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Krisenstab Bremer Senat plant für den Gasnotstand

Dass im Winter flächendeckend die Heizungen ausfallen könnten, war bislang unvorstellbar. Mittlerweile jedoch hat die Stadt sogar einen Krisenstab eingerichtet, der sich auf diesen Fall vorbereiten soll.
26.10.2022, 05:00 Uhr
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Bremer Senat plant für den Gasnotstand
Von Christoph Barth

Das milde Herbstwetter vertreibt bei vielen Bremern noch die Gedanken an einen kalten Winter ohne Heizung. Doch ein Krisenstab des Senats beschäftigt sich hinter den Kulissen mit genau diesem Thema: Was passiert, wenn uns im Winter das Gas ausgeht? Die Aussicht auf kalte Wohnungen wird nur von einem Schreckensszenario noch übertroffen: einem großflächigen, mehrtägigen Stromausfall.

Wer sitzt in dem Krisenstab?

Offiziell heißt die Runde "Koordinierungsstab Gasmangellage" – zum Krisenstab wird dieser erst, wenn tatsächlich nicht mehr genug Gas aus den Leitungen kommt. Vorsitzender ist der Chef der Senatskanzlei, Thomas Ehmke, sein Stellvertreter der Katastrophenschutzbeauftragte des Landes, Karl-Heinz Knorr. Daneben sitzen Vertreter aller Senatsressorts, der SWB-Tochter Wesernetz und des Bremerhavener Magistrats in der Runde, die einmal wöchentlich tagt.

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Wie wahrscheinlich ist es, dass im Winter nicht genug Gas da ist?

"Die Wahrscheinlichkeit liegt deutlich unter 50 Prozent", sagt der Katastrophenschutzexperte Knorr. "Aber es wäre fahrlässig, nicht für diesen Fall zu planen." Die gute Nachricht ist: Ein Versorgungsengpass beim Gas tritt nicht plötzlich auf, sondern kündigt sich Tage vorher an. "Man kann also was tun", versichert Knorr.

Was passiert bei einer "Gasmangellage"?

Zuerst müssen die Großabnehmer – in Bremen etwa die Stahlwerke, Kaffeeröster und Brauereien – ihren Verbrauch reduzieren. Da im Winter jedoch drei Viertel des Erdgases fürs Heizen draufgehen, werden auch die Privatverbraucher relativ schnell ihren Sparbeitrag erbringen müssen. Die Pläne des Netzbetreibers Wesernetz sehen vor, einzelne Sektionen des Gasleitungsnetzes wechselweise abzuklemmen: Teile der Stadt werden dann einen Tag lang nicht mit Erdgas versorgt; am nächsten Tag sind andere Sektionen dran. Das Problem: "Es gibt praktisch keine Sektion ohne kritische Infrastruktur", räumt Knorr ein: Krankenhäuser, Pflegeheime, Apotheken, Dialysezentren, Lebensmittelgeschäfte wären von der Abschaltung genauso betroffen wie Privathaushalte. "Wir sind gerade dabei, diese Daten zu erfassen", erklärt Knorr. 

Was passiert mit Krankenhäusern und Pflegeheimen, in deren Netzsektion das Gas abgedreht wird?

"Die Evakuierung eines Krankenhauses ist ein Horrorszenario", weiß Knorr als ehemaliger Feuerwehrchef der Stadt. Nicht nur der Transport bettlägeriger Patienten stellt die Hilfskräfte vor ein Problem, sondern auch die Frage: Wohin mit ihnen? Etwas einfacher geht es bei Pflegeheimen, deren Bewohner noch leidlich gut zu Fuß sind und zum Teil bei Angehörigen unterkommen können. Zum Glück werde die Evakuierung dieser Einrichtungen bei einem tageweisen Ausfall der Gasversorgung voraussichtlich nicht nötig sein, sagt Knorr. Einige Häuser wie das Klinikum Mitte sind ans Fernwärmenetz angeschlossen, bei anderen könnte man mit Heizgebläsen sowie mit Zusammenlegungen und Entlassungen von Patienten improvisieren.

Und bei einem Stromausfall?

Ein großflächiger, mehrtägiger Stromausfall wäre eine noch deutlich größere Katastrophe als fehlendes Erdgas. Denn mit dem Strom fiele so ziemlich alles aus, was für das Alltagsleben erforderlich ist: die Wasserversorgung, Internet, Telefon- und Handynetze (einschließlich Notruf), Kassen und Geldautomaten, Ampeln, Tankstellen, Bahnverkehr. "Wir hängen an nichts so sehr wie am Strom", fasst Katastrophenschützer Knorr zusammen. Nach einer Umfrage des ARD-Magazins "Report Mainz" hat mindestens die Hälfte der deutschen Kommunen für einen solchen Fall keinen Notfallplan. Die Bundesregierung hat sich entschlossen, zur Stabilisierung des Stromnetzes sogar drei zur Stilllegung vorgesehene Atomkraftwerke über den Winter weiterlaufen zu lassen.

Ist Bremen auf einen solchen Fall vorbereitet?

Bedingt. "Es wird darum gehen, zumindest die staatlichen Funktionen aufrechtzuerhalten", sagt Knorr. "Aber es wird nicht für alle Probleme eine Lösung geben." Zurzeit gibt es etwa nur eine Tankstelle, an der Einsatzfahrzeuge von Polizei und Feuerwehr bei einem Stromausfall betankt werden können – oder die Notstromaggregate der Krankenhäuser. Künftig sollen es mindestens drei, besser fünf sein. Die Beschaffung von Satellitentelefonen für die Einsatzkräfte ist in Planung, am Ende aber eine Geldfrage.

Sollte man sich selbst Vorräte anlegen?

Ja, sagen die Katastrophenschützer. Vor allem Wasser, Medikamente, Konserven, gegebenenfalls einen Gaskocher. Und ein batteriebetriebenes Radio für die Durchsagen des Katastrophenschutzes.

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