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Völkermord Der mühsame Weg der Kolonialismusaufarbeitung

120 Jahre nach dem Völkermord an den Herero und Nama: Die Aufarbeitung der deutschen Kolonialzeit verläuft zäh. Eine nationale Gedenkstätte in Berlin fehlt bis heute, meint Gastautor Ralph Saxe.
10.08.2024, 05:00 Uhr
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Von Ralph Saxe

Am 11. August 2024 jährt sich zum 120. Mal der Beginn des Völkermordes an den Herero und Nama. Die sogenannte Schlacht am Waterberg markiert den grausamen Beginn der geplanten Vernichtung zweier Völker. Viele Herero wurden am Waterberg in die abgeriegelte Omaheke-Wüste im heutigen Namibia getrieben, wo sie verdursteten. Historiker sprechen von etwa 80.000 Opfern.

Die Aufarbeitung deutscher Kolonialzeit verläuft zäh oder wird schlicht verdrängt. 120 Jahre nach dem Völkermord gibt es keine nationale Gedenkstätte in Berlin. Lange Zeit war der Hererostein das einzige, was in Berlin an die deutsche Kolonialzeit erinnerte – an sieben gefallene deutsche Soldaten. Umständlich und langatmig ­haben sowohl der Bund als das Land Berlin über eine nationale Gedenkstätte diskutiert. Herausgekommen ist eine Skulptur als dekoloniales Denkzeichen, das im Herbst errichtet werden soll. Dies ist wichtig, aber es ist eben nicht jene überfällige nationale Gedenkstätte.

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Ein Dokumentations- und Informationszentrum fehlt ebenso und wäre in Bremen gut angesiedelt. Bremen war der Ausgangspunkt der kolonialen Aggression des Deutschen Kaiserreiches. Adolf Lüderitz errichtete mit betrügerischen Methoden die erste deutsche Kolonie im heutigen Namibia. Bei der Aufarbeitung des Kolonialismus hat Bremen vieles gut gemacht. Die Umwidmung des Reichskolonial-Ehrenmals in ein Antikolonial-Denkmal ist gelungen. Es wurde einst von Paul von Lettow-Vorbeck eingeweiht, jenem blutigen Handlanger des deutschen Kolonialismus.

Mehrere Ereignisse der Aussöhnung waren würdig und reflektiert, zuletzt die Errichtung eines Gedenkortes für die Opfer des Völkermordes unweit des Elefanten. Empathische Reden in der Bremischen Bürgerschaft wurden zu zwei antikolonialen Anträgen gehalten. Die Umsetzung der beschlossenen Inhalte stockt aber. Legenden unter kolonialen Straßennamen, Umbenennungen von Straßen kolonialen Ursprungs, dauerhafte Kontextualisierung des Bismarck-Denkmals in Bezug auf die Rolle des Reichskanzlers im Kolonialismus oder Kolonialismus in Lehrplänen fehlen weitgehend.

Der Kolonialismus ist Wurzel zunehmenden Rassismus und erklärt viele ­Probleme des heutigen Afrikas. Deshalb ist es lohnend, sich ernsthafter damit zu ­beschäftigen.

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