Am Ende soll es ein Hintermann aus Dubai gewesen sein, der hinter all dem steckt, wofür sich seit Anfang Oktober vier Männer vor dem Landgericht Bremen verantworten müssen. Von ihm sei der Auftrag gekommen, 37 Kilo Kokain aus einem Container in Bremerhaven zu holen, erzählt der 29-Jährige, der eigentlich als Kopf des angeklagten Quartetts galt, zu Beginn des Verhandlungstages am Freitagmorgen. Aber den Namen des Mannes aus Dubai will er lieber nicht nennen. Könnte gefährlich werden für ihn und seine Familie.
In der Frühphase dieses Prozesses hatte es einen Verständigungsvorschlag des Gerichts gegeben: Gegen umfassende Geständnisse sollten die Angeklagten Freiheitsstrafen von maximal fünf bis acht Jahren bekommen. Doch auf diesen Deal wollten sich die beiden angeklagten Brüderpaare aus dem hessischen Bad Hersfeld nicht einlassen. Kurz vor Prozessende räumen sie die Taten nun ein.
Den Auftakt macht der 29-Jährige, der bislang als Drahtzieher galt. Er soll die Tat eingefädelt und koordiniert haben. Kurioserweise via Smartphone aus einem Drogentherapiezentrum in Göttingen heraus. Was er auch einräumt, dabei aber nach Kräften versucht, seine eigene Beteiligung herunterzuspielen. Besagter Mann aus Dubai habe ihn über Instagram kontaktiert. Es gebe ein Problem mit der Bergung von Drogen aus einem Container, der in Bremerhaven stünde, ob er dabei helfen könne. 5000 Euro sollten dabei für ihn herausspringen. Und weitere 5000 für jeden, der ihn dabei unterstützt.
Er habe das Angebot aber abgelehnt. „Ich war ja froh, endlich einen Therapieplatz zu haben und wollte damit nichts zu tun haben.“ Auf die Frage, ob er denn jemand anderen wüsste, habe er dann allerdings seinen Cousin vermittelt.
Damit sei die Sache im Prinzip für ihn erledigt gewesen, den direkten Kontakt nach Dubai hatte ja nun sein Cousin. Doch dann sei der Auftraggeber in Dubai plötzlich für seinen Cousin nicht mehr erreichbar gewesen. So habe letztlich doch er selbst alles koordinieren müssen. Er habe die anderen sozusagen von Göttingen aus „mit dem Handy begleitet“. So habe sich alles völlig anders entwickelt, als er dachte, beteuert der Angeklagte. „Ich war weit mehr in die Sache verstrickt, als ich wollte.“
Alles Familiensache
Der Cousin wiederum heuerte als Helfer den 35-jährigen Bruder des 29-Jährigen an. „Komm, lass mal spazieren fahren.“ Was er nur zu gern getan habe, weil ihm zu Hause ohnehin gerade die Decke auf den Kopf gefallen sei, erzählt der 35-Jährige. „Ich war froh über die Chance, dort herauszukommen.“ Und als ihm dann bewusst wurde, worum es bei der „Spazierfahrt“ ging, habe er seinen Cousin nicht alleine lassen wollen. „Auch wenn es vielleicht komisch klingt – ich bin älter als er und ich fühlte mich für ihn verantwortlich.“ Die Möglichkeit, „sich was dazuverdienen“, habe er natürlich auch gesehen, räumte der 35-Jährige ein.
Der Vierte im Bunde, ein Bruder des Cousins, kam erst nachträglich dazu. Sein Bruder habe ihn aus Bremerhaven angerufen, erzählt der Mann. Er brauche einen Werkzeugkoffer, die Sache sei dringlich. Deshalb sei er hinterhergefahren. „Für meinen Bruder würde ich alles machen. Wir haben eine enge Verbindung.“ Und vor Ort, am Containerhafen, habe er sich dann gedacht: „Wenn ich sowieso schon in Bremerhaven bin, kann ich auch behilflich sein.“
Von den Details des Verbrechens, der Drogeneinfuhr oder dem weiteren Bestimmungsort für das Kokain, will keiner der vier Angeklagten gewusst haben. Einig ist sich das Quartett aber darüber, dass „die ganze Aktion ein einziges Chaos war“. Zwei von ihnen konnte die Polizei noch vor Ort festnehmen, die beiden anderen wenig später. Womit es den vieren nicht anders erging als vier ebenfalls an dem Coup beteiligten jungen Holländern, die dafür schon zu Freiheitsstrafen verurteilt wurden.
Und noch etwas eint die beiden Brüderpaare aus Bad Hersfeld kurz vor ihrer Verurteilung: Unisono bezeichnen sie ihre Tat als „großen Fehler“ und beteuern, wie sehr sie es bereuten, sich darauf eingelassen zu haben. Seine Frau und seine Kinder stünden nun alleine da, „ich habe als Vater versagt“, sagt einer der Angeklagten. Und sein Nebenmann, wohl wissend, dass dieser Prozess in jedem Fall mit einer längeren Haftstrafe enden wird: „Ich will die Haftzeit nutzen, um mein Leben zu ordnen und nicht mehr mit dem Gesetz in Konflikt geraten.“
Die Verhandlung wird am 20. Dezember fortgesetzt.