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Glücksspiel Wettanbieter reagieren auf Mäurers Drohung

Bremens Wettspielanbieter sollten nachweisen, woher sie das Geld zur Eröffnung ihrer Wettbüros haben. Dieser Aufforderung kamen sie laut Innensenator Mäurer nicht nach. Nun droht er ihnen mit Schließungen.
27.07.2022, 17:38 Uhr
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Wettanbieter reagieren auf Mäurers Drohung
Von Ralf Michel

Den Bremer Wettspielanbietern droht die Schließung aller ihrer Spielstätten. Im  Genehmigungsverfahren für die Wettbüros hat die Innenbehörde den Nachweis gefordert, woher das Geld zum Betreiben der Sportwettbüros in Bremen stammt. Dieser Aufforderung sind die Veranstalter laut Innenbehörde nicht nachgekommen. Daraufhin haben sie sogenannte Versagungsbescheide erhalten. Mit Erhalt dieses Bescheides stellt die Vermittlung von Sportwetten illegales Glücksspiel dar. Allerdings wurde den Veranstaltern eine Anhörungsfrist eingeräumt. Lassen sie auch diese verstreichen, erhalten sie eine Schließungsverfügung. Die würde notfalls auch mit polizeilichen Mitteln durchgesetzt, betonte Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) am Mittwoch im Rahmen einer Pressekonferenz.

Auf dem bremischen Wettspielmarkt sind aktuell vier Veranstalter aktiv: Tipico, Happybet, Tipwin sowie XTip. Diese vier haben für die Stadtgemeinde Bremen die Erlaubnis zum Betrieb von insgesamt 32 Sportwettbüros beantragt. 24 davon gibt es bereits. Sie waren bislang rechtlich aber nur geduldet und müssen nach Inkrafttreten des bundesweit geltenden Glücksspielstaatsvertrags behördlicherseits genehmigt werden. Acht weitere Sportwettbüros sollten nach Wunsch der Veranstalter neu hinzukommen. Betrieben werden die Wettbüros in Bremen nicht von den Veranstaltern selbst, sondern von insgesamt zehn Franchiseunternehmen.  

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Die vier Veranstalter, die Erlaubnisanträge zum Betrieb von Wettbüros gestellt haben, wurden vom Bremer Ordnungsamt schriftlich aufgefordert, nachvollziehbar darzulegen, woher das Geld der Franchiseunternehmen, also ihrer Geschäftspartner, zur Eröffnung der jeweiligen Wettbüros stammt. Laut Innenbehörde sind hierfür bis zu 120.000 Euro notwendig. 

Juristisches Neuland

"Da ist nicht viel gekommen", fasst Hilke Hülsmann, Glücksspielreferentin der Bremer Innenbehörde, die Reaktion der Veranstalter auf die Bremer Forderung zusammen. In Einzelfällen sei geantwortet worden, aber wenn, dann nur kleckerweise und mit unbrauchbarem Material. "Keine konkreten Angaben dazu, dass das Geld aus rechtmäßigen Quellen stammt." Die Innenbehörde habe daraufhin noch ein zweites Schreiben auf den Weg geschickt, um darzulegen, was genau man erwarte – Eröffnungsbilanzen, Schlussbilanzen, Verträge –, doch auch dies sei ohne Erfolg geblieben.

Bremen ist das einzige Bundesland, das einen Finanzierungsnachweis für die einzelnen Betreiber einfordert. Nach dem bundesweit geltenden Glücksspielstaatsvertrag müssen nur die Veranstalter, also Unternehmen wie zum Beispiel Tipico oder Bwin, darlegen, woher ihr Geld für die Geschäftsgründung stammt. Bremen geht einen Schritt weiter und hat diese Verpflichtung per Gesetz auf die Betreiber der Wettbüros vor Ort ausgeweitet. Damit will der Innensenator ein Schlupfloch schließen, das er im bundesweit geltenden Geldwäschegesetz ausgemacht zu haben meint.

