Als die Terror-Trupps der Hamas vor einem Jahr in den Süden Israels einfielen und die Bilder des Gemetzels um die Welt gingen, war die Betroffenheit auch in Bremen groß. In den Folgetagen gab es spontane Kundgebungen. Die Spitzen von Senat und Bürgerschaft brachten dabei ihre Solidarität mit Israel und ihre Trauer um die Opfer zum Ausdruck.
Und heute? Zwölf Monate nach dem Überfall ist "in der Atmosphäre der Stadt eine gravierende Änderung erkennbar", findet Grigorij Pantijelew, der Sprecher der jüdischen Gemeinde. Pro-palästinensische und teils judenfeindliche Kundgebungen prägten die Stimmung auf der Straße. Hass werde auf solchen Veranstaltungen versprüht. Auf lokaler Ebene gebe es keine Bereitschaft palästinensischer Gruppen und ihrer Unterstützer zum Dialog mit der jüdischen Gemeinde, "und das trotz zahlreicher Anfragen über die Schura Bremen, den Bürgermeister, die Präsidentin der Bürgerschaft", bedauert Pantijelew. Auch auf privater Ebene hätten Bremer Juden das Gefühl, dass Zeichen der Unterstützung, der Ermutigung und der Solidarität inzwischen weitgehend ausbleiben.
Aber was kann das offizielle Bremen ein Jahr nach dem Hamas-Überfall und inmitten eines längst eskalierten Konflikts tun? Was wäre angemessen, nicht zuletzt im Verhältnis zur Partnerstadt Haifa? Darüber macht man sich im Rathaus durchaus Gedanken. So ist ein Solidaritätsbesuch von Bürgermeister Andreas Bovenschulte schon länger in Vorbereitung. Dass er in den ersten Monaten nach dem Hamas-Überfall nicht stattfand, hatte vor allem mit dem damaligen Kommunalwahlkampf in Haifa zu tun. Man wollte den Eindruck von Parteinahme für die damals amtierende Bürgermeisterin vermeiden. Ein Besuch Bovenschultes ist nun für den kommenden Februar ins Auge gefasst – sofern es die Sicherheitslage dann zulässt.
Es gehe aber nicht nur um Symbolik, unterstreicht Annette Lang, die im Rathaus für internationale Kooperation zuständig ist. Immer wieder seien Hilfebedarfe in Haifa abgefragt worden. Ganz konkret wurde unter anderem ein Stadtteilzentrum unterstützt, in dem traumatisierte Personen psychologisch behandelt werden. 10.000 Euro flossen an diese Einrichtung. „Wir signalisieren kontinuierlich unsere Bereitschaft zur Unterstützung“, sagt Lang.
Bürgerschaftspräsidentin Antje Grotheer (SPD) hofft unterdessen, ihren noch nicht absolvierten Antrittsbesuch in Haifa nachholen zu können, sobald die Umstände es zulassen. Sie will dann „Präsenz zeigen und Hilfsmöglichkeiten identifizieren“, sagt die Sozialdemokratin. Mit Haifas Bürgermeister Yona Yahav stehe sie auch jetzt schon im Austausch, „um Unterstützung zu leisten, wann immer dies notwendig und sinnvoll ist“. Wichtig wäre aus Grotheers Sicht, dass möglichst bald wieder der Austausch zwischen jungen Menschen aus Bremen und Haifa in Gang kommt. In der Vergangenheit hat es zahlreiche Besuche von Schülergruppen in beiden Richtungen gegeben.ben.