- Wie viele Menschen haben sich an die Gewaltschutzambulanz gewendet?
- Wie kommen sie zur Gewaltschutzambulanz?
- Wie wird die rechtsmedizinische und vertrauliche Spurensicherung angenommen, was passiert mit der Dokumentation?
- Ist die Ambulanz ausschließlich Anlaufstelle für Bremerinnen und Bremer?
- Mit welchen Zahlen wird künftig gerechnet – und wie können sich Betroffene informieren?
Vor etwa sieben Wochen ist die Gewaltschutzambulanz am Klinikum Bremen-Mitte eröffnet worden. Eine erste Zwischenbilanz zeigt laut der Leiterin und Rechtsmedizinerin Saskia Etzold: "Der Bedarf ist groß, das Angebot wird sehr gut angenommen. So, wie wir es erwartet haben." Die Anlaufstelle richtet sich an Menschen, die häusliche, sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt erfahren haben. In der Ambulanz werden die Spuren von Verletzungen durch Tritte, Schläge, Würgen sowie durch sexualisierte Übergriffe rechtsmedizinisch dokumentiert. Und die Betroffenen werden zu weiteren Hilfen beraten – all dies auf vertraulicher Basis. Das Angebot ist kostenlos.
Wie viele Menschen haben sich an die Gewaltschutzambulanz gewendet?
Offizieller Start war am 4. April. "Seitdem haben 21 Betroffene, Erwachsene und Jugendliche, die Gewaltschutzambulanz aufgesucht", berichtet Etzold. "Auch bereits vor der Eröffnung haben sich mehrere Personen an die Ambulanz gewendet und wurden entsprechend von uns untersucht sowie beraten. Sie hatten etwa über Medienberichte von dem Angebot erfahren." Die Rechtsmedizinerin ist erfahrene Expertin, sie hatte die Gewaltschutzambulanz an der Berliner Charité mit aufgebaut und war über Jahre in der Leitung.
Wie kommen sie zur Gewaltschutzambulanz?
"Viele erreichen uns über die zentrale Notaufnahme, wo sie wegen Verletzungen behandelt werden", berichtet Etzold. "Ganz wichtig ist: Die akutmedizinische Versorgung oder Diagnostik findet nicht in der Gewaltschutzambulanz statt, sondern in Notaufnahmen oder Arztpraxen. Bei uns werden die Spuren rechtsmedizinisch, in Schrift und Bild, dokumentiert." Andere Betroffene hätten von der Anlaufstelle gelesen oder etwa über Beratungsstellen davon gehört.
Wie wird die rechtsmedizinische und vertrauliche Spurensicherung angenommen, was passiert mit der Dokumentation?
Laut Etzold wird die vertrauliche Spurensicherung sehr wahrgenommen. "Das Besondere ist, dass die Dokumentation für spätere mögliche Anzeigen und Gerichtsverfahren genutzt werden kann. Die Betroffenen entscheiden selbst, ob und wenn ja, wann sie diese nutzen. Viele sind in der akuten Notsituation nicht in der Lage und überfordert, eine Entscheidung zu treffen; oder sie wollen zunächst ihre private Situation zu Hause verändern."
Laut Etzold gibt es drei Möglichkeiten: Sie kann zehn Jahre lang vertraulich an einem externen Ort gelagert werden, Zugriff haben nur die Betroffenen selbst. "Und sie kann nach Hause oder an eine dritte Person verschickt werden, für letztgenannte Möglichkeit ist eine Entbindung der Schweigepflicht durch die Betroffenen notwendig", erklärt die Rechtsmedizinerin. "Ohne explizite Zustimmung wird nichts von uns an Polizei, Behörden oder andere Personen herausgegeben." Die Erfahrungen aus Berlin hätten gezeigt, dass viele Betroffene nach einiger Zeit, häufig nach Wochen, Anzeige erstatteten.
"Auch die Beratungen werden extrem gut nachgefragt und angenommen", betont die Ambulanzleiterin. "Viele wissen nicht, welches Hilfenetz es gibt."
Ist die Ambulanz ausschließlich Anlaufstelle für Bremerinnen und Bremer?
"Es gibt auch Betroffene aus dem niedersächsischen Umland, die etwa in Bremen arbeiten und sich an uns wenden", so Etzold. "Dazu kommt, dass andere ähnliche Anlaufstellen weiter entfernt sind."
Mit welchen Zahlen wird künftig gerechnet – und wie können sich Betroffene informieren?
"Wir gehen davon aus, dass die Gewaltschutzambulanz in Zukunft noch deutlich stärker in Anspruch genommen wird – zum einen wegen des zunehmenden Bekanntheitsgrads. Auch dies haben die Erfahrungen aus der Charité gezeigt", so Etzold.
Mehrere Kampagnen seien bereits angelaufen: Auf der Internetseite gesundheitnord.de/kbm.html (Rubrik: Bereiche) sind unter anderem mehrsprachige Flyer veröffentlicht; Infokarten würden verteilt, die gut im Portemonnaie versteckt werden könnten. "Zurzeit sind wir dabei, Bierdeckel mit Kontaktdaten und Infos für Kneipen und Restaurants zu erstellen; und es gibt Spiegelaufkleber, die in der Gastronomie, Behörden und anderen öffentlichen Orten angebracht werden", zählt Etzold auf.
Geplant seien Schulungen, etwa für Polizisten in der Ausbildung. "Sie kommen während dieser Zeit in viele Bereiche und sind damit wichtige Multiplikatoren. Außerdem kennen sie das Angebot dann bereits von Beginn an und können Betroffene darauf aufmerksam machen", betont die Ambulanzleiterin.