In einer Branche, in der erwiesenermaßen ein hohes Risiko für Geldwäsche bestehe, benötigen die Betreiber der Spielstätten lediglich eine allgemeine Zuverlässigkeitsbescheinigung, um Sportwetten anbieten zu dürfen, erläutert Hilke Hülsmann, Glücksspielreferentin der Bremer Innenbehörde. Dafür reiche in der Regel ein Führungszeugnis beziehungsweise die Überprüfung des Bundeszentralregisters auf etwaige Vorstrafen der Betreiber. Schwachstelle dabei aus Sicht der Innenbehörde: Wird ein unbescholtener Strohmann als Geschäftsführer einer solchen Spielstätte eingesetzt, ist alles in Ordnung. Deshalb die Forderung, für jeden einzelnen Betrieb nachzuweisen, woher das Geld für das Wettbüro stammt. „Im Kern geht es uns darum, die Zuverlässigkeit dieser Betreiber zu überprüfen“, betont Mäurer. „Wir wollen zudem sicherstellen, dass hier keine Gelder aus dunklen Geschäften wie Drogen- oder Menschenhandel gewaschen werden und auf diese Art und Weise in den legalen Geldkreislauf fließen können.“

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Möglich macht dies alles § 3 Absatz 1, Ziffer 4 des Bremischen Glücksspielgesetzes. Und gut möglich, dass dieser Paragraf in den kommenden Jahren Verwaltungsgerichte durch alle Instanzen beschäftigen wird. Mäurer zumindest geht davon aus. "Wir betreiben mit dieser Regelung rechtliches Neuland. Das ist immer ein gewisses Risiko." Es sei damit zu rechnen, dass die Veranstalter gerichtlich gegen den Bremer Vorstoß vorgehen, schließlich gehe es für sie um viel Geld. 

Mit der Ablehnung der vorliegenden 34 Anträge haben die jeweiligen Wettbüro-Betreiber eine Anhörung für eine Schließungsverfügung erhalten, erläutert Hilke Hülsmann das weitere formale Verfahren. Bis Anfang August bleibt ihnen nun Zeit, darzulegen, woher ihr Kapital stammt. Unterbleibt auch dies, wird die Innenbehörde Schließungsverfügungen gegen die bereits bestehenden Wettbüros erlassen. Spätestens hier dürfte der Gang vors Verwaltungsgericht programmiert sein.

Reaktion des Sportwettenverbandes

Am Mittwochabend meldete sich auf Anfrage des WESER-KURIER der Deutsche Sportwettenverband (DSWV), der Zusammenschluss führender deutscher und europäischer Sportwetten-Anbieter, zu Wort. Er hält die angekündigte Schließung der Wettbüros für rechtswidrig und kündigte an, dass die Anbieter vor Gericht ziehen werden. Mäurers Vorstoß sei eine "eine politisch motivierte Aktion".

Die Aussagen Mäurers auf der Pressekonferenz weist DSWV-Präsident Mathias Dahms als falsch zurück: "Die Zuverlässigkeit der Anbieter wurde auf Herz und Nieren geprüft und selbstverständlich auch die rechtmäßige Herkunft deren Betriebsmittel nachgewiesen." Auch hinsichtlich der Betreiber der Wettbüros und deren finanzieller Mittel seien der Bremer Innenbehörde "umfangreiche und aussagekräftige Unterlagen" vorgelegt worden. "Geldwäscheexperten haben die Nachweise bestätigt."

"Rechtlich fragwürdig"

Rückfragen zu den vorgelegten Unterlagen habe es seitens der Behörden nicht gegeben. Stattdessen seien die Anträge abgelehnt und die Schließung angedroht worden. "Ein rechtsstaatlich sauberes Vorgehen sieht anders aus", kritisiert Dahms. "Dass nach Monaten ohne Reaktion seitens der Behörde nun plötzlich am selben Tag alle 32 Erlaubnisanträge abgelehnt wurden, lässt darauf schließen, dass es sich hierbei um einen willkürlichen, rechtlich fragwürdigen und vollkommen unverhältnismäßigen Akt handelt, der allein der Erreichung politischer Ziele dient."  Den Wettanbietern bleibe daher nur der Gang vor die Verwaltungsgerichte.

+++ Diese Geschichte wurde um 18:15 aktualisiert. 

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