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Neues Gesetz geplant Spielhallen und Wettanbieter sollen weiter weg von Schulen

Innen- und Wirtschaftsressort arbeiten an einer Novellierung des Glücksspielrechts. Werden die Pläne umgesetzt, könnte sich die Zahl der Spielhallen und Wettanbieter in Bremen ab 2025 drastisch reduzieren.
08.04.2022, 11:59 Uhr
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Spielhallen und Wettanbieter sollen weiter weg von Schulen
Von Ralf Michel

Das Glücksspielrecht in Bremen soll geändert werden. Vorgesehen sind unter anderem größere Mindestabstände der Spielstätten untereinander, aber auch zu Schulen – 500 statt wie bisher 250 Meter –, sowie die Erhöhung des Mindestalters zum Besuch von Spielhallen und Wettvermittlungsstellen – 21 statt 18 Jahre. Schon dies dürfe die Zahl der Glücksspielstätten drastisch reduzieren. Damit allerdings noch nicht genug. Geht es nach Innensenator Ulrich Mäurer (SPD), dann wird es künftig in bestimmten, sozial benachteiligten Stadtteilen überhaupt keine Glücksspielstätten mehr geben.

Das Thema Glücksspiel ist seit Jahren Gegenstand von Gesetzgebungsverfahren, gipfelnd im Glücksspielstaatsvertrag 2021. Eine komplexe Angelegenheit, die noch dazu durch unterschiedliche Zuständigkeiten kompliziert wird. So ist für die Spielhallen mit Glücksspielautomaten in Bremen die Wirtschaftsbehörde zuständig, für die Wettvermittlungsstellen wie "bwin", "tipico" oder "bet3000" aber das Ordnungsamt, also die Innenbehörde.

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Bislang gibt es noch unterschiedliche Regelungen für die beiden Bereiche. Auch und gerade bei der Vergabe von Konzessionen. Hier soll nun durch ein neues, einheitliches Gesetz Klarheit geschaffen werden – unter anderem durch die Verschärfung der Abstandsregelungen, dem Verbot von mehreren Spielhallen in einem Gebäudekomplex und das Anheben des Mindestalters zum Betreten von Spielhallen und Wettbüros.

Losentscheid möglich

Laut Innenbehörde geht es bei dem neuen Gesetz aber auch darum, die bisherige Ungleichbehandlung von Spielhallenbetreibern und den Anbietern von Sportwetten zu beseitigen. Deshalb sei nach einer Übergangszeit eine "Stunde Null" vorgesehen – ein Stichtag Ende 2024, an dem alle bis dahin in Bremen vergebenen Konzessionen für Wettanbieter und Spielhallenbetreiber erlöschen. Sie können anschließend zwar neu beantragt werden, würden dann aber nach den Vorgaben des neuen Gesetzes vergeben. Bleibt durch die neuen Abstandsregelungen an den begehrtesten Standorten weniger Platz für Spielstätten, müsste im Zweifelsfall das Los entscheiden. 

Innensenator Ulrich Mäurer geht auch dies noch nicht weit genug. Neueste Studien hätten ergeben, dass die Zahl der Menschen in Deutschland mit problematischem und pathologischem Glücksspielverhalten deutlich höher liege als die bislang angenommenen knapp 500.000 Personen. "Nunmehr ist von 1,3 Millionen Menschen mit gestörtem Glücksspielverhalten die Rede." Für Bremen träfe dies in der Altersgruppe der 18- bis 70-Jährigen auf 10.700 Menschen zu. Folgen davon seien oft hohe Schulden, psychische Belastungen, familiäre Konflikte und der Verlust sozialer Kontakte. 

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Eine Möglichkeit, diesen Menschen zu helfen, sei es, die Verfügbarkeit von Glücksspielen zu reduzieren, wie durch die in der Novellierung des Gesetzes vorgesehene Ausweitung der Mindestabstände und andere Regelungen. "Alles hilfreich, aber nicht wirklich die Lösung der Probleme", sagt Mäurer. "Wir müssen uns gezielt und in besonderem Maße um die besonders glücksspielsuchtanfälligen Menschen kümmern, die überwiegend dort leben, wo soziale Missstände festzustellen sind." Also in den Stadtteilen, in denen die Arbeitslosigkeit höher und das Einkommen niedriger sei, wo es Bildungs- und Integrationsdefizite gebe und das Risiko, dem Glücksspiel zu verfallen, besonders hoch sei, zählt der Innensenator auf. "Wir haben kein Problem mit Glücksspielen in Bremen, wir haben Probleme damit in einigen Stadtteilen."

Stadtteile ganz ohne Spielstätten

133 Spielhallen und 44 Wettvermittlungsstellen gibt es derzeit in der Stadt Bremen. Geballte Ansammlungen von Spielstätten gibt es neben dem Bereich rund um den Hauptbahnhof unter anderem in Stadtteilen wie Gröpelingen, Hemelingen oder Blumenthal. Hieran will die Innenbehörde unter Zuhilfenahme des Baurechts etwas ändern. Dort sind – Stichwort "Soziale Stadt" – benachteiligte Gebiete längst festgelegt. "Hier würde ich mich in einem zweiten Schritt dafür aussprechen, den Betrieb von Spielstätten gänzlich auszuschließen", erklärt Mäurer. Allerdings bedürfe es dazu vorab einer breiten Abstimmung und Beratung mit den betroffenen Beiräten. "Ich hoffe auf die Unterstützung an der Basis – sonst geht es nicht."

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Dass die Reduzierung der Glücksspielangebote ein erfolgversprechendes Mittel ist, um Menschen mit problematischem Glücksspielverhalten zu schützen, zeigten aktuelle Erkenntnisse der Suchtforschung. Auch eine Entwicklung während des Corona-Lockdowns weise in diese Richtung: Die Vermutung, dass die Glücksspieler wegen der geschlossenen Spielstätten auf Online-Angebote ausweichen würden, habe sich nicht bestätigt, sagt Mäurer. Stattdessen hätten eine Reihe von Personen aufgehört, zu spielen. "Und zwar allein deshalb, weil die Spielstätten geschlossen waren, also der Anreiz gefehlt hat." 

Die Senatsvorlage zur Änderung des Bremischen Spielhallengesetzes sowie glücksspielrechtlicher Regelungen soll noch vor Ostern im Senat beraten werden. Strittige Punkte gibt es dem Vernehmen nach nicht mehr, "es herrscht vollständige Einigkeit", sagte Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke). Ziel der gemeinsamen Bemühungen sei die Bekämpfung der Glücksspielsucht, die Begrenzung des Spielbetriebes sowie der Schutz von Spielern und insbesondere Jugendlichen, betont Vogt.  Zu der vom Innensenator angesprochenen Frage, ob es künftig in bestimmten, sozial benachteiligten Stadtteilen überhaupt keine Glücksspielstätten mehr geben soll, sei vereinbart worden, dass zunächst die Wirkungen der gesetzlichen Neuregelungen analysiert und eine Beratung mit den Beiräten der betroffenen Stadtteile erfolgen solle.

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