Für 2023 wird von insgesamt rund zwei Milliarden Euro ausgegangen: 879 Millionen Euro im Land, 1,19 Milliarden in der Stadt Bremen. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass insbesondere im Sozialbudget des Landes ein großer Teil durch Bundesgelder refinanziert wird. Anders gesagt: Bremen bleibt nicht allein auf diesen Kosten sitzen.
Was hat die Kosten getrieben?
Mehrere Faktoren kamen im Sozialbereich zur Geltung. Da sind zum einen die ambulanten und stationären Hilfen bei Kindeswohlgefährdungen. Nach dem tragischen Tod eines kleinen Jungen im Jahr 2006 ("Fall Kevin"), der behördliche Versäumnisse offenbarte, wurde das Jugendamt deutlich aktiver und gewährte in mehr Fällen Hilfen zur Erziehung. Vor diesem Hintergrund schossen allein zwischen 2006 und 2010 die Ausgaben in diesem Segment um 83 Prozent in die Höhe. 2010 begann ein weiterer Kostentreiber sich gerade erst bemerkbar zu machen: die unbegleiteten minderjährigen Ausländer, kurz UmA. Die Ausgaben für ihre Betreuung bewegten sich zu diesem Zeitpunkt noch deutlich unter 1 Prozent. Bereits 2013 waren es mit rund vier Millionen Euro rund 150 Prozent mehr, und in den folgenden Jahren ging es weiter steil nach oben. In den Jahren 2014 bis 2017 gab Bremen bereits insgesamt 233 Millionen Euro für die UmA-Betreuung aus. Und die Kosten gingen weiter nach oben, auch weil Bremen deutlich mehr UmAs beherbergte, als nach dem bundesweiten Verteilungsschlüssel nötig gewesen wäre. Deutliche Mehrausgaben entstanden darüber hinaus im Bereich der Schulbegleitung behinderter Kinder und in der Frühförderung.
Wie sind die Aussichten?
Nichts deutet gegenwärtig darauf hin, dass sich der Anstieg der Sozialausgaben in den nächsten Jahren entscheidend abbremsen lassen wird. Beispiel: Unterhaltsvorschüsse an Alleinerziehende. Der Staat springt ein, wenn ein unterhaltspflichtiger Elternteil nicht oder zu wenig zahlt. Durch eine Gesetzesreform auf Bundesebene haben sich die Ausgaben seit 2018 ungefähr verdoppelt, weil der Kreis der Leistungsberechtigten ausgeweitet und auch die Bezugsdauer des Zuschusses verlängert wurde. Auch bei den Eingliederungshilfen für Behinderte zeichnen sich weitere Kostensteigerungen ab, ebenso bei den Hilfen zur Pflege, wo die Heimbetreiber in den vergangenen Jahren deutliche Entgeltsteigerungen geltend gemacht haben.
Gibt es eine Reaktion der Politik?
Im Haushaltsausschuss der Bürgerschaft gab es zu den Zahlen der Sozialbehörde keine größere Diskussion. FDP-Finanzpolitiker Thore Schäck machte darauf aufmerksam, dass das überproportionale Wachstum der Sozialausgaben die Spielräume im Haushalt einenge. Für Investitionen in die öffentliche Infrastruktur und andere Zukunftsausgaben stehe immer weniger Geld zur Verfügung. Diese Entwicklung müsse gestoppt werden.