Mehr Geld für Marßel in Bremen-Nord, weniger Budget für Huckelriede im Bremer Süden, für die übrigen Stadt- und Ortsteile bleibt alles beim Alten: Das ist die Kurzfassung der jüngsten Beschlüsse zum Förderprogramm „Wohnen in Nachbarschaften“ (WiN). Seit 1998 soll damit besonders benachteiligten Gebieten geholfen werden. Knapp 1,7 Millionen Euro stehen dafür jährlich zur Verfügung. Verteilt wird das Geld auf 14 Quartiere. Im Mittelpunkt stehen Verbesserungen der alltägliche Wohn- und Lebensbedingungen, bürgerschaftliches Engagement und die Mitwirkung der Bewohner sowie die Zusammenarbeit von lokalen Akteuren.
In Huckelriede bedeutete das in der Praxis beispielsweise die Existenz eines sogenannten Bewohnerfonds, ein von Ehrenamtlichen verwaltetes Budget zur Stadtentwicklung. Mit kleinen, häufig nur dreistelligen Eurobeträgen wurden damit Mikroprojekte ermöglicht, die vor Ort jedoch sichtbare Wirkung entfalten: Neue Bänke am Werderseeufer, Blumenbeete im Huckelrieder Park oder der jährliche Laternenumzug der Freiwilligen Feuerwehr. Aber auch Fahrradkurse für Migrantinnen, Lernhilfen für Grundschulkinder mit Startschwierigkeiten oder der Jugendzirkus Jokes profitierten bislang von den Fördermitteln.
Förderung abhängig von sozialen Indikatoren
Abhängig gemacht wird die WiN-Förderung von einem Sozialindex, in den der Sprachförderbedarf von Kindern einfließt. Die Nicht-Abiturquote und der Anteil der Empfänger von Sozialleistungen über und unter 15 Jahren im Stadtteil sind ebenfalls von Bedeutung. Wo die Ausprägungen der vier Indikatoren am stärksten negativ vom städtischen Durchschnitt abweichen und sich überlagern, soll WiN helfen.
Doch bei diesen Faktoren hat sich Huckelriede seit Beginn der Förderung so verbessert, dass WiN dort nun beendet wird. Gab es seit 2020 noch 75.000 Euro pro Jahr, sind es 2025 noch 38.000 und 2026 gar nichts mehr. Die verbesserten Sozialindikatoren in Huckelriede gebe es schon länger, heißt es in der Beschlussvorlage, der die Sozialdeputation bereits zugestimmt hat und mit der die Baudeputation sich noch befassen muss. Zum Hintergrund: WiN ist ein gemeinsames Programm von Sozial- und Bauressort. Grundgedanke der Förderung ist, dass eine Wechselwirkung zwischen dem unmittelbaren Wohnumfeld und der sozialen Situation besteht. Daher wurde WiN in Huckelriede weitergeführt, solange das Gebiet offiziell noch Nutznießer der Städtebauförderung des Bundes ist. Doch auch die läuft in diesem Jahr aus.
Soziale Lage in Marßel verschlechtert
Nach der Logik des Win-Programms hat sich die Lage in Marßel dagegen offenbar entscheidend verschlechtert, denn hier wird das Budget nach der jüngsten Erhebung des Sozialindex von 75.000 auf 150.000 Euro verdoppelt. "In den letzten Jahren fand ein starker Zuzug durch Geflüchtete und Zugewanderte statt“, erklärt das Sozialressort dazu. Der für Marßel zuständige Burglesumer Ortsamtsleiter Florian Boehlke spricht daher von einer Botschaft, die „mit einem lachenden und einem weinenden Auge“ zu betrachten sei. Es sei auf jeden Fall gut, dass es mehr Geld gebe, aber man habe eben auch mehr Bedarf.
In den übrigen Stadtteilen, die bislang von WiN profitierten, bleibt die Zuwendung wie bislang erhalten. Die größte jährliche Summe geht mit 225.000 nach Gröpelingen. Mit jeweils 150.000 werden die Neue Vahr, Tenever, Kattenturm, Huchting, Lüssum-Bockhorn, Hemelingen und das Schweizer Viertel bedacht. Jeweils 75.000 Euro Jahresbudget gehen nach Oslebshausen, Grohn und Blumenthal und in diesem Jahr auch noch einmal nach Huckelriede.
Das Quartiersmanagement dort soll aber dauerhaft bestehen bleiben und künftig aus dem Landesprogramm „Lebendige Quartiere“ finanziert werden. Die Förderung ist sogenannten Kleinstquartieren zugedacht, in denen der Sozialindex zwar ebenfalls auf Probleme hinweist, die jedoch gewissermaßen Inseln in ihren Stadtteilen bilden. Das findet sich etwa in Aumund-Hammersbeck, Burg-Grambke, der Überseestadt, in der Bahnhofsvorstadt, in Fähr-Lobbendorf sowie in der Neuen Vahr Südwest.