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Konzept für Wohnstraßen Der Streit ums Parken geht weiter

Im Konflikt um ein Parkkonzept für die Wohnstraßen in Bremen-Findorff bevorzugt der Beirat das Konzept von Innensenator Ulrich Mäurer (SPD). Es ist weniger rigoros als der Ansatz der Verkehrsbehörde.
22.02.2023, 01:31 Uhr
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Der Streit ums Parken geht weiter
Von Jürgen Theiner

Der Streit ums Parken in den Wohnstraßen geht nach dem knappen Votum des Findorffer Beirates für das Konzept von Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) unvermindert weiter. Die Stadtteilpolitiker hatten sich am Dienstagabend für eine behutsame Einschränkung des aufgesetzten Parkens ausgesprochen und damit dem von Verkehrssenatorin Maike Schaefer (Grüne) geplanten härteren Einschreiten eine Absage erteilt. Am Tag nach dem Beiratsvotum bezeichnete Schaefer den Beiratsbeschluss als „nicht umsetzbar“, weil die Mäurer-Pläne diversen Anforderungen nicht genügten. Die Innenbehörde wies diese Behauptung prompt zurück.

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Der aktuelle Streit ums Parken in Findorff ist eng mit den stadtweiten Entwicklungen auf diesem Gebiet verknüpft. 2020 hatte sich die Bürgerschaft für eine Bewirtschaftung des Parkraums in den innenstadtnahen Quartieren ausgesprochen. Das Senatskonzept „Parken in Quartieren“ aus dem gleichen Jahr sieht vor, dass Findorff eine Art Modellquartier für die Neuordnung des ruhenden Verkehrs werden soll. Das grün-geführte Verkehrsressort will dabei insbesondere gegen das aufgesetzte Parken vorgehen, das von der Straßenverkehrsordnung grundsätzlich nicht gestattet ist, in vielen Wohnstraßen aber trotzdem stattfindet.

Das Thema treibt viele Bürger um. Und so war die Beiratssitzung in der Kesselhalle des Schlachthofes denn auch außergewöhnlich gut besucht. Etwa 300 Menschen saßen auf den Tribünen, weitere 100 verfolgten das Geschehen im Internet. Auch sie mischten sich in die Debatte ein, zu der sowohl Schaefer als auch Mäurer gekommen waren, um für ihre jeweiligen Positionen zu werben. Maike Schaefer trat nachdrücklich dafür ein,  das aufgesetzte Parken strikter als bisher zu unterbinden. Im jetzigen Zustand verbleibe zu wenig freier Bürgersteig. Insbesondere für Rollstuhlfahrer sei oft kaum ein Durchkommen. Dass ihr Konzept Parkplätze koste, daraus machte Schaefer keinen Hehl. Alternative Abstellplätze könnten aber quartiersnah zum Beispiel auf der Bürgerweide geschaffen werden, auch in einer bereits angedachten Quartiersgarage an der Plantage.

Innensenator Mäurer ließ Schaefer auflaufen. Nach Berechnungen seines Ressorts würden bei einer Umsetzung ihres Konzepts rund 50 Prozent der Parkplätze in den Findorffer Wohnstraßen wegfallen. Ein solch drastischer, kurzfristiger Einschnitt werde nur zu Verdrängungs- und Ausweichverkehren in andere Quartiere führen und von weiten Teilen der Bevölkerung nicht akzeptiert. Auch Mäurer bezeichnete es aber als notwendig, gegen den Wildwuchs beim aufgesetzten Parken vorzugehen. Es solle aber weiterhin dort möglich sein, „wo es niemanden behindert“, so Mäurer. Nach seiner Darstellung würden im Quartier Alt-Findorff zwischen Findorffstraße, Hemmstraße, Eickedorfer Straße und Plantage bei Umsetzung des Schaefer-Konzepts von gegenwärtig rund 1080 Parkplätzen nur etwa 580 übrig bleiben. Bei der von ihm bevorzugten, behutsameren Variante etwa 200 Paktplätze mehr.

Nach rund zweieinhalb Stunden ausführlicher Debatte rief SPD-Beiratsfraktionssprecher David Theisinger dazu auf, das Stadtteilparlament solle ein Votum für eines der beiden Konzepte abgeben. Man habe lange genug beraten, es sei Zeit für eine politische Willenserklärung der Ortspolitik. Die Grünen widersprachen. Man möge doch zunächst die schriftliche Begründung des Oberverwaltungsgerichts zu seinem jüngsten Urteil in Sachen aufgesetztes Parken abwarten, bevor politisch Pflöcke eingeschlagen werden.

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SPD, CDU und FDP setzten die Abstimmung jedoch durch und erreichten letztlich auch eine knappe Mehrheit für das Mäurer-Konzept gegen Grüne und Linke – sehr zum Missfallen großer Teile des Publikums, die diese Entscheidung mit Buh-Rufen und lautem Protest quittierten. Senatorin Schaefer ließ durchblicken, dass sie sich weder vom Beirat noch vom Innensenator zur Umsetzung eines Parkkonzepts zwingen lassen werde, das aus ihrer Sicht nicht den Anforderungen von  Straßenverkehrsordnung und Barrierefreiheit entspricht. Nach der Geschäftsverteilung des Senats sei sie für die Ordnung des Verkehrs zuständig, der Innensenator für die Kontrolle dieser Ordnung. Damit sei auch klar, wer in dieser Angelegenheit letztlich federführend ist.

Die Frontstellung zwischen Verkehrs- und Innenbehörde wurde am Mittwoch weiter zementiert. Gegenüber dem WESER-KURIER betonte Schaefer, der tatsächliche Unterschied bei der Zahl wegfallender Parkplätze sei in den beiden Konzepten eher klein. „Diese geringe Differenz sorgt aber dafür, dass das Konzept des Innenressorts die gesetzlichen Vorschriften der Straßenverkehrsordnung und der Barrierefreiheit oder beispielsweise Rettungssicherheit nicht erfüllt“, so Schaefer. Deshalb sei das Findorffer Beiratsvotum auch nicht praktikabel. Zudem wolle sie die noch ausstehende schriftliche Begründung eines Urteils des Oberverwaltungsgerichts zum aufgesetzten Parken abwarten. Das verlange der Respekt vor der Justiz.

Innensenator Mäurer wies Schaefers Darstellung zurück. Sein Konzept „Parkfrieden“, das aufgesetztes Parken je nach Zuschnitt des Straßenraums weiter toleriert und insgesamt weniger Parkraum kostet, sei sehr wohl rechtskonform. Es garantiere eine nutzbare Mindestbreite des Bürgersteigs von 1,50 Metern. Da, wo aufgesetztes Parken einer solchen Restbreite entgegensteht, müsse diese Praxis unterbunden werden. Auch er werde jetzt das schriftliche OVG-Urteil abwarten, so Mäurer. Er sei sich aber „sicher, dass wir anschließend unser Konzept zum ,Parkfrieden‘ nicht umschreiben müssen“. Umsetzen könne es aber nur die Verkehrsbehörde, räumte Mäurer ein.

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