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Bürgerschaftswahl 2023 Das "neue Rot" soll leuchten: Wie die Linken ihre Kampagne planen

In Bremen hat die Linke im kommenden Frühjahr eine Regierungsbeteiligung zu verteidigen. Sie wird versuchen, sich vom Negativtrend der Bundespartei abzukoppeln. Einer der Schlüsselbegriffe ist das "neue Rot".
05.12.2022, 05:00 Uhr
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Von Jürgen Theiner

Die Linke kann ein Erfolgserlebnis gebrauchen. Für die krisengeschüttelte Bundespartei täte es auch schon ein Wiedereinzug ins Parlament des kleinsten Landes, also die Bremische Bürgerschaft. Am 14. Mai 2023 besteht hierzu Gelegenheit. Bremen war in den vergangenen Jahren immer ein gutes Pflaster für die Linken. 2007 gelang ihnen hier erstmals der Sprung in ein westdeutsches Landesparlament. Seit 2019 regieren sie mit, nachdem es für Rot-Grün allein nicht mehr gereicht hatte. In Online-Umfragen steht die Partei in Bremen aktuell bei etwa 6,5 Prozent. Träfe das am Wahlabend so ein, wäre sie zwar gerettet. Der Stimmanteil hätte sich gegenüber 2019 allerdings fast halbiert.

In der Landespartei hofft man natürlich, bis dahin noch Boden gutzumachen. Helfen soll dabei die Markenagentur Moskito. Die in der Neustadt ansässigen Werber haben den Zuschlag für die professionelle Gestaltung der Kampagne erhalten. Sie lösen die Berliner Kommunikationsexperten von DiG/Plus ab, die seit 2007 die Wahlkämpfe der Bremer Linken geplant hatten. Moskito hat in der Region eine ganze Reihe von Kunden wie etwa OHB, Hansa-Flex oder den Getränkehersteller Vilsa. Und wie Vilsa ist auch die Linke für Strategieentwickler Erik Wankerl zunächst mal eine Marke, "also ein Konstrukt von Vertrauen", wie er den Begriff versteht. "Es geht darum, sich identifizieren zu können."

Am besten funktioniert Identifikation über Personen. Gegenüber 2019 hat die Bremer Linke ihr Kapital in dieser Hinsicht deutlich aufstocken können. Die Senatorinnen Kristina Vogt (Wirtschaft) und Claudia Bernhard (Gesundheit) sind bekannt, auch die Fraktionsvorsitzenden Sofia Leonidakis und Nelson Janßen haben in der zurückliegenden Legislaturperiode Profil entwickelt.

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Es dürfte also niemanden überraschen, dass die Linke im Bürgerschaftswahlkampf versuchen wird, sich vom Negativimage der Bundespartei abzukoppeln und ganz auf regionale Themen und ihre Bremer Köpfe zu setzen. "Eines dieser Themen wird das Wohnen sein", kündigt Landesgeschäftsführer Andreas Hein-Foge an. Das betrifft sowohl die grundsätzliche Forderung nach Bezahlbarkeit von Wohnraum als auch Projekte wie "Housing first", ein Modellvorhaben zur Bekämpfung von Obdachlosigkeit, das dem Motto folgt: erst eine Wohnung, dann die weitere soziale Stabilisierung der neuen Mieter.

Hierfür hatten sich die Linken schon vor ihrem Regierungseintritt eingesetzt. In den Vordergrund will Hein-Foge auch die fachlichen Schwerpunkte der beiden Senatorinnen rücken. In der Arbeitsmarkt- und der Gesundheitspolitik gebe es "auf Landesebene Stellschrauben, die man betätigen kann".

Doch wie genau will die Partei diese Themen besetzen – jetzt, wo sie Regierungsverantwortung trägt und den Senat nicht mehr wie früher von links attackieren kann? 2019 wetterte man noch dagegen, dass sich Bremen in seiner städtebaulichen Entwicklung profitorientierten Investoren ausliefere. Auch an der Bildungspolitik des damaligen rot-grünen Senats ließen die Linken kein gutes Haar.

Diesmal will man nach den Worten von Erik Wankerl "klar sein in der Kommunikation, aber nicht destruktiv". Anleihen aus dem gerade vergeigten Wahlkampf der niedersächsischen Genossen sind daher eher nicht zu erwarten. Dort prangten auf den Plakaten Sätze wie "Die Scheiß-Mieten sind zu hoch". Das ist nicht die Tonalität, die Erik Wankerl vorschwebt. Auch das Design der Plakate soll nicht so knallig daherkommen wie in der Vergangenheit, nicht so blockartig. "Moderner, harmonischer" werde der Eindruck sein, kündigt der PR-Fachmann an. Auch jünger. Damit trägt die Partei der Tatsache Rechnung, dass das Durchschnittsalter der Mitglieder im Bremer Landesverband in den vergangenen Jahren deutlich gesunken ist.

Viele junge Leute insbesondere aus dem studentischen Milieu sind der Linken beigetreten. Ein Drittel der Genossen ist jünger als 35 Jahre. Auch vor diesem Hintergrund ist ein Begriff zu verstehen, der im Wahlkampf häufig wiederkehren wird: das "neue Rot".

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Der Etat für die Kampagne liegt bei 300.000 Euro und bewegt sich damit in einer ähnlichen Größenordnung wie bei den Grünen. Deutlich stärker als vor vier Jahren will die Partei auf Onlinewerbung setzen. Sie soll die Botschaften vertiefen, denen die Wähler auf Plakaten im Straßenraum begegnen. Für differenziertes "Targeting", also die unterschiedliche Ansprache von Zielgruppen im Netz, wird der Etat nicht reichen, weiß Erik Wankerl. Aufwendige High-End-Bewegtbilder werde es ebenfalls nicht geben. Aber Hochglanz passt ja auch nicht zu einer Partei, die sich als Anwältin der Benachteiligten versteht. Sowohl analog als auch digital will man authentisch bleiben.

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