Frau Eyring, Sie sind die hauptverantwortliche Autorin des Kapitels „Der menschliche Einfluss auf das Klimasystem“ im aktuellen Bericht des Weltklimarates. Welche Erkenntnisse waren für Sie neu?
Veronika Eyring: Zwar ist diese Erkenntnis nicht neu, aber in diesem IPCC-Bericht ist es erneut eines der zentralen Ergebnisse und die Belege sind nun noch mal stärker: Der menschliche Einfluss hat das Klimasystem erwärmt. Wir haben mit dem Bericht den Realitätscheck geliefert. Die Erderwärmung ist bereits auf 1,1 Grad Celsius im Vergleich zu vorindustriellen Zeiten angestiegen. Jedes der vergangenen vier Jahrzehnte war wiederum wärmer als jedes der vorangegangenen Jahrzehnte seit 1850. Die Änderungen, die wir sehen, sind weitverbreitet, schnell und beispiellos in tausenden von Jahren. Sie finden in allen Regionen der Erde statt, mit vielen regionalen Veränderungen von Extremen und anderen klimatischen Einflussfaktoren, die auf den vom Menschen verursachten Klimawandel zurückzuführen sind. Die Häufigkeit und die Intensität etwa von Starkregenereignissen oder Hitzewellen steigen durch den Klimawandel an.
Wie bewerten Sie die Ergebnisse?
Der Bericht zeigt, dass jeder kleine Erwärmungsanstieg zu weiteren und schwerwiegenderen Auswirkungen des Klimawandels führt. Er betrachtet fünf illustrative Emissionsszenarien: Es gibt zwei Szenarien mit niedrigen Treibhausgasemissionen, die annehmen, dass die Emissionen bis ungefähr 2050 beziehungsweise 2070 Netto-Null erreichen. Das bedeutet, dass alle durch Menschen verursachten Treibhausgas-?Emissionen wieder aus der Atmosphäre entfernt werden müssen. Daneben gibt es ein mittleres Szenario, in dem die CO2-Emissionen ungefähr bis Mitte des Jahrhunderts gleichbleiben und dann sinken, und zwei Szenarien mit hohen Emissionen, wo sich die CO2-Emissionen bis 2100 beziehungsweise 2050 verdoppeln. In allen fünf Szenarien des Berichts wird die globale Erwärmung in den nächsten 20 Jahren 1,5 Grad mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 50 Prozent überschreiten. Damit die Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius – oder sogar 1,5 Grad Celsius – begrenzt werden kann, wie es das Klimaabkommen von Paris vorsieht, muss die Menschheit die CO2-Emissionen sofort und schnell senken und in möglichst kurzer Zeit Netto-Null-Emissionen erreichen.
Was verändert der Bericht?
Der Bericht hat die physikalischen Grundlagen des Klimawandels und die Dringlichkeit des Handelns erneut klar dargelegt. Ich persönlich wünsche mir, dass der Bericht nun zu den entsprechenden sofortigen und nachhaltigen Maßnahmen durch die Entscheidungsträger und die Gesellschaft führt. Es geht darum, die Treibhausgas-Emissionen sofort, schnell und drastisch zu reduzieren – ansonsten wird es nicht mehr möglich sein, die Erwärmung auf maximal 1,5 Grad zu reduzieren.