Areva steigt komplett aus dem Windkraftgeschäft aus. Stattdessen wird Siemens dort indirekt einsteigen. Wie Dirk Briese, Geschäftsführer bei der Windresearch GmbH, das bewertet, sagt er im Interview mit dem WESER-KURIER.
Überrascht Sie, dass Areva komplett aus dem Windkraftgeschäft aussteigt und seinen 50-Prozent-Adwen-Anteil verkauft?
Dirk Briese: Nein, das hatte sich beim französischen Staatskonzern, der sein Kerngeschäft mit Atomkraftwerken betreibt, bereits vor längerer Zeit angedeutet. Die ersten Anzeichen waren ja schon im Rahmen des Joint Ventures mit Gamesa deutlich zu sehen.
Ist es denn für Sie eine Überraschung, dass Siemens dort nun indirekt einsteigt, obwohl das Unternehmen in Cuxhaven einen neuen Produktionsstandort aufbaut?
Siemens hat ja mit der Übernahme von Gamesa im Prinzip die Aktivitäten schon „übernommen“. Offenbar waren die Angebote etwa von Mitbewerbern wie General Electric so gering, dass sich Siemens nun sozusagen umentschieden hat.

Dirk Briese ist Geschäftsführer von wind:research.
Welche Folgen könnte dieses Geschäft für Adwen in Bremerhaven haben?
Aus unserer Sicht gibt es zwei Alternativen, nachdem die vorhandenen Aufträge wie zum Beispiel für den Windpark Wikinger und der Prototyp 8 MW in Bremerhaven abgearbeitet sind: Entweder wird das Werk geschlossen und die Mitarbeiter werden – soweit benötigt – künftig in Cuxhaven eingesetzt. Oder das Werk wird als „Überlauf“ für die Produktion von Siemens genutzt. Den Erhalt einer eigenständigen Produktlinie Adwen Offshore Windturbinen halten wir in Bremerhaven zumindest langfristig für unwahrscheinlich.
Warum?
Siemens hat eigene, sehr gut im Markt stehende Anlagen mit einer entsprechenden Projektpipeline und baut in Cuxhaven gerade eine neue, optimierte Fertigung auf. Außerdem hat Siemens weitere, größere Anlagen in der konkreten Entwicklung. Die Produktion für die französischen Märkte würde und muss gegebenenfalls wegen der politischen Vorgaben – wenn nicht Siemens direkt beliefern darf – eher in Le Havre stattfinden.
Falls sich Siemens/Gamesa komplett aus der Seestadt herausziehen würden, was würde das für den geplanten OTB bedeuten?
Dadurch würde die potenzielle Auslastung des OTB natürlich noch weiter sinken; sofern Adwen überhaupt noch Aufträge akquirieren kann. Aber auch mit Adwen wäre ein OTB nicht ausreichend ausgelastet. Denn der Markt geht aufgrund des aktuell wieder novellierten Erneuerbare-Energien-Gesetz weiter zurück. In der nächsten Runde sollen erst einmal nur Parks in der Ostsee gebaut werden. Außerdem gibt es bereits eine funktionierende Hafeninfrastruktur, etwa mit den Häfen im niederländischen Eemshaven, im dänischen Esbjerg oder in Cuxhaven.
Wie beurteilen Sie die heutige Entwicklung von Adwen und Siemens generell?
Insgesamt ist die heutige Entwicklung ein weiterer Schritt in der von uns seit Längerem vorhergesagten weiteren Konsolidierung der Branche.
Das Gespräch führte Peter Hanuschke.