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Öffentlicher Dienst Fachkräftemangel in Bremen weitet sich aus

In Bremen sind rund 500 Stellen im öffentlichen Dienst unbesetzt und 7258 Beschäftigte und Beamte über 55 Jahre alt. Der Fachkräftemangel weitet sich zur Krise aus, wenn die Politik nicht gegensteuert.
15.08.2023, 05:00 Uhr
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Fachkräftemangel in Bremen weitet sich aus
Von Ulrike Troue
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Ob bei der Polizei, im Bürgeramt, in Kitas und Kliniken – überall fehlt Personal. Das führt bei denen, die täglich zur Arbeit gehen, zu Überbelastung und zu längeren Warte- und Bearbeitungszeiten. „Der bundesweite Fachkräftemangel ist auch im öffentlichen Dienst in Bremen spürbar und wirkt sich in nahezu allen Bereiche aus“, bestätigt das Finanzressort. Und die Lücke klafft künftig noch weiter auseinander.

Wie groß ist die Personallücke bundesweit?

Nach Angaben des Deutschen Beamtenbunds sind aktuell rund 360.000 Stellen im öffentlichen Dienst unbesetzt. Bis 2030 gehen zudem etwa 1,3 Millionen Beschäftigte des öffentlichen Dienstes in den Ruhestand. „Wenn wir bei Digitalisierung und Bürokratieabbau nicht endlich vorankommen, wird der bevorstehende Personalmangel Bearbeitungsfristen verlängern, Betreuungsschlüssel verschlechtern und die staatliche Leistungsfähigkeit insgesamt signifikant schwächen“, mahnte Ulrich Silberbach, Chef des Beamtenbundes, im Tagesschau-Interview und fordert Gegenmaßnahmen.

Wie viel Personal fehlt in Bremen? 

In Bremen sind derzeit 486 Stellen des öffentlichen Dienstes unbesetzt, wie das Finanzressort mitteilt. Am Stichtag 1. Dezember 2022 waren von insgesamt 30.588 Arbeitnehmern in der Kernverwaltung und Ausgliederungen des Landes und der Stadtgemeinde Bremen 7258 Beschäftigte und Beamte über 55 Jahre alt. Die meisten sind in den Schulen, bei Kita Bremen und im Amt für Soziale Dienste tätig.

Welche Prognosen gibt es bis 2030?

Auf der Basis des aktuellen Personalstands gehen 1158 Beschäftigte und Beamte bis Ende 2025 durch Erreichen der Altersgrenze in den Ruhestand. Diese Zahl erhöht sich nach einer im Haus des neuen Finanzsenators Björn Fecker (Bündnis 90/Die Grünen) geführten Übersicht bis 2030 um 3481 auf 4639 Abgänge.

„Durch vorzeitige Abgänge, Verlängerungen der Lebensarbeitszeit und andere Änderungen können sich die Werte noch deutlich ändern“, heißt es dazu. Wenn durch Neueinstellungen, Ausbildungsoffensive und die Kampagne „Mach Bremen zu Deinem Beruf“ sowie das neue Karriereportal nicht genug Kräfte nachrücken, spitze sich die Situation weiter zu.

Wie wird gegengesteuert? 

Im nächsten Jahr sollen 501 Auszubildende mit der Aussicht auf dauerhafte Übernahme in den öffentlichen Dienst in Bremen qualifiziert werden – und 2025 dann 545. Die meisten Plätze sind mit jeweils 225 bei der Polizei Bremen und Bremerhaven angesiedelt. Damit wird der gewachsenen Bedeutung des Themas Sicherheit Rechnung getragen, da die Aufgaben der Polizei ständig wachsen, sich seit Jahren ein Ermittlungsstau aufgebaut hat und der Personalpool nicht angemessen aufgestockt werden konnte.

Im Bildungsbereich führt der Fachkräftemangel zu Unterrichtsausfällen und dazu, dass Kinder im Kita-Alter unversorgt bleiben. Zuletzt konnten rund 100 Lehrerstellen an Bremer Schulen nicht besetzt werden. Bildungssenatorin Sascha Aulepp (SPD) rechnet damit, dass zu Beginn des neuen Kindergartenjahres mindestens 3500 Kitaplätze und rund 1600 Krippenplätze in der Stadt fehlen. „Viele Beschäftigte im Bildungsbereich gehen in Teilzeitarbeit, um der persönlichen Überlastung zu entkommen“, sagte Daniel Merbitz, Vorstandsmitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, den Zeitungen der „Funke Mediengruppe“.

Wird der öffentliche Dienst attraktiver?

"Die Einsparungen am Personal (PEP-Quote) bis 2018 schlagen heute ins Kontor, jetzt wo die geburtenstarken Jahrgänge in Ruhestand gehen“, stellt Ernesto Harder fest, Vorsitzender des DGB-Stadtverbands Bremen und Geschäftsführer des DGB Bremen-Elbe-Weser. „Der öffentliche Dienst galt lange als sicherer Arbeitgeber. Attraktiv ist er heute aber nur noch bedingt.“ Im gehobenen, aber auch im mittleren Dienst sei der Reiz einer Stelle in der Privatwirtschaft gestiegen. 

Ein attraktiver Arbeitgeber muss Harder zufolge mehr bieten als nur Sicherheit, zum Beispiel eine gute Führungskultur, weniger Befristungen und Aufstiegschancen. „Viele arbeiten auf Stellen, für die sie eigentlich besser bezahlt werden müssten“, so Harder. Es sei an der Zeit, vermehrt auf neue Arbeitszeitmodelle zu setzen, wie eine Viertagewoche im Gesundheits- und Pflegebereich sowie in öffentlichen Dienststellen.

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