Thomas Engel hat eine Portion Puffer und Twister, eine gedrehte Kartoffelspezialität aus England, bestellt. Die Osterwiese ist an diesem Sonntag seit etwa einer Stunde geöffnet, immer wieder regnet es in Strömen. Der Stopp kommt da gerade recht. „Die Puffer sind auch gleich fertig“, sagt „Kartoffel und Co“-Inhaberin Katrin Fehrensen und reicht die Portion Twister über den Tresen – in einer üblichen Pommes-Tüte.

Osterwiesen-Besucher Thomas Engel.
Am Freitag, zum Start der Osterwiese, war das anders: Da gab es Pommes, Twister und Puffer bei „Kartoffel und Co.“ in Mehrweggeschirr. Der Betrieb nimmt an einem Pilotprojekt teil, mit dem getestet wird, wie Mehrweg vollständig auf Bremer Volksfesten umgesetzt werden kann. Ab 2025 ist dies in der Hansestadt verpflichtend, auch für Schausteller. Hintergrund ist die verschärfte bremische Variante des deutschen Verpackungsgesetzes, die auch für Märkte gilt. Für dieses Jahr gab es noch einen Aufschub.
Die ersten Erfahrungen sind gemischt: „Es war in Ordnung, die Kunden mussten kein Pfand für Schalen und Teller zahlen“, sagt Gino Bündgen hinter dem Verkaufstresen. „Mit Pfand wäre die Akzeptanz wahrscheinlich deutlich niedriger“, vermutet er. Das Mehrweggeschirr wird dem Betrieb für das Projekt, das vom Institut für Energie und Kreislaufwirtschaft an der Hochschule Bremen begleitet wird, gestellt. Ein zweiter Betrieb nimmt an dem Versuch teil, bis zum Ende der Osterwiese sind wenigstens vier Testtage vorgesehen, der nächste steht am Dienstag an.
„Rückgabetonnen sind direkt am Stand und über das Gelände aufgestellt“, sagt Gino Bündgen. „Benutztes Geschirr darf aus hygienischen Gründen nicht über den Tresen zurückgenommen werden, das gilt generell.“ Die Tonnen würden zu einer externen Spülstation transportiert, das gereinigte Geschirr wieder zurückgebracht. Der Test soll mehrere Fragen beantworten: Wie hoch ist die Rücklaufquote? Landet das Geschirr tatsächlich in den Tonnen? Wie kommt das Angebot bei den Festbesuchern an?
Thomas Engel findet Mehrweggeschirr grundsätzlich absolut sinnvoll. „Allerdings glaube ich nicht, dass dies für Volksfeste funktioniert“, sagt er. „Man holt sich etwas zu essen und schlendert weiter. Da möchte man nicht am Stand warten, um das Geschirr in eine Tonne zu werfen oder eine andere Rückgabestation auf dem Gelände suchen.“
Der Osterwiesen-Besucher trifft damit den Nerv der Schausteller: „Volksfeste sind to-go-geprägt“, betont Rudi Robrahn, Vorsitzender des Schaustellerverbands. Wie berichtet, wollen die Schausteller gegen die verschärfte Bremer Variante klagen. Für Spülstationen und Rückgabestellen sowie den Transport des Geschirrs müssten Platz und Wege geschaffen werden. „Den Platz gibt es nicht. Das würde bedeuten, dass das Angebot künftig kleiner wird“. Gegen einen Pilotversuch sei nichts einzuwenden, „ich mache aber kein Hehl daraus, dass ich stinksauer bin“, so Robrahn.
Susanne Keuneke warnt zudem vor einem Preisanstieg bei Pommes, Zuckerwatte und Co.. Die Vorsitzende des Vereins der Schausteller und Marktkaufleute schätzt, dass etwa 20 bis 30 Prozent der Verzehrgeschäfte wegfallen würden. Auch deshalb, weil sie ihre Speisen und Produkte wegen der strikten Verpackungsvorgaben vermutlich nicht mehr anbieten könnten. Darunter viele Traditionsartikel.
Dies treibt Danny Müller von „Schokofrüchte Deluxe“ um. „Ausnahmsweise dürfen Liebesäpfel noch in Zellophan-Hülle verkauft werden, nächstes Jahr ist Schluss. Sie sind ein Klassiker, der gerne mit nach Hause genommen wird. In Papier verpackt macht das keinen Sinn, weil der kandierte Apfel festklebt, das Papier durchweicht. Erst recht bei Regenwetter wie heute“, sagt er.

Übergangsweise erlaubt, nächstes Jahr verboten: Liebesapfel in Zellophan.
Eine Ausnahme gelte auch noch für Schokofrüchte am Holzspieß: „Was soll die Mehrweg-Variante sein? Glas- und Metallspieße oder Schrauben? Da werden Vorgaben gemacht, was man nicht verwenden darf, aber es gibt keine Alternative. Gibt es Zuckerwatte dann in der Schüssel?“ Für ihn der Gipfel an Kuriosität: Vor der Osterwiese sei auch über die Länge der Holz- oder Bambusspieße für Maiskolben oder andere Speisen als Übergangslösung diskutiert worden – acht oder 15 Zentimeter. „Hätte beides nicht für uns gepasst, die aufgereihten Früchte sind bis zu 20 Zentimeter lang.“
Das Hochschulinstitut will nach der Osterwiese Bilanz ziehen. „Die Herausforderung ist, wie man ein Mehrwegsystem bei beengten Situationen wie Freimarkt und Osterwiese aufbauen kann“, sagt Projektleiter Martin Wittmaier. Der erste Eindruck: „Ein erheblicher Anteil des pfandfreien Geschirrs ist zurückgekommen, aber es ist noch verbesserungswürdig.“