Verglichen mit anderen deutschen Großstädten ist Bremen bei der Kontrolle von Verkehrssündern personell deutlich schlechter aufgestellt. Umgerechnet 22,13 Vollzeitstellen sind laut Innenressort derzeit im Außendienst der Verkehrsüberwachung besetzt. Diese Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Ordnungsdienstes sind auf Bremens Straßen unterwegs, um Verkehrsverstöße zu ahnden – sie stellen die sogenannten Knöllchen aus.
Andernorts ist der Kollegenkreis deutlich größer. Düsseldorf vermeldete zum Beispiel im September vergangenen Jahres den Stand von 162 Verkehrskontrolleuren. Für Stuttgart und Frankfurt liegen ebenfalls Zahlen im dreistelligen Bereich vor. Anfang 2023 waren es in Leipzig 67 Beschäftigte in der Überwachung des ruhenden Verkehrs, in Dortmund vor rund einem Jahr 53 Kontrolleure. Alle diese Städte haben ungefähr so viele Einwohner wie Bremen. Teilweise wird das Personal leicht unterschiedlich gezählt, aber der deutliche Bremer Rückstand ist nicht zu bestreiten.
Personal kaum zu finden
Michael Glotz-Richter hat dafür wenig Verständnis. Der Mobilitätsberater, der lange als Referent in der Bremer Verkehrsbehörde gearbeitet hat, sieht Kontrollen als wesentlichen Bestandteil der Parkraumbewirtschaftung. Glotz-Richter spricht dabei nicht von Überwachung, sondern von „Regeleinhaltung“. Er nutzt gerne einen Fußball-Vergleich: Kontrolleure seien wie Schiedsrichter – ungeliebt, aber notwendig. Und auf Bremens Straßen sei es so, kritisiert Glotz-Richter, „als ob ohne Schiri gespielt wird“.
Mehr Schiedsrichter sollte es eigentlich längst geben: Im November 2020 hatte die Stadtbürgerschaft mit den Stimmen der rot-grün-roten Koalition und der CDU beschlossen, die Verkehrsüberwachung bis Ende 2022 um "mindestens 100 Außendienstkräfte" aufzustocken. Das ist nicht passiert, aber mehr als 22 Vollzeitstellen könnten es dennoch sein: Laut Karen Stroink, Sprecherin der Bremer Innenbehörde, beläuft sich das Soll auf umgerechnet 41,25 volle Stellen. So viel Personal darf die Behörde also laut Haushaltsplan einstellen.
Diese Soll-Stärke ist aus Sicht des Innenressorts ausreichend, „um den Bereich des ruhenden Verkehrs effektiv zu überwachen“. Das Problem: „Trotz mehrfacher Ausschreibungsverfahren konnten die Besetzung der vakanten Stellen und die Erreichung des geplanten Beschäftigungsvolumens bislang nicht erreicht werden.“ Stroink zufolge liegt das am Fachkräftemangel und einer hohen Fluktuation. Um den Beruf attraktiver zu machen, habe das Ressort die Stellen Anfang des Jahres neu eingruppiert – neue Bewerber werden also mit mehr Geld gelockt.
Auf die bislang letzte Ausschreibung Ende April seien 110 Bewerbungen eingegangen, „von denen jedoch nur sechs Einstellungen realisiert werden konnten“. An der Eignung vieler Bewerber hapert es also offenbar. Ein Problem ist die Mangelbesetzung nach Behördenangaben auch im Sinne der Refinanzierung. Die funktioniert demnach nur dann vollumfänglich, „wenn nahezu alle Funktionen besetzt sind und entsprechend Verwarnungen ausgesprochen werden“. Heißt: Nicht jeder Knöllchenschreiber finanziert sich selbst, sondern erst in Summe wird das Konstrukt tragfähig. Dementsprechend werden laut Stroink weitere Möglichkeiten geprüft, um die Situation zu verbessern.
Einnahmen sollen steigen
Die Personallage macht sich auch in den Einnahmen bemerkbar, die die Städte aus Verwarn- und Bußgeldern erzielen. Rund 15 Millionen Euro hat Bremen im vergangenen Jahr durch Verkehrsverstöße eingenommen – eine Million Euro mehr als noch ein Jahr zuvor. An der Bevölkerungszahl gemessen liegt Bremen damit allerdings auf dem letzten Platz der zehn größten deutschen Städte, wie eine „Spiegel“-Auswertung zeigt. Den Einnahmen von 26 Euro pro Bremer Einwohner stehen demnach zum Beispiel 46 Euro in Stuttgart und 51 Euro in Düsseldorf gegenüber.
Die Innenbehörde räumt dieses Ungleichgewicht ein, verweist aber auch auf andere Faktoren. Tatsächlich beeinflussen zum Beispiel die Zahl der gemeldeten Autos und die Menge der Pendler die Bußgeld-Statistik – es gibt allerdings keine konkreten Hinweise auf Bedingungen, die in Bremen gänzlich anders als in Städten ähnlicher Größe sind.
Denkbar ist auch, dass Bremen in der Statistik demnächst aufholen kann: Laut Stroink rechnet die Stadt für 2025 mit Einnahmen von 16,5 Millionen Euro aus der Verkehrsüberwachung. Durch intensivere Maßnahmen in den Jahren 2026 und 2027 plane man mit rund 18 Millionen Euro. Das entspräche einer Pro-Kopf-Einnahme von 31 Euro – womit Bremen im Vergleich der größten deutschen Städte ins Mittelfeld aufrücken könnte.