Auch wenn die Ampel-Koalition sich nicht aufgelöst hätte, wäre Anfang November die erste Arbeitssitzung im Bremer Landesamt für Statistik gewesen, die sich mit der nächsten Bundestagswahl befasst. Zehn Monate Vorlauf für die Organisation, das ist der normale Gang der Dinge. In der Erwartung einer vorgezogenen Wahl mit viel kürzerer Vorlaufzeit hatte die Zusammenkunft an diesem Freitag allerdings eine ganz neue Dynamik bekommen. "Ich war gerade auf einer Dienstreise und habe erst beim Frühstückfernsehen am Donnerstag realisiert, was da auf uns zukommt", berichtet Landeswahlleiter Andreas Cors.
Viele praktische Aufgaben sind zu erledigen, damit eine Wahl rechtssicher über die Bühne geht: Der Bundeswahlausschuss muss über die Zulassung von Parteien für die Wahl entscheiden. Die Wählerverzeichnisse müssen aktualisiert, die Wahlberechtigten benachrichtigt, Briefwahlunterlagen verschickt und die Wahlausschüsse gebildet werden. Vor Ort sind Wahlhelfer zu rekrutieren und Wahllokale zu reservieren. Dass es dabei nicht nur um Formalien geht, hat die vorige Bremer Bürgerschaftswahl gezeigt. Ob es rechtens war, dass beide konkurrierende Wahlvorschläge einer zerstrittenen AfD nicht zugelassen wurden, hatte in letzter Instanz der Bremer Staatsgerichtshof prüfen müssen.
"Unabhängig von allen politischen Erwägungen würde ich daher aus rein organisatorischen Gründen einen späteren Wahltermin deutlich bevorzugen", sagt Cors. Es sei beispielsweise Sache der Bundesländer, die Wahlzettel drucken zu lassen, wozu natürlich feststehen müsse, wer sich jeweils zur Wahl stellt. Parteien, die bislang nicht im Parlament vertreten sind, müssen dafür Unterschriftenlisten mit Unterstützern vorlegen, um berücksichtigt zu werden. In Bremen sind das wenigstens 460 Unterzeichner, das entspricht 0,1 Prozent der Wahlbrechtigten. "Solche Listen müssen wir prüfen, etwa ob alle Unterzeichner auch ihren Wohnsitz in Bremen haben und überhaupt wahlberechtigt sind", erläutert Cors.
Damit das ordnungsgemäß geschehen kann und die Wahlzettel gedruckt werden können, müssen diese Listen laut Wahlgesetz spätestens 69 Tage vor dem Wahltermin vorliegen. Das Gesetz kennt noch weitere Fristen, etwa für die Briefwahl. Diese Möglichkeit muss ab dem 40. Tag vor dem Wahltermin eingeräumt werden. Das bedeutet bei dem derzeit vielfach geforderten möglichst frühen Januar-Wahltermin, dass die Briefwahl bereits um Weihnachten herum starten müsste und entsprechend schnell die Wahlvorschläge vorliegen und geprüft sein müssen. "Es gibt bei vorgezogenen Bundestagswahlen die Möglichkeit, sämtliche Fristen zu verkürzen. Darüber entscheidet das Bundesinnenministerium, aber eine Wahl noch im Januar wäre trotzdem ziemlich sportlich", findet Cors. Ob und wie das etwa 2005 bei der bislang letzten vorgezogenen Wahl gehandhabt wurde, habe er auch noch gar nicht nachschlagen können.
Es löst aber auch nicht das aktuelle Kernproblem des Landeswahlleiters: den noch unbekannten Wahltermin. "Ohne den können wir ja weder Wahllokale reservieren, noch kennen wir eben die konkreten Fristen für alle Abläufe." Davon hängen dann sehr praktische Fragen des Vergaberechts ab, etwa ob es notwendig ist, den Druck der Wahlunterlagen als öffentlichen Auftrag auszuschreiben – was wiederum Fristen mit sich bringt – oder ob es ausreicht, wenn der Landeswahlleiter drei Vergleichsangebote anfordert.
Allerdings macht Cors auch deutlich, dass er unterm Strich keine tiefgreifende Sorgen um die Organisation der Wahl hat. "Wir haben die Erfahrung und ausreichend Routine, um eine rechtssichere Wahl an jedem Termin zu gewährleisten, der sich aus den politischen Entscheidungen ergibt."