Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Bremer Nahverkehrsunternehmen BSAG fährt tief in die roten Zahlen

Der Bremer Straßenbahn AG droht für 2023 ein Defizit in bisher ungeahnter Höhe. Der Rekordverlust verschärft die Probleme bei der Aufstellung des Bremer Haushalts für 2024/25, denn die BSAG gehört der Stadt.
08.09.2023, 20:29 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
BSAG fährt tief in die roten Zahlen
Von Jürgen Theiner

Mitten in die Haushaltsvorbereitungen der Bremer Finanzbehörde für 2024/25 platzt eine schlechte Nachricht: Die Bremer Straßenbahn AG (BSAG) wird im laufenden Jahr voraussichtlich ein Rekorddefizit einfahren. Nach Informationen des WESER-KURIER beläuft es sich auf mehr als 100 Millionen Euro, und für 2024 deuten sich noch größere Probleme an. Da die BSAG zu 100 Prozent der Stadt Bremen gehört, wird Finanzsenator Björn Fecker (Grüne) nicht anderes übrig bleiben, als den Fehlbetrag auszugleichen – das Geld fehlt dann an anderer Stelle. Dabei zeichnet sich auch ohne diese zusätzliche Belastung eine finanzielle Durststrecke für Bremen und Bremerhaven ab.

Was ist über die Lage der BSAG bekannt?

Offiziell gibt es keine Bestätigung für das 100-Millionen-Loch in der BSAG-Bilanz. Der notwendige Verlustausgleich für 2023 sei „momentan noch nicht zu beziffern“, sagt Unternehmenssprecher Jens-Christian Meyer. Zur Mitte des vergangenen Jahrzehnts lag der jährliche Zuschussbedarf aus dem städtischen Haushalt relativ stabil bei gut 50 Millionen Euro. 2020 – im ersten Pandemiejahr – stieg das Defizit auf 62,2 Millionen, 2022 wurde mit einem Minus von 70,5 Millionen Euro abgeschlossen. Die Gründe für den weiteren Anstieg liegen dem Vernehmen nach vor allem in deutlich gestiegenen Energiekosten. 2024 droht sich die Schere zwischen Kosten und Erlösen weiter zu öffnen: Zum 1. April greift ein Tarifabschluss mit deutlich erhöhten Gehältern.

Lesen Sie auch

Gibt es weitere Probleme?

Das hängt davon ab, ob die noch offenen Fragen rund um das Deutschlandticket in einer für die BSAG tragbaren Art und Weise geklärt werden können. Hintergrund: Wer früher in Bremen regelmäßig mit Bus und Bahn unterwegs war, kaufte seine Dauertickets – etwa die MIA-Karte – bei der BSAG. Viele Zeitkarteninhaber sind inzwischen auf das Deutschland-Ticket umgestiegen. Und das kann man auch bei anderen Verkehrsträgern bekommen, zum Beispiel online in der App der Deutschen Bahn. Wie viel Geld der BSAG dadurch entgeht, lässt sich noch nicht sagen. Die am Deutschlandticket beteiligten Unternehmen suchen mit dem Branchenverband VDV noch nach einer fairen Lösung für die Aufteilung der Gesamteinnahmen.

Wie reagiert die Verkehrsbehörde?

Die BSAG gehört in den Zuständigkeitsbereich von Verkehrssenatorin Özlem Ünsal (SPD). Dort hat man die aktuellen Probleme auf dem Schirm. Die „kritischen Entwicklungen“ würden „mit hoher Priorität geprüft“, sagt Sprecher René Möller. In Kürze werde es mit dem BSAG-Vorstand eine „ganzheitliche Strategiebetrachtung“ zur Zukunft des Unternehmens geben. Tatsache ist, dass die BSAG nicht nur kostenseitig unter Druck kommt. Eigentlich soll sie ihr Passagieraufkommen durch zusätzliche Angebote und kürzere Takte steigern und so einen wichtigen Beitrag zur Klimawende leisten. Doch es fehlt schon länger an Personal, sodass Straßenbahnen und Busse seit Jahresbeginn nach einem Notfahrplan verkehren. Schon die Rückkehr zum Regelbetrieb wäre ein Fortschritt.

Lesen Sie auch

Was sind die Folgen des Defizits?

Der sprunghafte Anstieg des BSAG-Verlustausgleichs ist nicht das einzige finanzpolitische Problem, mit dem der Senat derzeit fertig werden muss. Ein anderes Sorgenkind ist der Klinikverbund Gesundheit Nord. Dort wird aktuell mit einem Jahresfehlbetrag von 45,4 Millionen Euro gerechnet. Das vom Bund geplante Wachstumschancengesetz könnte für Bremen Mindereinnahmen von bis zu 50 Millionen Euro bedeuten. Die Senatsressorts stehen bei der Aufstellung des Bremer Haushalts für 2024/25 ohnehin unter hohem Spardruck. Es wird darauf hinauslaufen, dass viele Projekte, die sich SPD, Grüne und Linke vorgenommen haben, erst einmal in der Schublade verschwinden. Welche das sind, darüber müssen sich die Partner in den nächsten Monaten klar werden.

Was sagt der Finanzsenator?

Björn Fecker kündigt schon mal einen „Haushalt des Machbaren“ an mit „klaren Schwerpunkten in den Bereichen Bildung, Klimaschutz und Wirtschaft“. Er appelliert an den Bund, Bremen bei Aufgaben von nationalem Interesse wie der Instandhaltung der Seehäfen stärker zu unterstützen, statt durch das Wachstumschancengesetz weitere Einnahmeverluste zu verursachen.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)