Für die Gegner einer Umbenennung der Langemarckstraße in Georg-Elser-Allee ist klar: Die vom Senat angemahnte Bürgerbeteiligung sollte im Idealfall mit einer Umfrage oder Abstimmung einhergehen. Von einer „überfälligen Anliegerbefragung“ spricht Nils Poppek, Verfasser der Petition gegen die Umbenennung. So werde jedem Betroffenen die Chance eröffnet, sich aktiv, fair und direkt am Prozess zu beteiligen. Doch aus dem Ortsamt und der Baubehörde sind andere Töne zu hören. Danach bedeutet „Bürgerbeteiligung“ keineswegs, dass Anwohner und Anlieger jetzt aufgerufen werden, für oder gegen die Umbenennung zu stimmen.
Das konkrete Verfahren der Bürgerbeteiligung sei noch nicht festgelegt, sagt Uwe Martin, Leiter des Ortsamts Neustadt. „Ich gehe aber nicht davon aus, dass es eine Abstimmung geben wird.“ Seine Bedenken begründet Martin mit der ungeklärten Frage, wer an einer Abstimmung überhaupt teilnehmen dürfe – nur die Anwohner oder auch Anlieger, nur Bewohner angrenzender Straßen oder sämtliche Bewohner der Neustadt? Von Bürgerbeteiligung werde gern gesprochen, sagt Martin. „Aber es ist nirgends definiert, was genau zu tun ist. Das ist eben die Krux.“
Poppek beklagt, dass die Befragung trotz des öffentlichen Drucks nun plötzlich wieder in weite Ferne rückt. „Sich dem zu widersetzen, wäre ein Eigentor und eine Verhöhnung der Anlieger“, sagt er. Seine Gewissheit schöpft er aus den Kriterien, die das Amt für Straßen und Verkehr (ASV) für Straßenumbenennungen aufgestellt hat. Darin heißt es, eine Umbenennung erfolge „unter Beteiligung und mit Einverständnis aller betroffenen Anlieger“.
Das stellt die Baubehörde nicht in Abrede. Auf der Homepage des ASV sei aber nur „ein vereinfachtes Verfahren beschrieben“, sagt René Möller, Sprecher des Bauressorts. Und zwar ein Verfahren, bei dem eine einvernehmliche Umbenennung kurzfristig umgesetzt werden könne. „Im Fall der Langemarckstraße war jedoch von Anfang an nicht zu erwarten und ist auch grundsätzlich rechtlich nicht geboten, dass alle Anliegerinnen und Anlieger der Umbenennung zustimmen müssen.“
Im gleichen Sinne äußert sich Jürgen Maly von der Georg-Elser-Initiative. „Ich kenne keine Rechtsgrundlage für eine Anwohnerabstimmung“, sagt er. Gesetzlich stehe dem Stadtteilbeirat das Recht der Straßenumbenennung zu. Der Beirat habe nicht willkürlich und unbegründet entschieden, sondern die übliche Bürgerbeteiligung mit Rederecht in zwei öffentlichen Beiratssitzungen durchgeführt. Möller hält zwar eine Anhörung der Anlieger für angebracht. Durch den Aufruf in den Amtlichen Bekanntmachungen, Einwendungen gegen die Umbenennung zu erheben, sei die Anhörung aber bereits erfolgt. Poppek will dieses Argument nicht gelten lassen, weil die Amtlichen Bekanntmachungen kaum wahrgenommen würden.
Den Senatsbeschluss zur Bürgerbeteiligung deutet Möller nicht als Aufforderung an das Ortsamt, eine Abstimmung in die Wege zu leiten. Vielmehr werde damit den zahlreichen Einwendungen aus dem Stadtteil und „von berufener dritter Seite“ Rechnung getragen, die eine Umbenennung als falschen Weg einer modernen Erinnerungskultur sehen. „Mit diesen Argumenten hat sich der Beirat vor einer abschließenden Entscheidung konkret auseinanderzusetzen.“