Frage: Der Landesrechnungshof prüft und überwacht die Haushaltsführung des Senats. Wie erfolgreich waren Sie in ihrer Amtszeit und lässt sich über die Jahre eine Entwicklung erkennen?
Bettina Sokol: Meine Beschäftigten und ich konnten da durchaus positive Entwicklungen anstoßen. Als ich hier 2009 anfing, war gerade eine große Debatte darüber im Gange, dass von den senatorischen Behörden zu viele Beratungsaufträge für zu teure Honorare nach außen gegeben wurden.
Stichwort "Gutachteritis".
Genau. Auch aufgrund einer Prüfung durch den Rechnungshof wurde dann eine Handlungsanleitung für die Behörden entwickelt. Sie sind seither gehalten, genau zu schauen, ob überhaupt eine Notwendigkeit für eine externe Vergabe von Beratungsaufträgen besteht und ob möglicherweise an anderer Stelle in der Verwaltung oder auch an der Universität das notwendige Fachwissen bereits vorhanden ist. Außerdem gibt es nun einen Vorbehalt, dass solche Aufträge oberhalb bestimmter Wertgrenzen durch den Senat oder den Haushalts- und Finanzausschuss der Bürgerschaft genehmigt werden müssen. Wie lange solche positiven Entwicklungen Bestand haben, ist eine andere Frage.
Der Rechnungshof kontrolliert nicht nur, sie beraten die senatorischen Behörden auch.
Wenn wir Mängel in bestimmten Abläufen finden, machen wir auch Vorschläge, wie es besser gehen kann. Das ist ein ganz wichtiger Teil unserer Arbeit. Der wird von manchen Behörden geschätzt und von anderen als lästig empfunden – das ist einfach so. Das hängt nicht zuletzt von der Bereitschaft handelnder Personen ab, sich einem kritischen Dialog zu stellen. Es gibt da oft schöne Erfolge schon während laufender Prüfungen, wo uns gesagt wird: Eure Anregung setzen wir gern so um. Beispielsweise im vergangenen Jahr, als wir dem Bürgermeister vorgeschlagen haben, wie man bei Stellenanzeigen des Senats rund eine Million Euro einsparen kann, wenn man das ein bisschen anders handhabt. Das wurde dankbar aufgegriffen.
Was war aus Ihrer Sicht der größte Bock, den die Bremer Verwaltung geschossen hat?
Da gibt es nicht den einen großen Ausreißer, aber was tatsächlich gelegentlich erschüttert, ist der Umgang mit Geldern für die Zuwendungsempfänger von Stadt und Land, also die Institutionen, die Aufgaben in öffentlichem Interesse erledigen. Da werden zum Teil trotz unvollständiger Antragsunterlagen Zuschüsse bewilligt oder im Nachgang Verwendungsnachweise für die Gelder nicht anständig geprüft. Es gibt da immer wieder erhebliche Nachlässigkeiten. Das Beispiel mit dem größten finanziellen Volumen waren natürlich die Millionenbeträge, die das Bildungsressort beim Verein Stadtteilschule geparkt hatte und für die in der Presse dann der Begriff Schwarze Kasse geprägt wurde. Andere kritikwürdige Vorgänge waren die finanziellen Nachschläge für die Kaiserschleuse und die erheblichen Kostensteigerungen beim Hafentunnel, beides Projekte in Bremerhaven. Beim Hafentunnel hat sich ja unsere Einschätzung bewahrheitet, dass das Projekt schlicht unwirtschaftlich ist.
Der Rechnungshof kann solche Dinge zwar monieren, aber nicht aktiv eingreifen. Wären Veto-Rechte für Ihr Haus wünschenswert?
Nein, ich bin da ganz traditionell bei der Staatsorganisation unserer rechtsstaatlichen Demokratie. Wir sind als externe Finanzkontrolle nicht legitimiert, Behörden Weisungen zu geben und Sanktionen zu verhängen. Das würde nicht ins System passen.
In Bremen sind die finanziellen Spielräume gerade wieder ziemlich eng, es wird deshalb über Änderungen an der Schuldenbremse bis hin zu ihrer Abschaffung diskutiert. Haben Sie dazu eine Meinung?
Das ist natürlich eine hochpolitische Diskussion, in die ich mich nicht einmischen will. Aber es scheint mir unstrittig zu sein, dass wir mehr investieren müssen. Das ist auch eine Feststellung, die wir als Rechnungshof in Bremen seit Jahren immer wieder treffen. Es gibt einen Sanierungsstau. Der wirkt wie Verschuldung, belastet also zukünftige Generationen. Und es wird immer teurer, je länger man wartet.