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Bundesweit mehr Sexualdelikte Mehr als 200 Betroffene suchen Hilfe in Bremer Gewaltschutzambulanz

Verletzungen durch Schläge, Tritte oder sexuelle Übergriffe: In der Bremer Gewaltschutzambulanz können Betroffene die Spuren vertraulich sichern lassen. Bundesweit gab es einen Anstieg bei Sexualdelikten.
03.04.2025, 05:00 Uhr
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Mehr als 200 Betroffene suchen Hilfe in Bremer Gewaltschutzambulanz
Von Sabine Doll

Vor einem Jahr ist die Gewaltschutzambulanz am Klinikum Bremen-Mitte eröffnet worden: Seitdem haben sich mehr als 200 Betroffene dort gemeldet, teilt die Gesundheitsbehörde auf Nachfrage mit. Mit 87,5 Prozent seien es vor allem Frauen, das Durchschnittsalter der erwachsenen Betroffenen liege bei 34 Jahren.

Die Anlaufstelle richtet sich an Menschen, die häusliche, geschlechtsspezifische und sexualisierte Gewalt erfahren haben. Sie können Spuren von Verletzungen etwa durch Tritte, Schläge sowie durch sexuelle Übergriffe schriftlich und per Foto dokumentieren lassen – vertraulich und unabhängig von einer Anzeige. Die Spuren werden bis zu zehn Jahre aufbewahrt, sodass sich die Betroffenen auch später noch für eine Anzeige entscheiden können. "Viele sind in der akuten Notsituation nicht in der Lage und überfordert, eine Entscheidung zu treffen; oder sie wollen zunächst ihre private Situation zu Hause verändern", erklärte Ambulanzleiterin und Rechtsmedizinerin Saskia Etzold nach der Eröffnung vor einem Jahr.

Die am Mittwoch in Berlin vorgestellte Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) für 2024 zeigt bei Vergewaltigungen und sexueller Nötigung/Übergriffen bundesweit einen deutlichen Anstieg von 9,3 Prozent auf 13.320 Fälle. In Bremen weist die Statistik ein leichtes Plus von einem Prozent auf, bei Partnerschaftsgewalt einen Rückgang von sechs Prozent, wie die Bremische Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau sowie die Frauen- und Gesundheitssenatorin mitteilen. "Allerdings gab es im Bereich der Partnerschaftsgewalt einen drastischen Anstieg im Jahr 2023 im Vergleich zum Jahr 2022, nämlich um 36 Prozent", heißt es in der Mitteilung. Dies waren 2611 Fälle. "Die Fallzahlen verharrten hier also im Jahr 2024 auf sehr hohem Niveau."

Hinzukomme, dass nur von der Polizei abschließend bearbeitete Fälle in die Statistik eingingen. Und: Bei Sexualdelikten werde nur in 2,5 Prozent der Fälle überhaupt Anzeige erstattet. Verglichen mit anderen Straftatbeständen sei dies mit Abstand die niedrigste Anzeigenquote.

Aufgrund des großen Dunkelfeldes zeige die Statistik nur die absolute Spitze des Eisbergs. "Wir müssen daher von einer viel höheren Zahl von sexualisierter Gewalt gegen Frauen in unserem Bundesland ausgehen", sagt Gesundheits- und Frauensenatorin Claudia Bernhard (Linke). Die Statistik zeige, dass geschlechtsspezifische Gewalt fest in der Gesellschaft verwurzelt sei.

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Vielen Frauen falle es nach einer Tat schwer, darüber zu sprechen oder sich Hilfe zu holen, betont Katharina Kunze, die stellvertretende Landesfrauenbeauftragte. "Aber auch die Angst vor einem Strafverfahren, mangelndes Vertrauen in die Justiz und die damit verbundene emotionale Belastung können abschrecken." Es sei an der Zeit, dass die Scham endlich die Seite wechsele und und anerkannt werde, dass die Schuld nicht bei den Betroffenen von sexualisierter Gewalt liege.

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