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Nach dem Führungswechsel Was Bremens neuer CDU-Chef leisten kann – und was nicht

Wenig Strahlkraft, dafür Cleverness und Erfahrung. Bremens neuer CDU-Chef bringt ganz andere Eigenschaften mit als sein Vorgänger. Wenn er sie richtig einsetzt, kann er einiges bewirken, meint Jürgen Theiner.
28.11.2023, 13:02 Uhr
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Was Bremens neuer CDU-Chef leisten kann – und was nicht
Von Jürgen Theiner

Ein "ehrliches Ergebnis": In der Politik gibt es diesen etwas beschönigenden Begriff für das, was die Bremer CDU ihrem neuen Vorsitzenden beschert hat. 78,9 Prozent Zustimmung für Heiko Strohmann – das ist nicht schlecht, aber eben auch nicht berauschend für jemanden, der auf einem Parteitag für ein Führungsamt kandidiert und keinen Gegenkandidaten hat.

Mittelprächtiger Start

Ein mittelprächtiger Start also, und das war auch so zu erwarten. Strohmann ist kein Hoffnungsträger wie sein Vorgänger Carsten Meyer-Heder, der als erfolgreicher Unternehmer in die Politik kam und diese Aura anfangs auch geschickt einzusetzen wusste. Für Strohmann entflammt keine Begeisterung. Mit dem langjährigen Landesgeschäftsführer rückt vielmehr ein klassischer Apparatschik an die Spitze der Bremer Christdemokraten. Jemand, der sich in der Partei bestens auskennt, dort aber auch viele persönliche Konflikte ausgetragen hat, was eine weitere Erklärung für den harten Block von Nein-Stimmen liefert.

Positiv gewendet könnte man sagen: Es kommt jemand mit viel Erfahrung. Nie wäre Strohmann ein so katastrophaler Fehler unterlaufen wie Meyer-Heder, der sich mit einem missratenen Interview ins Abseits katapultierte. Der 55-Jährige kennt das politische Geschäft aus dem Effeff. Vor allem kennt er den politischen Gegner und dessen offene Flanken. Er wird die rot-grün-rote Koalition sicherlich härter und gezielter unter Beschuss nehmen, als man es dort gewohnt war.

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Doch damit ist noch nichts gewonnen. Die sozialdemokratisch geführte Landesregierung bot ja auch in der Vergangenheit schon genügend Angriffsflächen – bei den miserablen Bildungsvergleichsdaten, in der Verkehrspolitik oder bei der inneren Sicherheit. Aber daraus konnte die CDU kaum Kapital schlagen. Ganze 26,9 Prozent standen am Wahlabend des 14. Mai zu Buche. Selbst in der einstigen Hochburg Schwachhausen waren es nicht mehr als 30 Prozent.

Ein Teil des Problems scheint zu sein, dass die CDU kaum Zugang findet zu Milieus außerhalb ihres eigenen. Wer soll das auch leisten? Die gut situierten Herrschaften, denen man auf Landesparteitagen begegnet, wohl kaum. Sie stehen für Riensberg und St. Magnus, nicht für Ohlenhof, Lüssum oder Kattenturm. Die CDU spricht nicht die Sprache vieler Neubremer. Das kann man durchaus wörtlich nehmen. Menschen mit ausländischen Wurzeln sind im Funktionärskader und der Mitgliedschaft nach wie vor eine Rarität. Dabei gäbe es in migrantischen Schichten durchaus gesellschaftspolitische Anknüpfungspunkte für die Christdemokraten – Leistungsbereitschaft, Aufstiegsorientierung, der hohe Stellenwert der Familie, um nur wenige Stichworte zu nennen. Aber dieses Reservoir wird bisher kaum erschlossen.

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Als kleiner Lichtblick mag die Verjüngung der Partei erscheinen. Am deutlichsten zeigt sie sich in der Bürgerschaftsfraktion. Wenn Carsten Meyer-Heder in seiner Zeit als Landesvorsitzender eines geleistet hat, dann dies. Junge Talente wie Wiebke Winter, Theresa Gröninger oder Simon Zeimke machen inzwischen auf sich aufmerksam. Auch der Frauenanteil in der Parlamentsriege hat sich deutlich erhöht und ist höher als bei SPD oder Linken. Eine der wichtigsten Aufgaben für Heiko Strohmann wird es sein, diese Entwicklung zu verstetigen und letztlich auch den Brückenschlag in die migrantischen Gesellschaftsgruppen zu bewerkstelligen.

Aufgabe: Wegbereiter sein

Strohmann ist also ein Mann des Übergangs. Das politische Handwerk lernte er noch bei CDU-Übervater Bernd Neumann, der die Partei an straffem Zügel führte. Mit dessen Politikstil wäre heute kein Blumentopf mehr zu gewinnen. Strohmann weiß das. Ihm ist sicher auch bewusst, dass er nicht die Strahlkraft besitzt, um sich 2027 als Bürgermeister zu bewerben und Andreas Bovenschulte aus dem Amt zu drängen. Aber er kann in den nächsten Jahren die gesellschaftliche Basis der Bremer CDU verbreitern und die strukturellen Voraussetzungen dafür schaffen, dass es jemand anderes erfolgreich versucht. Wegbereiter sein – das ist Strohmanns Job in den kommenden Jahren.

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