Schädelprellung nach Tritten gegen den Kopf, Stichverletzungen durch Messerangriffe, Knochenbrüche im Gesicht als Folgen von Schlägereien: Krankenhäuser registrieren eine Zunahme von Patienten mit schweren Verletzungen infolge gewalttätiger Auseinandersetzungen. Auch in Bremer Kliniken und im Rettungsdienst macht sich dies bemerkbar.
„Wir beobachten in der Notaufnahme schon seit einigen Jahren eine Zunahme von Stich- und Schussverletzungen sowie von Verletzungen, die von Angriffen mit körperlicher Gewalt verursacht wurden“, sagt Karen Matiszick, die Sprecherin der Gesundheit Nord. Der Klinikverbund betreibt am Klinikum Mitte Bremens größte Notaufnahme. „Die Verletzungen, die durch Prügeleien, Tritte gegen den Kopf oder anderes verursacht wurden, treten nach unserer Beobachtung gehäuft nach Veranstaltungen auf. Anders gesagt: Immer dann, wenn viele Menschen zusammenkommen und Alkohol im Spiel ist“, so Matiszick.
In Bremen sei dies etwa zu Zeiten des Freimarkts der Fall oder nach Fußballspielen. Schuss- und Stichverletzungen dagegen könnten nach Erfahrung des Klinikverbundes nicht mit solchen Ereignissen in Verbindung gebracht werden. Dies seien lediglich Beobachtungen, konkrete Statistiken würden in der zentralen Notaufnahme nicht geführt.
In der vergangenen Woche berichtete die Berliner Charité, dass die Zahl der Patienten mit Stichverletzungen deutlich ansteige. „Wir haben normalerweise etwa 50 bis 55 Messerstichverletzungen pro Jahr, aber die haben wir schon im ersten Halbjahr dieses Jahres“, sagte Ulrich Stöckle, geschäftsführender Direktor des Centrums für Muskuloskeletale Chirurgie der "Berliner Morgenpost". Er habe den Eindruck, dass die Brutalität insgesamt zunehme.
Diese Beobachtung macht auch der ärztliche Leiter des Rettungsdienstes in Bremen. „Rohheit und Aggressivität haben deutlich zugenommen“, sagt Andreas Callies. „Alkohol und Drogen sind unsere Hauptprobleme, die damit zusammenhängen.“ Die Verletzten hätten häufig einfach Glück, dass etwa Stich- oder Kopfverletzungen nicht tödlich endeten.
„Messerstichverletzungen führen durch Verbluten zum Tod, wenn große Gefäße oder das Herz getroffen werden“, erklärt Bernward Steinhorst, Oberarzt am Rotes Kreuz Krankenhaus (RKK) Bremen. Bei Stichen in den Bauch komme es am häufigsten zu Darmverletzungen, die zu Infekten führen könnten, aber eher nicht zum Tod.
Wie berichtet, wurden in Bremen im vergangenen Jahr 315 Messerangriffe verübt, 37 mehr als im Jahr davor. In Bremerhaven waren es 76 beziehungsweise 63. Am Hauptbahnhof, für den die Bundespolizei zuständig ist, wurden im vergangenen Jahr 17 Messerdelikte registriert, im ersten Halbjahr 2024 sind es elf. Forscher sehen diesen Anstieg in den Kriminalstatistiken in einem Gesamtzusammenhang: „Der zunehmende Messereinsatz ist Teil eines Trends zu insgesamt mehr Gewaltkriminalität“, sagte Dirk Baier, Polizeiwissenschaftler an der Universität Zürich, dem WDR.
Bei Übergriffen kommt es häufig auch zu Tritten gegen den Kopf, wie Pressemeldungen der Polizei Bremen dokumentieren. Zahlen dazu konnte die Polizei bis Redaktionsschluss nicht nennen. "Tritte gegen den Kopf können alle möglichen Folgen haben", warnt RKK-Chirurg Steinhorst. "Von Kopfschmerzen, Schwindel, Gehirnerschütterung, Schädelprellung oder Schädelbruch, Sprach- und Sehstörungen, Krampfanfällen, Koma bis zum Tod."
Unterdessen hat sich die Bremische Bürgerschaft am Mittwoch für ein umfassendes Messerverbot im öffentlichen Raum ausgesprochen. Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen von SPD, Grünen und Linken wurde der Senat aufgefordert, sich auf Bundesebene entsprechend einzusetzen. Demnach soll es künftig eine Ordnungswidrigkeit darstellen, ein Messer mit sich zu führen – es sei denn, es befindet sich in einem geschlossenen Behältnis oder dient, wie bei manchen Handwerkern, der Berufsausübung. Bei strafrechtlich bereits in Erscheinung getretenen Personen sollen vorhandene rechtliche Möglichkeiten für ein Messertrageverbot genutzt werden. Die Initiative der rot-grün-roten Koalition zielt auch auf verstärkte Prävention an Schulen und in der Jugendhilfe.
In der Debatte bestand grundsätzliche Einigkeit darüber, dass der Staat auf den Anstieg der Messergewalt reagieren müsse. „Wir haben da ein massives Problem“, sagt der SPD-Innenpolitiker Kevin Lenkeit. Er sprach sich, anders als die CDU, gegen die Ausweitung vorhandener Waffenverbotszonen aus. Dies führe nur zu einem schwer handhabbaren rechtlichen Flickenteppich. FDP-Innenpolitiker Marcel Schröder warnte vor Illusionen. Angesichts der Überlastung der Polizei sei eine effektive Kontrolle eines Messerverbots weder flächendeckend noch in ausgewählten Zonen möglich.