Die Polizei will die Videoüberwachung auf dem Freimarkt 2024 ausweiten und die Kameras bereits in diesem Jahr auch auf dem Weihnachtsmarkt einsetzen. Dort soll es wie auf dem Freimarkt ein „mobiles Videoüberwachungssystem“ geben – ein Anhänger mit darauf montiertem Mast, an dem zwei Kameras installiert sind. Bei der Datenschutzbeauftragten stößt dies auf Kritik. Und vereinzelt auch in Reihen der Politik.
Auch die Videoüberwachung des Weihnachtsmarktes diene der Gefahrenabwehr, argumentiert die Polizei. Sie soll Straftaten verhindern, Einsätze der Polizei unterstützen und bei der Aufklärung von Straftaten helfen. Der Standort des Videoanhängers wird nach bisheriger Planung vor der Bremischen Bürgerschaft sein. Eine komplette Überwachung des Veranstaltungsgeländes sei „zum jetzigen Zeitpunkt“ nicht vorgesehen. Aufzeichnungen werde es nur anlassbezogen geben, Tonaufzeichnungen überhaupt nicht. Bremens Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Imke Sommer, sei darüber unterrichtet.
Kritik der Datenschutzbeauftragten
Die hält es grundsätzlich zwar für rechtens, Volksfeste wie den Freimarkt, die Maritimen Tage in Bremerhaven oder jetzt den Weihnachtsmarkt mit Videokameras zu überwachen. Sommer bemängelt, dass laut Bremischem Polizeigesetz keine konkrete Gefahrenprognose erforderlich ist, um die Kameras einsetzen zu dürfen. Die polizeiliche Videoüberwachung bedeute aber einen schweren Eingriff in die Grundrechte der Bürger. „Daher sollte die Rechtsgrundlage um das Erfordernis einer konkreten Gefahrenprognose ergänzt werden.“ So könne sichergestellt werden, dass nur solche Veranstaltungen überwacht würden, bei denen dies auch tatsächlich erforderlich sei. Derzeit gilt schon die vermutete Gefahr von „Straftaten erheblichen Umfangs“ als Rechtfertigung für die Videoüberwachung. Was der Überwachung von Volksfesten Tor und Tür öffnet, denn als solche Straftaten gelten laut Strafgesetzbuch bereits einfache Körperverletzungsdelikte.
Zur Videoüberwachung des Freimarkts liegt inzwischen ein Evaluierungsbericht vor. Insgesamt wurden während der Dauer des Freimarktes 1.879 polizeiliche Maßnahmen durchgeführt, heißt es darin, 227 davon im Zusammenhang mit Straftaten sowie 669 mit Ordnungswidrigkeiten. Es wurden 476 Personen überprüft und 119 Platzverweise ausgesprochen. Im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 bedeute dies eine Steigerung der begangenen Straftaten um etwa 40 Prozent. Bei den Platzverweisen und Personenüberprüfungen habe es eine „leicht erhöhte Tendenz“ gegeben.
Keine Straftaten im Videobereich
Im videoüberwachten Bereich des Freimarktgeländes wurden allerdings weder Straftaten noch erhebliche Ordnungswidrigkeiten festgestellt. Eine Sicherung der Videobilder, die „anlassabhängige Aufzeichnung“, sei dementsprechend nicht notwendig gewesen. Die Polizei bewertet dies als „positiven Effekt infolge der Abschreckungswirkung der Videoüberwachung“. Allerdings sei aufgrund der Umgebungsbedingungen auf dem Freimarkt eine störungsfreie Videodatenübertragung nicht zu jedem Zeitpunkt möglich gewesen, räumt sie ein und beziffert den Ausfall der Kameras und Qualitätseinschränkungen mit 30 Prozent. Für den Weihnachtsmarkt würden entsprechenden Anpassungen vorgenommen.
In der Innendeputation gab es am Mittwochnachmittag nur zwei kritische Stimmen zur Videoüberwachung auf dem Freimarkt. Er sei nicht überzeugt von der Videoüberwachung, erklärte Marcel Schröder (FDP) und führte grundsätzliche datenschutzrechtliche Bedenken an. Wenn der Freimarkt von über einer Million Menschen besucht werde, bedeute die Überwachung Eingriffe in die Grundrechte von über einer Million Menschen. Angesichts der insgesamt gestiegenen Zahl von Straftaten könne nicht gesagt werden, dass die Kriminalität wegen der beiden aufgestellten Kameras zurückgegangen sei, widersprach Kai Wargalla (Grüne) den Schlussfolgerungen der Polizei. Es habe lediglich eine Verlagerung gegeben.
Man könne aus den Erfahrungen des Freimarktes aber auch andere Rückschlüsse ziehen, entgegnete Daniel Heinke, Leiter der Abteilung „Öffentliche Sicherheit“ in der Innenbehörde. Nämlich, dass es zu noch weniger Straftaten auf dem Volksfest führen könnte, wenn der gesamte Freimarkt und nicht nur eine ausgewählte Stelle videoüberwacht werde.
Ausbaupläne für 2024
Ein Gedanke, der sich auch im Evaluationsbericht findet: Aus Sicht der Polizei spreche viel dafür, die Videoüberwachung des Freimarktes örtlich auf das gesamte Veranstaltungsgelände und zeitlich auf eine permanente Videoaufzeichnung zu den Öffnungszeiten auszuweiten, heißt es dort. So könnten Vorbereitungshandlungen, Tatbegehung und relevante Fluchtrichtungen zeitgerecht nachverfolgt werden.
Marko Lübke von der CDU stellte sich ohne Wenn und Aber hinter die Videoüberwachung. Sie sei kein Allheilmittel, „aber ein Baustein zur Sicherheitsarchitektur des Freimarktes“. Dass auch auf dem Weihnachtsmarkt Videokameras aufgestellt würden, nahm die Innendeputation „zustimmend zur Kenntnis“.