Die BLB machte am Mittwochabend einen erneuten Millionenverlust und ihren Fahrplan mit zwei Maßnahmen publik. Anfang des Jahres soll mit der NordLB ein Beherrschungsvertrag unterzeichnet werden.
Die Art und Weise, wie die Bremer Landesbank (BLB) ihren erneuten Millionenverlust am Mittwochabend publik gemacht hat, lässt aufhorchen: Um 22.14 Uhr vermeldete das Institut, dass es für das laufende Geschäftsjahr mit einem Minus in Höhe eines hohen dreistelligen Millionenbetrages rechnet. Schuld sind erneut die faulen Schiffskredite, für die die BLB ihre Risikovorsorge wieder einmal aufstocken muss.
Beim letzten Mal, als eine ähnliche Mitteilung verschickt wurde, setzte das eine ganze Welle von Ereignissen in Gang: Im Juni fielen wegen des Schiffsportfolios ebenfalls hohe Wertberichtigungen an, die die Bank allein nicht mehr stemmen konnte; nach zähem Ringen einigten sich die BLB-Träger schließlich darauf, dass das Institut komplett an den Mehrheitseigner NordLB übergeht; zum Jahreswechsel gibt das Land Bremen nun seinen Anteil von 41,2 Prozent und damit seinen Einfluss auf die Bank auf. Und nun schon wieder so eine Mitteilung.
Fahrplan der BLB
Doch es sind weniger die noch höher ausfallenden roten Zahlen, die stutzig machen, als der Fahrplan für die kommenden Monate, den die BLB in der Meldung bekannt gibt. Dieser beinhaltet zwei Maßnahmen: Zum einen soll zwischen der NordLB und der Bremer Landesbank ein Beherrschungsvertrag geschlossen werden. Zum anderen soll nach Abschluss dieses Vertrages für die BLB ein sogenannter Waiver bei der Europäischen Zentralbank beantragt werden.
Ein Sprecher der NordLB bezeichnet das als einen normalen Vorgang. Mit dem Beherrschungsvertrag werde das Verhältnis zwischen Mutter- und Tochterunternehmen geregelt – ein Konstrukt, das nach seiner Aussage in der Vergangenheit ebenfalls bei der Übernahme der Deutschen Hypo durch die Hannoveraner angewandt wurde.
„Wenn die Tochter einen Gewinn ausweist, dann wird bei der Mutter entschieden, ob der Gewinn in der Bank bleibt oder der Mutter zugeführt wird. Und andersherum: Wenn die Tochter Verluste macht, steht die Mutter dafür gerade“, erklärt er.
Beide Banken machen Verluste
Verlustreich sind derzeit beide Banken. Auch die Hannoveraner müssen wegen der Schifffahrtskrise ihren Risikopuffer aufstocken – in den ersten neun Monaten des Jahres waren es für beide Institute zusammen etwa 1,6 Milliarden Euro. Bis Ende Dezember soll die Summe auf mehr als zwei Milliarden Euro anwachsen. Das teilte die NordLB am Donnerstag bei der Bekanntgabe ihrer Quartalszahlen mit.
Den Angaben zufolge wird das Schiffskreditgeschäft weiter reduziert: Es dürfte zum Jahresende auf 16 Milliarden Euro und bis Ende 2018 auf zwölf bis 14 Milliarden Euro sinken. Wie das möglich werden kann, hat in diesem Sommer ein Geschäft gezeigt: Im August wurde bekannt, dass der US-amerikanische Finanzinvestor KKR Credit und ein nicht näher beschriebener Staatsfonds der NordLB einhundert Schiffe im Wert von insgesamt 1,3 Milliarden Euro abkaufen.
Das Hannoveraner Institut schrieb indes auch im dritten Quartal rote Zahlen: Die ersten neun Monate schloss es mit einem Verlust von 736 Millionen Euro nach Steuern ab. Für 2017 geht die NordLB aber wieder von einem deutlichen Gewinn aus. Nach Aussagen des scheidenden Vorstandschefs Gunter Dunkel rechnet die Bank mit einem operativen Ergebnis von einer Milliarde Euro.
NordLB kann die Herausforderung meistern
„Die NordLB kann die Herausforderungen aus eigener Kraft meistern“, sagte er. „Das gilt auch nach der Verarbeitung des Negativergebnisses für das Gesamtjahr 2016 und auch nach der vollständigen Übernahme der Bremer Landesbank.“ Trotz des verlustreichen Jahres bei der BLB stelle man das geplante Geschäft nicht infrage.
