Die Oberschule an der Lehmhorster Straße hat jetzt nicht nur eine Lehrküche. Ab August 2025 können Schüler dort gemeinsam mit einer Ernährungsberaterin Mahlzeiten zubereiten, inklusive professioneller Küchenausrüstung. "Beim Kochen können die Schüler nebenbei gleich Mathe mitlernen", sagt Kai Westermann, Schulleiter der Blumenthaler Oberschule. "Dasselbe wird man nicht erreichen, indem man pro Woche vier Stunden mehr Mathe unterrichtet", sagt er. Seit Sommer 2024 gibt es an der Ganztagsschule außerdem Sportangebote, die laut Westermann vor allem das Selbstbewusstsein der Schüler stärken – vom Hood-Training bis zum Boxunterricht. Weitere Personen aus dem Quartier assistieren im Unterricht, wie etwa eine Lese-Oma, die einmal pro Woche mit den Kindern übt. Finanziert werden all diese Projekte über das Startchancen-Programm von Bund und Ländern.
Das Förderprogramm setzt bei einem verbreiteten Problem an: Nach wie vor hängt der Bildungserfolg von Schülerinnen und Schülern in Deutschland stark mit der Herkunft zusammen. Das wird gerade im Land Bremen mit einem hohen Anteil an sozioökonomisch benachteiligten Schülern deutlich. Das Startchancen-Programm soll gerechtere Ausgangsbedingungen schaffen. Bildungssenatorin Sascha Aulepp (SPD) nahm ein Schuljahr Startchancen-Programm in Bremen zum Anlass, um mit Schulleitern eine Zwischenbilanz zu ziehen.
40 Millionen Euro über 10 Jahre
Das Startchancen-Programm beruht auf drei Säulen: Investitionen in bauliche Maßnahmen, das Chancenbudget, etwa für die Schul- und Unterrichtsentwicklung, und Personal zur Stärkung multiprofessioneller Teams. Mehr als 40 Millionen Euro stellt der Bund über zehn Jahre allein für Investitionen in Schulgebäude und -ausstattung zur Verfügung. Die bereits abgerufenen Mittel in Höhe von rund 840.000 Euro seien in modernisierte Lernräume, neue technische Ausstattung sowie Materialien zur Diagnostik und Förderung geflossen. Für den Regelbetrieb, wie etwa Schultoiletten, können die Programmmittel laut Aulepp nicht verwendet werden. Mit dem Chancenbudget wurden im vergangenen Jahr 1,1 Millionen Euro eingesetzt, um 154 Maßnahmen umzusetzen. Im Rahmen der dritten Säule hätten die Schulen 2,2 Millionen Euro erhalten und 79 Arbeitsverträge für zusätzliches Personal geschlossen, teilweise Dienstleistungsverträge.
43 Schulen in Bremen und Bremerhaven profitieren zurzeit vom Startchancen-Programm. "Das erste Jahr hat uns Rückenwind gegeben, aber auch gezeigt, dass der Weg zu mehr Bildungsgerechtigkeit lang und herausfordernd bleibt", sagt Aulepp. Die Bildungssenatorin sagte, dass sie gerne mehr Schulen über das Programm unterstützen würde, denn noch weitere 32 Schulen im Land Bremen würden die Kriterien des Bundes erfüllen. Die sogenannten korrespondierenden Schulen seien im Haushaltsjahr 2024 aus Mitteln des Landes und der Kommune unterstützt worden.
Monika Steinhauer ist froh, dass sie an ihrer Schule "Study Friends" hat. Das Prinzip: Studenten geben Schülern Nachhilfe und leben dafür mietfrei in einer Wohngemeinschaft. "Die Studenten an unserer Schule kommen aus unterschiedlichen Ländern und sprechen teilweise die Herkunftssprachen der Schüler", sagt die Schulleiterin der Oberschule im Park in Oslebshausen. Es gebe spürbare Fortschritte durch die Förderung: "Das Startchancen-Programm ist ein echter Motor für Veränderung."
Zur Frage, welche Maßnahmen wirklich greifen, tauschen sich die Startchancen-Schulen bei Netzwerktreffen miteinander aus, sagt Westermann. Zur Auswertung trage auch das Institut für Qualitätsentwicklung im Land Bremen (IQHB) bei. "Allein durch Boxen verbessert sich die Leistung der Schüler vielleicht nicht gleich, aber in der Summe wird sich die Wirksamkeit zeigen", sagt Westermann.