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Pläne für Gesetz Schottergärten sollen in Bremen ergrünen

Wer seinen Garten mit Schotter gestaltet, begeht in Bremen schon jetzt einen Rechtsverstoß. Die Umweltbehörde schlägt nun einen strikteren Kurs ein. Bestehende Schottergärten sollen bis 2026 renaturiert werden.
30.11.2022, 05:00 Uhr
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Schottergärten sollen in Bremen ergrünen
Von Jürgen Theiner

Den einen gelten sie als „Gärten des Grauens“, den anderen als pflegeleichte Alternative zur klassischen Gestaltung: Schottergärten. Gegen diese Art der Flächenversiegelung mit grauem Gestein oder Kies will Bremen entschiedener vorgehen. Als Teil eines sogenannten Begrünungsortsgesetzes sollen größere Schotterflächen im Garten nicht nur grundsätzlich untersagt werden. Geplant ist auch eine Verpflichtung, bestehende Anlagen bis Ende 2026 wieder in einen naturnahen Zustand zu versetzen. Bei Appellen will es die Umweltbehörde nicht belassen. Es sind Kontrollen geplant.

Dass Schottergärten ökologisch fragwürdig sind, gilt als unstrittig. Die Humusschicht wird abgetragen, der verbleibende Grund mit einer Folie abgedeckt und anschließend mit zerkleinertem Gestein oder Kies aufgefüllt. Auch wenn manche dieser Flächen mit spärlichem Bewuchs aufgelockert sind – der Großteil bleibt versiegelt, das schadet nicht nur der Artenvielfalt und beschleunigt das Insektensterben. Es wirkt sich auch negativ auf das Mikroklima aus, weil Pflanzen fehlen, die den Boden beschatten und für Verdunstungskühle sorgen. All diesen Fakten zum Trotz werden jedoch manche Vorgärten seit einigen Jahren so gestaltet.

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Damit soll Schluss sein, zumindest auf dem Gebiet der Stadtgemeinde Bremen. Die Umweltbehörde will mit dem Begrünungsortsgesetz eine bestehende Regelung „nachschärfen“. Die Landesbauordnung regelt bereits, dass unbebaute Grundstücksteile nicht wasserundurchlässig befestigt werden dürfen. Beeindruckt hat das die Schottergartenfans offenbar nicht, wenn sie es überhaupt wussten. Für Linda Neddermann, Sprecherin der Umweltbehörde, ist das geplante Rückbaugebot Teil der Bremer Klimaschutzstrategie. „Wir befinden uns in einer Klimakrise. Jeder kann in seinem Garten einen Beitrag dazu leisten, ihr entgegenzuwirken.“

Neben dem Thema Artenvielfalt gehe es auch um Vorsorge gegen häufiger und heftiger auftretenden Starkregen. Unbebaute Grundstücksflächen müssten Niederschlag absorbieren können, doch Schottergärten bewirkten das Gegenteil. In das geplante Gesetz, über das die Bürgerschaft wahrscheinlich im Frühjahr 2023 abstimmen wird, solle eine Bagatellgrenze eingebaut werden. Bis zu zehn Prozent der Gartenfläche, aber maximal zehn Quadratmeter dürften demnach mit Schotter oder ähnlichem Material versiegelt werden. Den Vollzug der Vorschriften will die Umweltbehörde mit eigenem Personal kontrollieren. Laut Neddermann wird der Bedarf an Außendienstlern gerade ermittelt.

Sollte die Renaturierungsauflage für Schottergärten tatsächlich von der Stadtbürgerschaft beschlossen werden, wäre Bremen bundesweit eine der wenigen Kommunen, die so offensiv gegen die Flächenversiegelung auf Privatgrund vorgehen. In Niedersachsen gibt es aktuell wenige vergleichbare Fälle, etwa den Kreis Helmstedt. In Nordrhein-Westfalen setzt man vor allem auf Aufklärung und vereinzelt auf Prämien für naturnahe Gartengestaltung. So hat beispielsweise die Stadt Korschenbroich am Niederrhein ein Förderprogramm zur Entsiegelung von Vorgartenflächen aufgelegt. Damit werden Grundstückseigentümer unterstützt, die ihren Schottergarten naturnah umgestalten, also etwa mit Staudenbeeten, Gehölzen oder in Form einer Wildblumenwiese.

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Was sagen Fachleute aus dem Garten- und Landschaftsbau zum Bremer Vorstoß? Reinhard Schrader ist Geschäftsführer des Verbandes Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Niedersachsen-Bremen. Nach seiner Darstellung ist die Zahl neu angelegter Schottergärten aktuell eher rückläufig – was auch damit zu tun haben mag, dass die Vorstellung vom pflegeleichten Schottergarten eher Wunschdenken ist. Laut Schrader bildet sich zwischen dem Gestein durch Samen- und Pollenflug nach und nach eine organische Schicht, auf der Unkraut sprießt. Die Mitgliedsbetriebe seines Verbandes ­rieten Kunden jedenfalls von der unökologischen Gartengestaltung ab, einige Firmen nähmen solche Aufträge gar nicht erst an.

Eines dieser Unternehmen ist der traditionsreiche Garten- und Landschaftsbauer F.C. Peppler in Walle. Julian Meenen, geschäftsführender Gesellschafter, sieht ähnlich wie Verbandsfunktionär Schrader den Schottergarten auf dem Rückzug. Vor drei, vier Jahren sei insbesondere in Neubaugebieten noch eine Vielzahl solcher Flächen so angelegt worden. „Vor allem von Leuten, die eigentlich gar kein Interesse an ihrem Garten haben“, so Meenen. Doch der Trend gehe eindeutig weg von dieser Art der Grundstücksgestaltung. Die gesetzgeberische Initiative könne sich Bremen deshalb „eigentlich schenken“, glaubt Meenen.

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