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Ministerium findet Lürssen zu teuer Milliarden-Poker um Korvetten

Bei dem Auftrag über fünf Korvetten für die deutsche Marine, stehen der Bremer Lürssen-Werft und dem Bundesverteidigungsministerium harte Verhandlungen bevor. Das Angebot der Werft sei viel zu teuer.
20.04.2017, 20:35 Uhr
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Von Florian Schwiegershausen

Bei dem Auftrag über fünf Korvetten für die deutsche Marine, stehen der Bremer Lürssen-Werft und dem Bundesverteidigungsministerium harte Verhandlungen bevor. Das Angebot der Werft sei viel zu teuer.

Der Bremer Lürssen-Werft und dem Bundesverteidigungsministerium stehen offenbar harte Verhandlungswochen bevor. Denn bei dem sicher geglaubten Auftrag über fünf Korvetten für die deutsche Marine hält das Verteidigungsministerium die Kosten für viel zu hoch. Darüber hatte zuerst das „Handelsblatt“ berichtet. Die Beamten hatten ursprünglich mit einer Summe von 1,5 Milliarden Euro gerechnet. So ist es bereits als Haushaltsposten für den Bundesetat veranschlagt.

Lürssen und die Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS), die die Korvetten gemeinsam bauen, haben dem Verteidigungsministerium dem Bericht zufolge nun 2,9 Milliarden Euro genannt – also fast das Doppelte. Die Schiffe sollen im Mittelmeer zum Einsatz kommen, um dort die Nato-Einsätze zu unterstützen.

Gründe für die Preiserhöhung

Für die Preiserhöhung gibt es verschiedene Gründe, wie der WESER-KURIER aus Regierungskreisen erfahren hat. So haben die Verantwortlichen im Verteidigungsministerium Zusatzwünsche geäußert, wie die Korvetten ausgestattet sein sollen – von der Maschinerie bis zur Elektronik. Außerdem will das Ministerium den Bau von zwei Trainingscamps, in denen die Marinesoldaten für den Einsatz geschult werden sollen. Gerade die Camps sind in den bisherigen 1,5 Milliarden Euro offenbar nicht eingeplant gewesen. Lürssen wollte sich nicht äußern.

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Dass das Geschäft nun auf der Kippe stehe, davon könne jedoch nicht die Rede sein, wie es aus Berliner Kreisen heißt. Es gehe einfach um den Preispoker, bei dem sich beide Seiten am Ende auf eine Summe einigen. Verteidigungspolitiker von CDU und SPD könnten sich vorstellen, dass dabei ein Kompromiss von knapp zwei Milliarden Euro herauskommt. Laut „Handelsblatt“ könnte es Einsparungen geben, indem die Leistungsfähigkeit der Korvetten gedrosselt wird, oder Zulieferer von Lürssen und TKMS Zugeständnisse bei ihren Kosten machen.

Abstriche bei der Leistungsfähigkeit sind für Marco Thiele vom Deutschen Bundeswehrverband aber keine Option. Der Verbandsvorsitzende Marine sagte dem WESER-KURIER: „Ich kann mir nicht vorstellen, wo man da etwas drosseln kann. Sollen die Boote kleiner gebaut werden? Dann kann man sie gleich ganz neu konstruieren.“ Während Fregatten für den Krieg über und unter Wasser gebaut sind, sind die kleineren Korvetten nur eindimensional für den Überwasserkrieg konzipiert. „Wenn man etwas von der Leistungsfähigkeit wegnimmt, kann man es gleich ganz sein lassen“, sagte Thiele.

Auftrag ohne offizielle Ausschreibung

Es ist nicht der einzige Ärger rund um den Bau der Korvetten. So hat das Kieler Schiffbau-Unternehmen German Naval Yards vor mehr als einer Woche die Vergabepraxis des Ministeriums kritisiert. Denn Lürssen und TKMS sollen den Auftrag ohne offizielle Ausschreibung erhalten. Aus Sicht des Ministeriums ist eine Ausschreibung nicht notwendig, weil es die fünf Korvetten als Folgeauftrag sieht.

An dieser Betrachtung wird seitens des Ministeriums auch festgehalten. Denn zuvor hatte das Konsortium aus Lürssen und TKMS fünf baugleiche Korvetten realisiert, von denen die letzte 2012 ausgeliefert wurde. Doch diese Schiffe hatten Mängel: Getriebe brachen, die Zirkulation der Luft unter Deck ließ zu wünschen übrig. Fehler dieser Art will das Ministerium bei der Vergabe dieses Mal von vornherein ausschließen und pocht dabei auch auf längere Zeiträume, bis es an Bord zu Materialermüdungen kommen darf.

Das wiederum hängt damit zusammen, dass das Ministerium bei der Vergabe von Rüstungsaufträgen in der Vergangenheit keine gute Figur abgegeben hatte. Wegen des aktuellen Vergabeverfahrens schließt German Naval Yards eine Klage nicht aus. Das könnte aber den Bau der Boote, die dringend benötigt werden, verzögern.

Wichtiger Auftrag für die Lürssen-Werft

Für die Lürssen-Werft ist der Auftrag zur Auslastung ihrer Standorte wichtiger denn je. Die Bremer hatten im vergangenen Jahr im Hinblick auf den Bau die Hamburger Traditionswerft Blohm + Voss übernommen. Dort wiederum wurde den Mitarbeitern im Februar mitgeteilt, dass von ihnen etwa jeder Dritte entlassen werden soll. 300 Stellen würden wegfallen.

Angesichts dessen geht man in Berlin davon aus, dass es in den kommenden Wochen zu einer Einigung über den Preis kommen wird. Denn im Juni soll der Haushaltsausschuss des Bundestages die Summe genehmigen. Wegen der veranschlagten knapp drei Milliarden Euro spekuliert ein Insider: „Vielleicht beinhaltet die Summe auch eine Art Kompensation, die an die German Naval Yards geht, damit die auch ein Stück vom Kuchen abkriegen.“

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