Die Bremer SPD hat sich entschieden: Sie strebt eine Neuauflage des rot-grün-roten Bündnisses an, das im kleinsten Bundesland seit 2019 regiert. Die rechnerisch einzig mögliche Alternative – eine Koalition mit der CDU – hat der SPD-Landesvorstand am Mittwochabend verworfen. Grünen und Linken sollen nun Koalitionsgespräche angeboten werden, die voraussichtlich in der kommenden Woche beginnen.
Bürgermeister Andreas Bovenschulte und Landeschef Reinhold Wetjen begründeten den einstimmig gefassten Beschluss der Parteispitze mit der aus ihrer Sicht erfolgreichen Zusammenarbeit in den vergangenen vier Jahren. Das Bündnis aus SPD, Grünen und Linken habe Bremen "unaufgeregt durch die Krise geführt" und habe auch "einen klaren Plan für die Zukunft", sagte Bovenschulte. "Ein einfaches Weiter-so" könne es allerdings nicht geben. Die SPD habe während des Wahlkampfes an ihren Ständen die Botschaft erhalten, dass es auf manchen Politikfeldern bessere Resultate geben müsse, etwa beim Bürgerservice, bei Kinderbetreuung und Bildung sowie in der Verkehrspolitik. Wetjen ergänzte, die Schnittmengen seiner Partei mit Grünen und Linken seien größer als mit der CDU.
Der Entscheidung der SPD-Spitze waren in den vergangenen Tagen mehrere Sondierungsrunden sowohl mit Grünen und Linken als auch mit der CDU vorausgegangen. Wenig drang danach nach außen. Doch das, was zu hören war, konnte schon als Fingerzeig pro Rot-Grün-Rot gedeutet werden. Denn während die Stimmung bei den Runden mit Grünen und Linken freundlich, ja streckenweise freundschaftlich war, fühlten sich christdemokratische Unterhändler durch die SPD eher von oben herab behandelt. Große Zuversicht verspürten die Mitglieder der CDU-Sondierungsgruppe nach dem Treffen am vergangenen Sonnabend jedenfalls nicht. Mit einem Umschwenken der SPD auf eine Große Koalition wurde deshalb zuletzt kaum noch gerechnet.
CDU-Spitzenkandidat Frank Imhoff reagierte auf die erwartete Absage mit der Feststellung: "Dies ist ein schlechter Tag für die Menschen in Bremerhaven und Bremen." Bürgermeister Bovenschulte habe sich "gegen einen echten Aufbruch und für ein bequemes Weiter-so" entschieden. Die Liberalen bewerten die Festlegung der SPD-Spitze ähnlich. Landesvorsitzender Thore Schäck: "Bremen hätte einen Richtungswechsel verdient und auch dringend gebraucht. Diese Chance wurde vertan." Für die Bürger in Wut, die in der nächsten Bürgerschaft in Fraktionsstärke vertreten sein werden, urteilte ihr Vorsitzender Jan Timke: "Die von Herrn Bovenschulte favorisierten Kooperationspartner Grüne und Linke sind, wie die Erfahrungen der letzten vier Jahre gezeigt haben, nicht Teil der Lösung, sondern wesentlicher Bestandteil des Problems."
Die bisherigen und wohl auch künftigen Koalitionspartner der SPD zeigten sich dagegen erfreut von dem Signal der Genossen. "Wir haben in der Vergangenheit vertrauensvoll zusammengearbeitet und möchten das gern fortsetzen", sagte Grünen-Landeschef Florian Pfeffer. Seine bei der Bürgerschaftswahl arg gerupfte Partei habe die Botschaft verstanden. "Wir sind veränderungsbereit", kündigte Pfeffer an. Das betreffe zum Beispiel die praktische Umsetzung der Verkehrswende, an der man zwar grundsätzlich festhalte. "Man kann Dinge aber nicht einfach verordnen, sondern wir müssen zeigen, wie diese Wende für die Menschen im Alltag möglich wird."
Für die Linken wird es nach den Worten ihres Landesvorsitzenden Christoph Spehr "in den nächsten vier Jahren darum gehen, Veränderungen sozial gerecht und für alle leistbar zu gestalten". In den Sondierungsgesprächen der vergangenen Tage habe die Linke den Eindruck gewonnen, dass eine Neuauflage von Rot-Grün-Rot funktionieren kann. Spehr ergänzte: "Die Wählerinnen und Wähler werden eine zukünftige Landesregierung nicht daran messen, was sie verspricht, sondern was sie hält."
Wie sieht nun der Zeitplan für die Koalitionsverhandlungen aus? Laut SPD-Landeschef Wetjen können die Gespräche auf Arbeitsgruppenebene am Dienstag nach Pfingsten beginnen. Es seien zehn Themenfelder identifiziert worden, über die man inhaltlich diskutieren werde. Vorläufige Ergebnisse und Probleme sollen dann jeweils in größerer Runde weiterbearbeitet werden. SPD, Grüne und Linke stellen dafür Verhandlungsgruppen mit je zwölf Mitgliedern zusammen. Die Sozialdemokraten peilen einen fertigen Koalitionsvertrag bis Ende Juni an. Über ihn könnte am 1. Juli auf einem Landesparteitag abgestimmt werden. Linke und Grüne werden bereits an diesem Donnerstag beziehungsweise am Sonnabend zu Parteitagen zusammenkommen, um über die Ausgangslage vor den Koalitionsgesprächen zu beraten.