Die Altersarmut steigt weiter an, im Bund wie in Bremen. Das belegen aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamtes und des Bremer Senats. Wie an diesem Montag bekannt wurde, galten Ende 2024 bundesweit rund 3,5 Millionen Rentner als armutsgefährdet. Das heißt, sie hatten weniger als 60 Prozent des mittleren Nettoeinkommens zur Verfügung. Dieser Betrag lag zuletzt bei 1380 Euro. Die Armutsquote unter Rentnern stieg damit im Vergleich zu 2023 von 18,4 Prozent auf 19,6 Prozent.
Wie stellt sich die Situation in Bremen dar?
Zur finanziellen Lage der Senioren gibt eine noch nicht veröffentlichte Antwort des Senats auf eine Anfrage der Bürgerschaftsfraktionen von SPD, Grünen und Linken Auskunft. Die Datenlage bezieht sich auf das Jahresende 2023. Sie ist also nicht ganz so aktuell, dafür aber detaillierter. Zum Stichtag 31. Dezember gab es in der Stadt Bremen rund 44.500 männliche und 61.700 weibliche Bezieher von Altersrente. Der durchschnittliche monatliche Zahlbetrag hat sich bei Rentnern von 1107 Euro im Jahr 2014 auf 1403 Euro im Jahr 2023 entwickelt. Bei Rentnerinnen lagen die entsprechenden Werte bei 622 beziehungsweise 912 Euro. Männliche ehemalige Erwerbstätige mit ausländischen Wurzeln kamen Ende 2023 im Schnitt auf 874 Euro, Frauen auf 573 Euro. Der nominellen Rentensteigerung stand im genannten Zeitraum eine phasenweise hohe Inflation gegenüber. Auch bei den Wohnkosten konnte das Rentenplus den Anstieg oft nicht wettmachen. Diese und weitere Faktoren ließen die Armutsquote bei den Über-65-Jährigen im Land Bremen von 22,7 Prozent im Jahr 2021 auf 24,3 Prozent im Jahr 2023 steigen. Bezugsgröße ist die für Bremen in 2023 berechnete Armutsgefährdungsschwelle von 1070 Euro monatlich für eine Alleinstehende.
Brauchen mehr Rentner Sozialleistungen?
Ja, auch das wird in dem Senatspapier deutlich. In der Stadt Bremen haben in den vergangenen Jahren immer mehr Senioren Grundsicherung im Alter bezogen – eine aus Steuern finanzierte Sozialleistung für Menschen im Rentenalter, die aufgrund ihrer wirtschaftlichen Lage hilfebedürftig sind. Lag die Zahl der Leistungsbezieher 2014 bei 6463, waren es Ende 2023 exakt 9095 Personen im Alter von 65 Jahren und aufwärts.
Schützt der Mindestlohn vor Altersarmut?
Weder der Bundesmindestlohn noch der für öffentliche Unternehmen und Auftragnehmer geltende Landesmindestlohn verbürgen im Alter eine Existenz oberhalb der Armutsschwelle. Im bremischen Landesmindestlohngesetz heißt es, der Mindestlohn soll den Beziehern „die Möglichkeit eröffnen, für die Nacherwerbsphase Anspruch auf eine auskömmliche gesetzliche Altersrente erwerben zu können“. In der Realität würde allerdings eine Person, die ein ganzes Erwerbsleben lang ein Gehalt in Höhe des Landesmindestlohns bekäme, nur etwa 955 Euro monatliche Altersrente ausgezahlt bekommen.
Was sagen die Verbände?
Zu den Interessenvertretungen der Rentner zählt der Paritätische Wohlfahrtsverband. Ehrenamtlicher Vorsitzender in Bremen ist der frühere SPD-Europaabgeordnete Joachim Schuster. Ihn wundert nicht, dass Altersarmut deutschlandweit zunimmt. Dazu habe auch der Niedriglohnsektor beigetragen. „Jede Gesellschaft muss für diejenigen, die noch nicht oder nicht mehr arbeiten können, sorgen“, sagt Schuster. Wie der Staat dieser Aufgabe gerecht wird, sei eine Frage der Ressourcenverteilung. Der Paritätische befürworte, auch Selbständige und Beamte in ein reformiertes Modell der Alterssicherung einzubeziehen.
Wo finden ärmere Rentner Rat?
Nach Angaben des Senats können sich Personen, die Alterseinkünfte unterhalb des Grundsicherungsniveaus beziehen, in den Sozialzentren in den Stadtteilen beraten lassen. Beim Fachzentrum Schuldenberatung Bremen (FSB) bedauert man, dass es in Bremen für Rentner im Regelfall keinen kostenlosen Zugang zur sozialen Schuldenberatung gibt. „Es kommen daher nur wenige ältere Ratsuchende“, sagt FSB-Juristin Sandra Gillert. „Wir stellen außerdem fest, dass die Scham bei dieser Altersgruppe besonders groß ist.“ Oft seien es die Kinder, die zu einem Beratungstermin drängen, wenn ihnen das Problem bewusst wird.