Das Klimapaket des rot-grün-roten Regierungsbündnisses kommt auf den juristischen Prüfstand. Die CDU-Bürgerschaftsfraktion hat am Freitag angekündigt, beim Staatsgerichtshof einen sogenannten Normenkontrollantrag gegen den Nachtragshaushalt 2023 einzureichen. Dieser kreditfinanzierte Sonderfonds sieht Ausgaben von 2,5 Milliarden Euro für den Klimaschutz sowie weitere 500 Millionen Euro zur Bewältigung der Folgen von Ukraine-Krise und Energiepreisschock vor. Die CDU setzt darauf, dass das höchste Gericht des Bundeslandes den Nachtragshaushalt wegen gravierender Verstöße gegen Verfassungs- und Haushaltsrecht für nichtig erklärt.
Was hat es mit dem Nachtragshaushalt auf sich?
Die Koalition aus SPD, Grünen und Linken wollte noch in der alten Wahlperiode ein ambitioniertes Programm für den Klimaschutz auf den Weg bringen. Ziel ist die Klimaneutralität des kleinsten Bundeslandes bis 2038. Der Maßnahmenkatalog umfasst unter anderem Projekte zur CO2-Reduzierung durch Sanierung öffentlicher Gebäude, Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und der Fernwärmenetze sowie Umrüstung emissionsstarker Betriebe. Die hierfür notwendigen, auf rund 2,5 Milliarden Euro geschätzten Ausgaben und ein zusätzlicher Finanztopf für krisenbedingte Ausgaben (Ukraine, Energiepreise) von 500 Millionen Euro wurden zu einem kreditfinanzierten Nachtragshaushalt gebündelt, den die Bürgerschaft gegen die Stimmen der Opposition im März beschloss.
Worin besteht das finanzpolitische Problem?
Bremen darf seit 2020 unter normalen Umständen keine Kredite mehr zur Deckung des Haushalts aufnehmen. Das ist in Artikel 131a der Landesverfassung festgeschrieben. Sie sieht eine Ausnahme lediglich vor "im Falle von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen". Im Zuge des Nachtragshaushalts machte die Koalition für die Klima- und Ukraine-Krise diesen Ausnahmetatbestand geltend.
Welche Einwände hat die CDU?
Für die Christdemokraten wird der Staats- und Verwaltungsrechtler Christoph Gröpl von der Universität des Saarlandes den Normenkontrollantrag vor dem Staatsgerichtshof vertreten. Bei einem Pressetermin mit dem Fraktionschef der CDU, Frank Imhoff, und ihrem Haushaltspolitiker Jens Eckhoff machte Gröpl deutlich, dass er das Klima- und Krisenpaket von Rot-Grün-Rot aus mehreren Gründen für rechtswidrig hält. So seien weder die Klimakrise noch der Ukraine-Krieg mit dem nachfolgenden Energiepreisschock eine "außergewöhnliche Notsituation" im Sinne der bremischen Verfassung. Auch das Prinzip der Jährlichkeit der Haushaltspläne von Land und Stadt Bremen sieht Gröpl verletzt.
Hintergrund: Die Kreditermächtigungen, von denen der Senat im Rahmen des Klimapakets Gebrauch machen kann, reichen bis 2027. Sie sind in einer Rücklage außerhalb des regulären Haushalts angesiedelt. Gröpl: "Eine solche überjährige ,Schuldenwirtschaft' ist mit dem parlamentarischen Budgetrecht unvereinbar." Der Jurist kritisiert zudem, dass aus Mitteln des Klimapakets Projekte finanziert werden sollen, bei denen kein unmittelbarer Zusammenhang mit dem Klimaschutz bestehe, etwa im Hochschulbau oder bei sogenannten Radpremiumrouten.
Welche Folgen hätte ein erfolgreicher Prozess?
Falls der Staatsgerichtshof die Rechtsauffassung der CDU teilt, könnte er den Nachtragshaushalt 2023 komplett für nichtig erklären. Dann wären die dort eingeplanten Mittel blockiert. Denkbar wäre nach Einschätzung von Christoph Gröpl auch, dass der Staatsgerichtshof den Nachtragsetat zwar für unwirksam erklärt, seinen Vollzug aber nicht stoppt. "Das wäre dann eher ein Signal für die Zukunft", so Gröpl – nämlich gegen eine weitere Aufweichung der Schuldenbremse und für die Wahrung des Budgetrechts des Parlaments.
Welche alternativen Vorstellungen hat die CDU?
Frank Imhoff und Jens Eckhoff betonten bei der Ankündigung des Klageverfahrens, die CDU wende sich mitnichten gegen Klimaschutz, sondern gegen eine unseriöse Finanzierung dieses politischen Ziels. Es gebe auch im regulären Bremer Haushalt Spielräume, sagte Imhoff. Der Senat gebe das Geld aber lieber für die Aufblähung der Verwaltung und für "Prestigeprojekte" wie das Stadtmusikantenhaus am Marktplatz aus. Eckhoff erneuerte seinen Vorschlag einer "Klimaanleihe", über die private Anleger Geld in den ökologischen Umbau Bremens investieren könnten. Eckhoff warnte zudem vor den Belastungen künftiger Haushalte durch die Finanzpolitik des rot-grün-roten Senats. Ab 2028 müsse der Klimafonds 30 Jahre lang mit jeweils 190 Millionen Euro abgestottert werden. Hinzu komme der Altschuldenabtrag mit jährlich 80 Millionen und die Tilgung des Bremen-Fonds (Corona-Lasten) mit 65 Millionen Euro. Bei einem Gesamthaushaltsvolumen des Landes von gut fünf Milliarden Euro schränke dies die finanzielle Bewegungsfreiheit massiv ein.