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KI im Unterricht Bremer Bildungsexperten werben für offenen Umgang mit Chat-GPT

Mit Chat-GPT lässt sich so manche Hausaufgabe sehr schnell erledigen. Für die Bildungsexperten Yvonne Schiemann und André Sebastiani ist das kein Problem. Sie werben für einen offenen Umgang mit der KI.
06.02.2023, 05:00 Uhr
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Bremer Bildungsexperten werben für offenen Umgang mit Chat-GPT
Von Björn Struß

Computerprogramme, die auf Knopfdruck lange Texte schreiben können, gab es schon viele. Doch Ende 2022 hat das US-Unternehmen Open-AI mit Chat-GPT neue Standards gesetzt. Weltweit lässt sich die künstliche Intelligenz (KI) mit einem Internetbrowser nach einer kostenfreien Registrierung nutzen. Inzwischen greifen etwa 100 Millionen Menschen pro Monat auf die Seite zu. Den Ansprüchen eines Schulaufsatzes genügt die Qualität der Computer-Texte allemal. An einer US-Elite-Uni hat Chat-GPT auch den Test eines Masterstudiengangs bestanden. Werden Schüler und Studenten ihre Hausaufgaben und Seminararbeiten also künftig von KI-Programmen schreiben lassen?

In der Bremer Bildungsbehörde beschäftigen sich mit dieser Frage Yvonne Schiemann und André Sebastiani. Sie arbeiten als Referenten im Bereich Medien und Bildung in der digitalen Welt. Mit Fortbildungen unterstützen sie die Lehrer im Bundesland, auch Referendare profitieren von ihrem Fachwissen.

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„Mein Sohn hat Chat-GPT bereits für eine Präsentation im Musikunterricht genutzt“, berichtet Sebastiani. In der zehnten Klasse sollte dieser sich mit der Ouvertüre in der Mozart-Oper „Die Zauberflöte“ beschäftigen. Mit drei gezielten Fragen lieferte Chat-GPT die nötigen Informationen, aus denen dann der kurze Vortrag entstand. „Dafür hat er in diesem Fach seine erste Eins bekommen“, sagt Sebastiani.

Für seine Kollegin Schiemann zeigt dies, wie sich die KI einsetzen lässt: „Die meisten Hausaufgaben sind mit der reinen Textproduktion nicht erledigt.“ Danach ginge es darum, ob das Ergebnis zur Aufgabenstellung passt und ob die Informationen korrekt sind. Das Unternehmen Open-AI macht selbst darauf aufmerksam, dass es zu inhaltlichen Fehlern kommen kann. Die Datengrundlage basiert auf dem Wissensstand des Jahres 2021. Chat-GPT kann also zum Beispiel nicht erklären, wie sich die Energiekrise entwickelt hat.

„Es ist eine große Aufgabe, mit den Texten zu arbeiten“, betont deshalb Bildungsexpertin Schiemann. Nun brauche es Kompetenzen, um mit der Technologie umgehen zu können. Schiemann und Sebastiani plädieren beide dafür, KI-Programme bewusst in den Unterricht zu integrieren. „Jegliche Abwehrgefechte können wir uns gleich sparen“, meint Sebastiani. Und Schiemann ergänzt: „Diese Technologie wird nicht verschwinden, sie wird uns weiter begleiten.“

Sebastiani sieht in Chat-GPT auch das Potenzial, die unterschiedlichen Startvoraussetzungen der Schüler etwas auszugleichen. „Kinder haben viele Fragen an die Welt, die sie zunächst ihren Eltern stellen. Wenn diese aber selbst keine Antworten haben oder kein Interesse besteht, sich mit den Fragen zu beschäftigen, kann daraus auf lange Sicht ein Nachteil werden“, erläutert der Experte, der sein Berufsleben als Grundschullehrer begonnen hat. In diesem Punkt könnten frei verfügbare KI-Programme für mehr Bildungsgerechtigkeit. Voraussetzung seien aber verlässliche und unverzerrte Informationen.

Eine Gefahr, dass die KI den Schülern zu viel helfen könnte, sieht der Referent nicht. „Bei Hausaufgaben gab es schon immer das Problem, dass die Lehrer nicht wissen, wer den Schülern dabei hilft“, so Sebastiani. Um das Programm nutzen zu können, müssten sich die Kinder auch ein paar Grundvoraussetzungen erarbeiten. „Ich muss wissen, was ich überhaupt haben möchte und was einen guten Text ausmacht. Für diese Kompetenzen müssen Schüler weiterhin zuerst lernen, selbst zu schreiben“, erläutert er.

An der Uni Bremen könnten auch Studenten Chat-GPT für ihre schriftlichen Prüfungsleistungen nutzen. „Aktuell gilt: Wenn Chat-GPT unerlaubt in Prüfungen eingesetzt wird, handelt es sich um einen Täuschungsversuch“, sagt Uni-Sprecherin Christina Selzer. Die Lehrenden reagierten auf die Technologie. „Viele Studiengänge entwickeln zurzeit Lernszenarien, die Chat-GPT nutzen.“ Auch das Prüfungssystem werde stetig weiterentwickelt. „Veränderungen der Prüfungsform und der Art der Aufgabenstellung sind schon vorgenommen worden und werden vorgenommen“, so Selzer. Sie rät grundsätzlich dazu, die Informationen genau zu prüfen: „Die KI ist nicht darauf programmiert, wahre Antworten zu liefern, sondern Antworten, die plausibel klingen.“   

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