Zumal mit dem künftigen Beherrschungsvertrag die Möglichkeit besteht, dass von Hannover aus bei der Bremer Landesbank durchregiert wird. Das bestätigt auch Bernd Scholl vom Institut für Bankrecht an der Kölner Universität. „Das herrschende Unternehmen, also die NordLB, ist berechtigt, dem Vorstand des beherrschten Unternehmens, der BLB, Weisungen zu erteilen.“ Durch ein solches Papier verliere ein Institut wirtschaftlich seine Selbstständigkeit.
Eine Situation, die der Bremer Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel mit Sorge sieht: „Der formale Anspruch auf Eigenständigkeit geht verloren“, sagt er. Es sei von Anfang an klar gewesen, dass es nach der Übernahme Synergieeffekte geben würde. Aus Sicht von Hickel seien die Äußerungen über die künftige Eigenständigkeit der BLB nicht mehr als „Lippenbekenntnisse“ gewesen.
Für Hickel bestätigt sich in der jüngsten Mitteilung der Bremer Landesbank nun „das rationale Vorgehen“ des neuen BLB-Vorstands Christian Veit: „Er hat die Rolle übernommen, die schlechten Botschaften zu überbringen.“ Mit solch einer Meldung sei der Weg frei für einen Stellenabbau, der möglicherweise über die bereits im Raum stehenden 20 Prozent hinausgehen könne.
Vertrag noch in diesem Jahr
Doch wie passt das mit den Aussagen zusammen, dass die Bremer Landesbank innerhalb des NordLB-Konzerns ihre Eigenständigkeit behalten soll? Insidern zufolge könnten entsprechende Passagen in einen solchen Beherrschungsvertrag aufgenommen werden. Weil das Papier noch in diesem Jahr unterschrieben werden soll, sitzen dann die bisherigen Träger an einem Tisch: Das sind neben der NordLB derzeit noch der Sparkassen- und Giroverband Niedersachsen sowie – das Land Bremen.
Geplant ist, dass sie den Vertrag am 2. Dezember auf den Weg bringen. Die Bankenkenner gehen davon aus, dass es bei den Absprachen bleibt, dass die Bremer auch in Zukunft mit einem eigenen Aufsichtsrat, Kundenstamm, Risikocontrolling und einem Vorstand ausgestattet sein werden, der die Geschicke von vor Ort steuert. Auch von einem zusätzlichen Stellenabbau sei in diesem Zusammenhang keine Rede.
Der Waiver setzt eine Mutter-Tochter-Beziehung zwischen zwei Unternehmen voraus. Bankrechtler Scholl erklärt: „Jede Bank ist im Normalfall dazu verpflichtet, die regulatorischen Vorschriften selbst einzuhalten. Die Bankenaufsicht kann aber unter bestimmten Bedingungen Ausnahmen gelten lassen.“
Diese Bedingungen sind spätestens durch die Komplettübernahme offenbar erfüllt. Ziel sei, so der Sprecher der NordLB, dass die BLB bestimmte Anforderungen in Zukunft nicht mehr erfüllen muss, weil die Konzernmutter in jedem Fall einspringe. „Die Vorschriften, die es bislang gegeben hat, wird es dann nicht mehr geben.“
EZB beeinflusste BLB
Fakt ist: Bereits in der Vergangenheit hat die Europäische Zentralbank Entscheidungen bei der Bremer Landesbank beeinflusst. Ende Dezember hatte eine Prüfung durch die EZB das Institut nach eigenen Angaben dazu veranlasst, umgehend noch mehr Schiffe als bislang abzustoßen. Nur kurze Zeit später verschärfte die Aufsichtsbehörde ihre Forderungen noch einmal: Es standen zusätzliche Wertberichtigungen in Höhe von 700 Millionen Euro an.
Aus Sicht von Wirtschaftswissenschaftler Hickel zeige der Waiver indes, wie schlecht es um die Bremer Landesbank und ihre Eigenkapitalquote bestellt sei. „Er ist ein Hebel, um die Bank zu retten“, sagt er. Der Waiver würde dem Institut nun Zeit verschaffen, um sich von den faulen Schiffskrediten zu trennen. Und falls sich die Lage der Bank nicht verbessern sollte? Dann, so zieht Hickel in Betracht, ist am Ende für das Schiffsportfolio vielleicht doch noch ein Bad-Bank-Szenario möglich.