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Defizitärer Umweltbetrieb Wie die Bremer Politik Problemen ausweicht

Bremens defizitärer Umweltbetrieb braucht eine Neuausrichtung. Die Politik weiß das, gibt sich aber mit Halbheiten zufrieden. Problembewältigung wird – auch hier – nur simuliert, meint Jürgen Theiner.
06.06.2024, 05:00 Uhr
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Wie die Bremer Politik Problemen ausweicht
Von Jürgen Theiner

Grünflächen und Friedhöfe pflegen, Spielplätze in Schuss halten, Abwassergebühren einziehen: Um diese Aufgaben kümmert sich der Umweltbetrieb Bremen (UBB). Zuletzt hat sich diese städtische Einrichtung mit ihren rund 440 Beschäftigten zu einem Sorgenkind des Finanzsenators entwickelt. Es ist nicht so groß wie die BSAG oder der Klinikverbund Geno. Das nicht. Aber es besteht Handlungsbedarf, um ein Millionendefizit einzudämmen.

Eine verantwortungsvolle Verwaltung würde in einer solchen Situation ein detailliertes und konkret durchgerechnetes Konzept vorlegen, mit dem man die Schieflage mittelfristig in den Griff bekommt. Und die zuständigen politischen Gremien würden diesen Sanierungsprozess vorantreiben, Schwachstellen des Konzeptes benennen und Nachbesserungen einfordern.

Was passiert beim UBB gerade tatsächlich? Nichts von alledem. Das Sanierungskonzept, das die UBB-Geschäftsführung vorgelegt hat, verdient diese Bezeichnung nicht. Man muss das so deutlich sagen. Auf gut 20 Seiten werden dort größtenteils Dinge in Aussicht gestellt, die in einem gut geführten Betrieb längst gängige Praxis sein sollten. Man liest dort etwa, dass Leistungsverträge für bestimmte Dienste von UBB "an die reale Kostenentwicklung" angepasst werden sollen – ja was denn sonst? Nicht gerade originell ist auch der Vorschlag, ungenutzte Flächen der Betriebshöfe und der kommunalen Friedhöfe auf eine mögliche Vermarktung zu überprüfen. Bereits das Standortkonzept des Umweltbetriebs aus dem Jahr 2015 empfahl ausdrücklich eine Reduzierung der Liegenschaften. Die Frage ist also eher, warum das nicht schon größtenteils umgesetzt gesetzt ist. Wobei man hinzufügen muss: Der Verkauf von Immobilien würde natürlich nur finanzielle Einmaleffekte erzeugen. Strukturelle Probleme lassen sich auf diese Weise nicht beheben.

Ungereimtheiten enthält das UBB-Papier auch an anderer Stelle. Einerseits bekennt sich die Geschäftsführung zu dem Ziel, die Umstellung des betriebseigenen Fuhrparks auf klimafreundliche Antriebe in den nächsten Jahren "signifikant voranzubringen". Wenige Absätze weiter wird dann bedauert, dass es am Markt gegenwärtig "keine adäquaten Angebote" für Fahrzeuge gebe, die den Anforderungen für Reichweite und Nutzlast genügen. Hü oder hott – das bleibt unklar.

Letztlich handelt es sich bei dem sogenannten Sanierungskonzept um einen bunten Strauß von Selbstverständlichkeiten, wohlklingenden Phrasen und Ankündigungen, die eher Eingeständnisse langjähriger Versäumnisse sind. Was völlig fehlt, sind Angaben dazu, wie sich die vorgeschlagenen Maßnahmen – so unverbindlich sie auch formuliert sein mögen – finanziell auswirken würden. Nichts ist durchgerechnet, es fehlen belastbare Zahlen. Wer in einem Privatunternehmen in verantwortlicher Position ein solches "Konzept" vorlegt, würde im günstigsten Fall ausgelacht. Wenn es schlecht läuft, vom Hof gejagt.

Am Dienstag tagte die Umweltdeputation. Es wäre dort an den Fachpolitikern der Bürgerschaft gewesen, der UBB-Geschäftsführung ihr dürftiges Papier zurückzugeben und sie dringend dazu aufzufordern, ihre Verantwortung ernster zu nehmen. Doch die Sitzung lief anders ab. Mit Ausnahme der FDP bedankten sich die Mitglieder artig bei der anwesenden UBB-Geschäftsführerin, und die Koalitionsfraktionen gaben acht Millionen Euro zur Defizitabdeckung frei, die an die Vorlage eines Sanierungskonzepts geknüpft waren. Eines tragfähigen allerdings.

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Das ist unverantwortlich. Nichts wird in einem Jahr besser sein. Die Probleme bestehen weiter. Man nimmt den Druck von den leitenden Akteuren des Umweltbetriebs und redet sich ein, auf dem richtigen Weg zu sein. Der Vorgang ist durchaus symptomatisch und spiegelt nicht nur die Verhältnisse im Umweltbetrieb. Die Bremer Politik ist voller Baustellen, die nicht ernsthaft angegangen werden. Es gibt wenig Mut zur Gestaltung, zur Neuausrichtung und zur Aufgabenkritik. Wenig Ehrgeiz, besser zu werden. Was stattfindet, ist häufig nicht Politik, sondern nur die Simulation von Problembewältigung.

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